Peter Stein, Fürsprecher:
Kurzeinführung Staatsrecht
Einleitungsartikel ZGB
Obligationenrecht Allg. Teil und Besonderer Teil
Grundzüge aus dem Sachen- und Gesellschaftsrecht
Grundzüge des SchKG
I. Teil
§1 Kurzeinführung Staatskunde
- Die drei Gewalten bei Bund, Kanton und Gemeinde
Damit der Staat auf allen drei Stufen nicht zu mächtig wird, ist die Staatsgewalt auf die drei Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative aufgeteilt. - Unterscheidung öffentliches Recht / Privatrecht
- öffentliches Recht
Regelt die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und dem Bürger (vertikales Verhältnis). Beispiele: Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht, Prozessrecht, SchKG.
- Privat- oder Zivilrecht
Es regelt die Beziehungen zwischen gleichgestellten Personen (horizontales Verhältnis). Beispiele: ZGB, OR
§ 2 Einleitungsartikel ZGB
Zur Beurteilung von privatrechtlichen Streitigkeiten stehen dem Richter drei Rechtsquellen zur Verfügung: das geschriebene Recht (Verfassung, Gesetze, Verordnungen), das Gewohnheitsrecht (Bräuche, Usanzen) und die richterliche Rechtsfindung. Bei seinen Entscheiden hat der Richter bewährte Lehre (wissenschaftliche Erörterung) und Überlieferung (frühere Gerichtsurteile) zu berücksichtigen.
Darunter versteht man das Handeln nach der Art und Sitte ehrlicher Leute bei der gesamten Rechtsausübung (Vertrauensprinzip). Unredliches Handeln und offenbarer, eindeutiger Rechtsmissbrauch (Buchstabengerechtigkeit, Durchsetzung eines Rechtes zu keinem Nutzen, aber zum Schaden des Betroffenen) finden keinen Rechtsschutz.
Bei der Beurteilung eines rechtlichen Sachverhaltes geht man davon aus, dass jeder Beteiligte gutgläubig gehandelt hat. Das Gegenteil ist bösgläubig und muss von dem belegt werden, der die Bösgläubigkeit des Vertragspartners behauptet.
Grundsätzlich hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet, d. h. wer etwas geltend machen will, muss es beweisen können. Die Praxis zeigt, dass viele Rechtsverletzungen nicht eingeklagt werden können bzw. bereits eingeleitete Prozesse verloren werden, weil die betreffende Partei die von ihr behaupteten Tatsachen nicht beweisen kann, obwohl sie tatsächlich vorliegen. Man muss also rechtzeitig Beweisstücke sammeln: Briefe, Quittungen, Dokumente, schriftliche Verträge.
Bei privatrechtlichen Streitigkeiten (z. B. bei Vertragsverletzungen) greift ein Gericht stets nur dann ein, wenn sich eine Partei wehrt und eine Klage einreicht. Wer sich nicht wehrt, kann auch keine Hilfe erwarten.
Man kann sich niemals darauf berufen, eine Rechtsvorschrift nicht gekannt zu haben (Parallelwertung in der Laienspähre).
§ 3 Dispositives / zwingendes Recht
- Zwingendes Recht
Zum zwingenden Recht gehören alle jene Rechtsnormen, die unter allen Umständen gelten und auch durch vertragliche Vereinbarungen unter den Beteiligten nicht abgeändert oder aufgehoben werden können. Dazu zählen das ganze öffentliche Recht sowie gewisse Vorschriften aus dem Privatrecht.
Beispiele:
- Art. 884 ZGB
- Art. 336 b Abs. 2 OR
- Art. 493 OR
- Art. 621 OR
- Art. 625 OR.
- Dispositives Recht
Neben dem zwingenden Recht steht das ergänzende oder dispositive Recht. Zu ihm gehören die Rechtsvorschriften aus dem Privatrecht, die nur dann gelten, wenn die Vertragsparteien nichts oder nichts anderes vereinbart haben.
Beispiele:
- Art. 262 OR
- Art. 323 Abs. 2 OR
- Art. 327 OR
- Art. 558 OR.
§ 4
II. Teil: ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN DES OBLIGATIONENRECHTES
§1 Übersicht
- Einleitung
- Der Aufbau des OR
Das Obligationenrecht bildet den 5. Teil des ZGB, ist somit also kein selbständiges Gesetz.
Das Obligationenrecht ist in 5 Abteilungen gegliedert:
1. Abteilung: Allgemeine Bestimmungen (1-183)
2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse (184-551)
3. Abteilung: Die Handelsgesellschaften und die Genossenschaften (552-926)
4. Abteilung: Handelsregister, Geschäftsfirmen und kaufmännische Buchführung (927-964)
5. Abteilung: Die Wertpapiere (965-1186)
Die allgemeinen Bestimmungen sind, wie ihr Name ausdrückt, grundsätzlich anwendbar auf alle Vertragsarten. Einzelne Vertragstypen, wie beispielsweise Kauf, Miete etc., enthalten jedoch besondere, nur sie selbst betreffende Probleme, welche das Gesetz in der 2. Abteilung regelt. Wo diese speziellen Bestimmungen von den allgemeinen Regeln (gemäss 1. Abteilung OR) abweichen, gehen die speziellen Bestimmungen vor.
Übungsfragen zum Personenrecht
- Was ist eine natürliche Person?
Natürliche Personen sind alle Menschen.
- Was ist eine juristische Person?
Eine juristische Person ist ein vom Gesetz künstlich geschaffenes Rechtssubjekt (z.B. ein Verein).
- Was unterscheidet die juristischen Personen von anderen Zusammenschlüssen von Personen oder Vermögen?
Die juristischen Personen besitzen eine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie sind selbst rechts-, handlungs- und deliktsfähig.
- Welche juristischen Personen kennt das ZGB?
Verein und Stiftung.
- Welche juristischen Personen kennt das OR?
Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Genossenschaft.
- Wie erlangt die juristische Person ihre Rechtspersönlichkeit?
Durch eine Errichtungsurkunde:
Vereine
Familien- und Kirchenstiftungen
Durch Eintrag ins Handelsregister:
AG
Kommandit-AG
GmbH
Genossenschaft
- Wann beginnt die Rechtspersönlichkeit bei den natürlichen Personen?
Mit der vollendeten Geburt. Vorher besteht nur eine bedingte Rechtsfähigkeit.
- Was bedeutet Handlungsfähigkeit?
Es ist die Fähigkeit, durch eigene Handlungen Rechte und Pflichten zu begründen.
Die Geschäftsfähigkeit, d.h. die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte abschliessen zu dürfen.
Die Deliktsfähigkeit, d.h. die Fähigkeit, aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig zu werden.
- Welches sind die beiden Inhalte der Handlungsfähigkeit?
Urteilsfähigkeit
Mündigkeit.
- Ab welchem Alter ist man mündig?
Ab dem 18. Altersjahr.
- Was ist ein Verein?
Ein Verein ist ein Zusammenschluss von Personen mit ideeller Zwecksetzung.
- Was ist eine Stiftung?
Eine Stiftung ist ein Vermögen mit eigener Rechtspersönlichkeit, das einem bestimmten Zweck gewidmet ist.
§ 2 Die Obligation
I. Vollkommene Obligationen
Die Obligation ist die Rechtsbeziehung zwischen zwei Personen, wonach die eine zu einer Leistung verpflichtet (Schuldner) und die andere darauf berechtigt ist (Gläubiger).
A------------------------------------------>B
Als Schuldverhältnis bezeichnet man die Gesamtheit der Rechtsbeziehungen, die auf einem einheitlichen Sachverhalt (z.B. Kaufvertrag) beruhen. Aus einem Schuldverhältnis können oft eine Vielzahl von Obligationen abgeleitet werden.
Obligationen sind relative Rechte. Sie wirken nur zwischen den beteiligten Parteien. Sie werden als solche den absoluten Rechten gegenübergestellt, die gegenüber jedermann wirken.
Zu den absoluten Rechten gehören z.B.
- die Persönlichkeitsrechte (Art. 28ff ZGB)
- die Eigentumsrechte
- die Immaterialgüterrechte (Markenrechte, Patente etc.)
Anders als die absoluten Rechte geben die relativen Rechte dem Gläubiger bloss einen Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten des Schuldners. Dritte werden durch eine Obligation grundsätzlich nicht verpflichtet.
Wer die Wahl hat, ein absolutes oder relatives Recht zu erwerben, wird sich mit Vorteil für das absolute Recht entscheiden. Diese wirken gegenüber jedermann und nicht nur zwischen den Parteien.
Beispiel:
X möchte die Liegenschaft von Y zu Fuss überqueren dürfen, um so einen Umweg ersparen zu können.
Schliesst X mit Y einen Vertrag ab mit dem Inhalt, dass X die Liegenschaft von Y überqueren darf, kann er dieses Recht nur gegenüber dem Y durchsetzen. Verkauft Y die Liegenschaft, ist der Käufer aus dem Vertrag zwischen X und Y nicht verpflichtet und kann demnach X verbieten, die Liegenschaft zu überqueren.
Anders verhält es sich, wenn sich X sein Wegrecht im Grundbuch eintragen lässt und damit ein absolutes Recht erwirbt. Wird die Liegenschaft verkauft, berührt dies den Bestand seines Wegrechtes nicht. Sein absolutes Recht wirkt insofern stärker aus das Obligatorische.
Innerhalb der Schranken von OR 19 kann die Leistung jeden beliebigen Inhalt (Tun, Unterlassen, Dulden) aufweisen.
Neben den gesetzlich geregelten Vertragstypen gemäss 2. Abteilung OR gibt es auch Vertragstypen, welche im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt sind (sog. Innominatverträge oder -kontrakte). Bsp.: Beherbergungsvertrag, Gastaufnahmevertrag, Vergleich, Leasingvertrag etc. Eine dem Numerus clausus der dinglichen Rechte entsprechende Beschränkung existiert im Obligationenrecht nicht.
Die Forderung heisst auch Anspruch. Die beiden Begriffe werden im nachfolgenden gleichbedeutend verwendet. Dem Forderungsrecht des Gläubigers entspricht die Leistungspflicht den Schuldners.
Wesentlich für die vollkommene Obligation ist deren Erzwingbarkeit (Vollstreckung) mit staatlichen Mitteln. Wo diese fehlt, spricht man von einer unvollkommenen Obligation oder Naturalobligation.
je nach Art der Leistung kann die Vollstreckung schwierig sein. Am leichtesten vollstreckbar ist der Anspruch auf eine Geldleistung: Diese Vollstreckung richtet sich nach einheitlichem, eidgenössischen Recht, welches im Gesetz über die Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) umschrieben ist.
Die Vollstreckung anderer Obligationen als Geldforderungen richtet sich nach kantonalem Recht.
Beispiele:
- Die Herausgabe einer bestimmten Sache: Die gerichtliche Polizei nimmt die Sache gewaltsam weg und übergibt sie dem Berechtigten.
- Der Schuldner räumt die Liegenschaft nicht: Er wird mit polizeilicher Hilfe gewaltsam auf die Strasse gestellt (Exmission).
- Der Schuldner gibt die Willenserklärung, zu welcher er sich verpflichtet hat, nicht ab: Ein richterliches Urteil tritt an die Stelle seiner Erklärung.
In diesen drei Fällen wird der tatsächliche Leistungsinhalt erzwungen. Man spricht deshalb von Realexekution. In andern Fällen ist dies nicht möglich:
- Widerhandlung gegen eine Unterlassungspflicht: Den Schuldner trifft die Ungehorsamstrafe gemäss Art. 292 StGB oder nach kantonalem Recht.
- Die Nichtvornahme einer persönlichen Leistung: Der Richter ermächtigt den Gläubiger, die geschuldete Handlung auf Kosten des Schuldners selbst vorzunehmen, oder durch einen Dritten vornehmen zu lassen (OR 98/3).
- Wo auch das nicht möglich ist sowie parallel in allen Fällen schuldhafter Nichterfüllung: Schadenersatzleistung.
II. Die unvollkommene Obligation (Naturalobligation)
- Beispiele
- Aus Heiratsvermittlung entsteht kein klagbarer Anspruch auf Mäklerlohn (OR 416)
- Aus Spiel und Wette entsteht keine klagbare Forderung (OR 513)
- Alle verjährten Forderungen sind Naturalobligationen (OR 127 ff)
- Wirkung
Wer freiwillig eine Naturalobligation erfüllt, macht keine Schenkung und hat auch kein Rückforderungsrecht aus ungerechtfertigter Bereicherung (OR 63/2).
Der Schuldner kann gegenüber einer Forderung seine verjährte Gegenforderung zur Verrechnung stellen, wenn die Verrechnungsmöglichkeit schon zu einem (früheren) Zeitpunkt bestanden hat, als seine Gegenforderung noch nicht verjährt war (OR 120/3).
III. Die Mehrheit von Gläubigern in der Obligation
- Teilforderung
- Forderungen zu gesamter Hand
Wenn eine Mehrheit von Personen gemeinsam die Gläubigerstellung in einer Obligation einnimmt, ist grundsätzlich jeder zu einem Bruchteil (pro rata) berechtigt. Jeder Miteigentümer kann seine Teilforderung selbständig geltend machen. Teilforderungen entstehen beispielsweise, wenn mehrere Miteigentümer eine Sache verkaufen oder vermieten.
Die Entstehung von Teilforderung wird vermutet. Das bedeutet, dass immer dann Teilforderungen bei einer Mehrheit von Gläubigern anzunehmen sind, wenn nicht eine spezielle Voraussetzung vorliegt, welche eine Forderung zu gesamter Hand entstehen lässt.
Wenn mehrere Gläubiger unter sich in einem Gesamthandverhältnis stehen, sind die aus diesem Gesamthandverhältnis entstehenden Obligationen Forderungen zu gesamter Hand. Das der Forderung zu Grunde liegende Gesamthandverhältnis kann sein:
- Erbengemeinschaft (ZGB 602/2)
- Die einfache Gesellschaft (OR 544/1)
- etc.
Über die Forderung können die Gläubiger nur gemeinsam verfügen. Bsp.: Die Gesellschafter einer einfachen Gesellschaft können die der einfachen Gesellschaft zustehende Forderung nur gemeinsam einklagen.
IV. Die Mehrheit von Schuldnern in der Obligation
- Teilverpflichtungen
- Bürgschaftsverpflichtung
- Die Solidarschuld
Das Entstehen von Teilverpflichtungen wird vermutet, sofern nicht eine besondere Voraussetzung vorliegt, die eine Bürgschaftsverpflichtung oder eine Solidarschuld entstehen lässt.
Bei einer Teilverpflichtung ist jeder einzelne Schuldner verpflichtet, einen gleich grossen Bruchteil an die Gesamtschuld zu leisten.
Der Bürge verspricht, dann zu leisten, wenn der Hauptschuldner dies nicht tun sollte (OR 492, 496, 497).
Eine Solidarschuld besteht, wenn mehrere eine Leistung so schulden, dass der Gläubiger nach seiner Wahl von jedem Schuldner die ganze Leistung fordern kann (OR 143/1, 147/1).
Derjenige Schuldner, der geleistet hat, hat ein Rückgriffsrecht auf die übrigen Mitschuldner. Die Solidarschuld ist für den Gläubiger am vorteilhaftesten, da er sich nach seiner Wahl den zahlungskräftigsten Schuldner aussuchen kann. Sie entsteht in einer Vielzahl von Fällen:
- Bei der ausservertraglichen Haftung (OR 51)
- Bei einer Mehrzahl von Auftraggebern (OR 403)
- Wenn dies vertraglich so vorgesehen wird
- etc.
§ 3 Der Inhalt der Obligation
- Persönliche und sachliche Leistung (OR 68)
Die Obligation wird nur dann richtig erfüllt, wenn die bezeichnete Person die Leistung erbringt. Nur ihre Handlung bedeutet im Normalfall Erfüllung.
Beispiele:
- Arbeitsleistung gemäss Arbeitsvertrag (OR 321).
- Unternehmerleistung gemäss Werkvertrag (OR 364/2).
- Geschäftsbesorgung gemäss Auftrag (OR 398/3).
Demgegenüber ist die sachliche Leistung nicht an die Person des Schuldners gebunden. Wird die Leistung von einer Drittperson erbracht, geht die entsprechende Obligation durch Erfüllung unter. Der Gläubiger kann nicht mehr fordern, und der Schuldner ist nicht mehr zur Leistung verpflichtet.
Beispiele:
- Alle Geldleistungen.
- Die Verpflichtung, dem Gläubiger Eigentum an einer Sache zu verschaffen.
- Der Leistungsinhalt
- Anfängliche Unmöglichkeit:
- Die Widerrechtlichkeit der Leistung:
- Die Unsittlichkeit der Leistung:
- Rechtsfolgen
- Die Übervorteilung
- Die Bedingungen (OR 151 ff)
- Die Suspensivbedingung (OR 151)
- Die Resolutivbedingung (OR 154)
Der Leistungsinhalt muss möglich, rechtens und sittlich erlaubt sein (OR 19/20). Innerhalb dieses Rahmens herrscht Vertragsfreiheit. Ausserhalb dieses Rahmens wird der Vertrag nichtig.
Ist die in einem Vertrag versprochene Leistung von allem Anfang an unmöglich, entsteht keine Obligation. Mit Unmöglichkeit ist die objektive, absolute Unmöglichkeit gemeint, und nicht etwa das bloss subjektive Unvermögen des Schuldners, die versprochene Leistung zu erbringen. Wenn beispielsweise der kreditunwürdige Schuldner ohne einen Rappen Bargeld in der Tasche verspricht, innert 2 Tagen dem Gläubiger 100 Tonnen Weizen zu liefern, ist ihm dies aus seiner subjektiven Sicht unmöglich, weil er über die notwendigen Mittel nicht verfügt. Der Vertrag ist jedoch gültig, da objektiv die Leistung möglich ist, kann er sich doch auf den entsprechenden Warenmärkten eindecken.
Anders ist es, wenn der Schuldner verspricht, für den Gläubiger ein Perpetuum mobile zu konstruieren.
Jedes Versprechen, eine strafbare Handlung zu begehen, ist widerrechtlich, und der entsprechende Vertrag daher nichtig. Massgebend ist jedoch nicht nur das Strafgesetzbuch zur Bestimmung der Widerrechtlichkeit einer Leistung, sondern die gesamte schweizerische Rechtsordnung.
So ist beispielsweise der ausgesprochene Verzicht auf den Widerruf einer erteilten Vollmacht widerrechtlich, weil dies OR 34/2 widerspricht, und dasselbe Schicksal erleidet die Abrede, Zinseszins zu leisten (OR 314/3).
Widerrechtlich im Sinne von OR 20 ist insbesondere jede Leistung, die gegen Art. 27 oder 28 ZGB verstösst.
Die Unsittlichkeit kann der Leistung selber, oder der Gegenleistung, für welche sie erbracht wird anhaften.
Die Abmachung, eine Konventionalstrafe zu bezahlen, für den Fall, wo der Verpflichtete sich nicht vertragsgetreu verhält, ist nicht unsittlich und kommt in der Vertragspraxis recht häufig vor.
Häufig wird eine an sich zulässige Leistung deshalb unsittlich, weil sie in einem übermässigen Umfang, Mass oder Dauer versprochen wird. So etwa die übermässig hohe Konventionalstrafe oder das Konkurrenzverbot (OR 340a), welches eine erhebliche Existenzbehinderung des Verpflichteten mit sich bringt.
In anderen Fällen wird eine Leistung unsittlich, weil sie nicht gegen Entgelt erfolgen darf. So etwa die Einwilligung in die Ehescheidung gegen Geld.
Das unmögliche, widerrechtliche oder unsittliche Schuldverhältnis ist nichtig (OR 20). Sind bloss einzelne Teile eines Vertrages mangelhaft im Sinne von Art. 20 OR, tritt eine Teilnichtigkeit ein, sofern nicht angenommen werden muss, das ohne den nichtigen Teil der Vertrag überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
Ein Vertrag wird unverbindlich, wenn eine Partei übervorteilt worden ist. OR 21 umschreibt die Voraussetzungen der Unverbindlichkeit: es muss ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen, mit welchem eine Partei ausgebeutet wird, die unerfahren oder leichtsinnig war, oder die sich in einer Notlage befunden hat.
Bedingung ist eine ungewisse zukünftige Tatsache, von der nach dem Willen der Parteien entweder der Eintritt oder der Untergang der Leistungspflicht des Schuldners abhängig gemacht wird.
Nicht alle Rechtsgeschäfte ertragen Bedingungen. So sind etwa familienrechtliche Verträge wie die Eheschliessung oder die Verlobung bedingungsfeindlich. Solche Abreden gelten als unsittlich.
Als Suspensivbedingung bezeichnet man diejenige ungewisse Tatsache, deren Eintritt die Leistungspflicht erst entstehen lässt. Der Vertrag wird unter aufschiebender Wirkung abgeschlossen.
Die ungewisse künftige Tatsache bewirkt, dass die bereits eingetretene Rechtswirkung aufgelöst wird. Der Vertrag gilt so lange, bis die Bedingung eintritt.
§ 4 Die Entstehung der Obligation
Das OR kennt drei Gründe, aus denen eine Obligation entstehen kann:
- Aus Vertrag (OR 1-40)
- Aus unerlaubter Handlung (OR 41-61)
- Aus ungerechtfertigter Bereicherung (OR 62-67)
§ 5 Die Entstehung der Obligation aus Vertrag
Das Rechtsgeschäft ist ein Oberbegriff und umfasst jede Willensäusserung einer Privatperson, die auf einen erlaubten wirtschaftlichen Erfolg gerichtet wird und nach der Rechtsordnung die Begründung oder Aufhebung eines Rechts zur Folge hat.
Verfügungsgeschäft heisst jedes Rechtsgeschäft, mit welchem ein Recht oder eine Sache unmittelbar auf ein anderes Rechtssubjekt übertragen oder durch Verzicht aufgegeben wird.
Im Gegensatz dazu verändert das Verpflichtungsgeschäft die Vermögensaktiven des sich Verpflichtenden nicht, sondern vermehrt lediglich seine Passiven dadurch, dass zugunsten eines anderen eine Forderung begründet wird.
Häufig wird zunächst mit einem Verpflichtungsgeschäft die Grundlage für eine spätere Verfügung geschaffen, so etwa beim Abschluss des Kaufvertrages, in welchem sich der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger (Käufer) Eigentum an einer bestimmten Sache zu verschaffen. Die eigentliche Verfügung (Eigentumsübergang an der Sache) erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Verpflichtungsgeschäfte sind gültig, ob sie den wirtschaftlichen Möglichkeiten den Schuldners entsprechen oder nicht. Verfügungsgeschäfte sind hingegen nur dann wirksam, wenn der Verfügende eine entsprechende Verfügungsmacht besitzt (niemand kann mehr Rechte übertragen als er selber besitzt).
Wenn die Willensäusserung einer Person alleine die Rechtswirkung herbeiführt, spricht man von einem einseitigen Rechtsgeschäft.
Beispiele:
- Errichtung einer Stiftung (ZGB 80)
- letztwillige Verfügung (ZGB 489)
- Ausschlagung einer Erbschaft (ZGB 566)
Zweiseitige Rechtsgeschäfte (Verträge) kommen dadurch zustande, dass zwei Vertragsparteien übereinstimmende Willensäusserungen austauschen.
Mehrseitige Rechtsgeschäfte sind diejenigen, an denen mehr als zwei Personen mitwirken müssen. Dies ist etwa bei der Gründung von körperschaftlich organisierten juristischen Personen, wie Verein, AG, GmbH und Genossenschaft der Fall (OR 60 / 635 / 779 / 834).
Die meisten obligationenrechtlichen Schuldverhältnisse werden durch Vertrag, also durch zweiseitige Rechtsgeschäfte begründet.
- Die Entstehung des Vertrages (OR 1)
- Die Offerte
- Der Akzept
- Speziell: das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften (OR 40a ff)
- Besondere Fälle
- Die Versteigerung
- Allgemeine Geschäftsbedingungen
Ein Vertrag entsteht durch den Austausch übereinstimmender gegenseitiger Willensäusserung der Parteien. Diese Willensäusserung kann ausdrücklich oder stillschweigend (konkludent) erfolgen. Die Willensäusserungen werden eingeteilt in Offerte und Akzept.
Sie muss ernsthaft gemeint und so bestimmt sein, dass sie sich von einer blossen Anregung an die Gegenpartei zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen unterscheidet. So gelten nach ausdrücklicher Vorschrift die Zustellung von Preislisten, Katalogen und Tarifen sowie das Publizieren von Inseraten mit Preisangaben nicht als Offerten (OR 7). Sie sind bloss Anregungen an die Adressaten, in Vertragsverhandlungen zu treten oder ihrerseits Offerten zu stellen (Anträge auf Offertstellung).
Keine Offerte ist die Zusendung einer unbestellten Sache (OR 6a). In einem solchen Falle ist der Empfänger nicht einmal verpflichtet, die Sache zurückzusenden oder aufzubewahren. Ist die unbestellte Sache offensichtlich irrtümlich zugesandt worden, so muss der Empfänger jedoch den Absender benachrichtigen.
Warenauslagen in Schaufenstern mit Preisangaben gelten als Offerten, jedoch nur für das sich im Schaufenster befindliche Stück (OR 7/3).
Die Offerte ist für den Offerenten (Antragsteller) bindend. Erfolgt ein Akzept, ist der Vertrag geschlossen und der Offerent kann sein Angebot nicht mehr zurückziehen. Er kann hingegen bei Abgabe der Offerte diese zeitlich befristen (OR 3/1) oder bei Abgabe einer Erklärung, welche an sich als Offerte zu werten wäre, ausdrücklich erklären, an diese Offerte nicht gebunden sein zu wollen. Dies geschieht im Geschäftsverkehr etwa mit den Ausdrücken "freibleibend oder "Zwischenverkauf vorbehalten".
Der Akzept muss sich mit der Offerte decken und darf keine Vorbehalte, Erweiterungen oder Einschränkungen enthalten. Tut er dies trotzdem, ist es kein Akzept, sondern als Gegenofferte zu betrachten. Der ursprüngliche Offerent hat nun die Möglichkeit, seinerseits einen Akzept auszusprechen.
Im Falle der Haustürgeschäften und ähnlichen Verträgen sieht das Gesetz ein Widerrufsrecht des Kunden vor. Erklärt der Kunde innert 7 Tagen schriftlich beim Anbieter den Widerruf, fällt der Vertrag dahin und die Parteien müssen bereits empfangene Leistungen zurückerstatten.
Jedes Angebot aus dem Publikum gilt als Offerte.
Häufig werden sogenannte allgemeine Geschäftsbedingungen in einen Vertrag übernommen, obschon deren Inhalt nicht gelesen und auch nicht gewollt ist (Kleingedrucktes).
Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erklärt die Verwendung von missbräuchlichen Geschäftsbedingungen als einen Fall des unlauteren Wettbewerbs. Missbräuchlich sind Geschäftsbedingungen, wenn sie vorformuliert sind und in irreführender Weise zum Nachteil einer Vertragspartei von der gesetzlichen Ordnung erheblich abweichen oder eine der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rechten und Pflichten vorsehen (UWG 8).
Für alle allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt grundsätzlich, dass ein mehrdeutiger Text zulasten seines Verfassers auszulegen ist (Unklarheitsregel).
§ 6 Die Form der Verträge
- Grundsätzliches
- Die einfache Schriftlichkeit
- Qualifizierte Schriftlichkeit
- Registereintrag
- Öffentliche Beurkundung
- Die Folgen der Formverletzung
Verträge können grundsätzlich formlos geschlossen werden (OR 11). Eine besondere Form ist nur dann nötig, wenn die Parteien oder das Gesetz dies ausdrücklich vorsehen. Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung sind daher mündlich abgeschlossene Vertrage nicht weniger stark verbindlich als schriftliche. Sie haben jedoch den Nachteil, dass sie weniger leicht beweisbar sind. Wo eine ausdrückliche Formvorschrift im Gesetz besteht, dient dies entweder dem Zweck, eine Partei vor unüberlegtem Handeln und Unachtsamkeit zu bewahren (Schenkungsvertrag, Bürgschaft) oder zur Beweissicherung (Zession).
Der Form wird genüge getan, wenn die sich verpflichtende Partei ihre Unterschrift eigenhändig unter den geschriebenen Vertrag setzt. Die einfache Schriftlichkeit wird verlangt bei der Zession ( OR 165) und der Bürgschaft (OR 493).
Nicht bloss die Unterschrift muss handschriftlich erfolgen, sondern weitere Vertragsteile müssen handschriftlich verfasst sein. So bei der letztwilligen Verfügung und der Bürgschaft (ZGB 505 / 493/2).
Gewisse Rechtsgeschäfte bedürfen zu ihrer Gültigkeit des Eintrages in ein Register (OR 927), beispielsweise in das Handelsregister. So etwa die Prokura und die Kollektivgesellschaft (OR 458 / 552).
Der Grundstückskauf, die Schenkung von Grundstücken, Bürgschaften> Fr. 2'000.-- bedürfen u.a. der öffentlichen Beurkundung (OR 216 / 243/2 /493/2/4/6).
Der die Formvorschrift verletzende Vertrag ist entweder nichtig mit der Folge, dass eine Rechtslage entsteht, wie wenn er nie abgeschlossen worden wäre, oder ungültig mit der Folge, dass er erfolgreich angefochten werden kann, mit Berufung auf den Formfehler.
§ 7 Willensmängel (OR 23ff)
- Grundsätzliches
- Der Irrtum über die rechtliche Natur das Vertrages
- Der Irrtum über die Identität der Sache oder der Person
- Irrtum über den Umfang der Leistung oder der Gegenleistung
- Grundlagenirrtum (Irrtum im Motiv)
- Die Wirkungen des Irrtums
- Täuschung und Drohung (OR 28ff)
- Absichtliche Täuschung
- Drohung (OR 29):
Gemäss OR 1 kommt ein Vertrag durch den Austausch gegenseitig übereinstimmender Willensäusserungen zustande. Ein Vertrag ist folglich auch dann gültig, wenn eine Partei nicht ihren wirklichen Willen geäussert hat. Wer bei einem Vertragsschluss etwas anderes erklärt, als er wirklich gewollt hatte, ist demzufolge grundsätzlich an den Vertrag gebunden. Dieser unbefriedigende Grundsatz wird korrigiert durch die Regeln über die Willensmängel. Eine dem wirklichen Willen widersprechende Äusserung kann auf einem Irrtum beruhen. Während der sich Irrende daran interessiert ist, dass ein so zustande gekommener Vertrag ungültig ist, will sein Vertragspartner, der möglicherweise den Irrtum des anderen nicht gekannt hat, in seinem Vertrauen in den abgeschlossenen Vertrag geschützt sein. Diese gegensätzlichen Interessen werden dadurch berücksichtigt, dass nicht jeder Irrtum bei Vertragsschluss den Vertrag unverbindlich werden lässt, sondern nur der vom Gesetz als solcher bezeichnete wesentliche Irrtum. Als wesentlich gelten folgende Irrtumsfälle:
In einem derartigen Irrtum befindet sich beispielsweise, wer meint, er wirke als Zeuge bei einer Verurkundung mit, in Tat und Wahrheit sich aber als Bürge verpflichtet (OR 24/1).
In einem derartigen Irrtum hat sich beispielsweise die X-AG befunden, welche Kalisalpeter zu Düngzwecken bei der Chemie AG kaufen wollte, in Tat und Wahrheit aber den 100x teureren und chemisch reinen Kalisalpeter bestellte. Sie glaubte den Preis der Chemie AG beziehe sich auf die Menge von 100 kg, während er sich in Tat und Wahrheit auf 1 kg bezogen hat (OR 24/2 Ziff. 2).
In einem derartigen Irrtum hat sich derjenige befunden, der beim Abschluss des Pacht- oder Kaufvertrages der irrigen Meinung war, das Grundstück sei erheblich grösser als es in Tat und Wahrheit gewesen ist.
Nicht dieser Kategorie zuzurechnen ist hingegen der Irrtum über den Wert einer Sache oder einer Leistung, da dieser bloss als Irrtum im Motiv oder als Grundlagenirrtum Bedeutung erlangen kann (OR 24/2 Ziff. 3).
Im Gegensatz zu den bisher behandelten Irrtumsarten äussert hier der Irrende seinen wahren Willen. Er befindet sich nicht in einem Äusserungsirrtum. Der sich im Grundlagenirrtum befindliche Irrende hat sich nicht bei seiner Willensäusserung, sondern zu einem früheren Zeitpunkt geirrt, nämlich beim Vorgang seiner Willensbildung. Er hat sich falsche Vorstellungen über die Wirkungen des Vertrages gemacht oder falsche Erwartungen an diesen Vertrag geknüpft. Nicht jeder derartige Irrtum vermag nun den Vertrag unverbindlich werden zu lassen. Gerade hier sind die Interessen seines Vertragspartners und das Interesse der Verkehrssicherheit zu berücksichtigen. Deshalb ist grundsätzlich der Irrtum im Beweggrund nicht wesentlich (OR 24/2).
Der Irrtum im Beweggrund zum Vertragsabschluss ist nur in der Form des Grundlagenirrtums von OR 24 Abs. 1 Ziff. 4 wesentlich, nämlich dann, wenn er sich auf einen Umstand oder eine Voraussetzung bezieht, die erstens bei objektiver Betrachtung und nach den Grundsätzen des Verkehrs als so wichtig erscheint, dass damit der Vertrag fallen muss, und zweitens vom Irrenden selber als für seinen Entschluss als wesentlich betrachtet worden ist.
So ist beispielsweise der Irrtum des Käufers als Grundlagenirrtum im Sinne von OR 24 Abs. 1 Ziff. 4 wesentlich, der einen antiken Perserteppich kaufen wollte, aber eine billige Imitation erstand. Ebenso ist ein wesentlicher Grundlagenirrtum bei dem vorhanden gewesen, der nicht das Originalgemälde, sondern eine Kopie erhielt.
Das unter einem wesentlichen Irrtum zustande gekommene Rechtsgeschäft ist einseitig unverbindlich (OR 31). Wenn der Irrende sich auf seinen Irrtum beruft, fällt der Vertrag dahin. Der Irrende muss das Erhaltene zurückgeben, kann aber das Geleistete zurückfordern.
Der Irrende kann den Vertrag nicht anfechten, wenn die andere Vertragspartei den Vertrag so gelten lassen will, wie der Irrende ihn verstanden hat (OR 25/2). Die für die Vertragspartei aus dem Dahinfallen das Vertrages negativen Folgen werden dadurch gemildert, dass der Irrende ihr den Schaden ersetzen muss, wenn er den Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben hat (OR 26/1). Diese Schadenersatzpflicht entfällt dann, wenn der andere den Irrtum des Irrenden gekannt hat oder ihn hätte kennen sollen (OR 26/1).
Ein Willensmangel bei Vertragsabschluss besteht auch dann, wenn eine Vertragspartei von der anderen absichtlich getäuscht oder durch eine Drohung zum Vertragsabschluss gezwungen worden ist.
Beruht der Irrtum des Irrenden auf einer absichtlichen Täuschung der anderen Vertragspartei, ist der dadurch bewirkte Irrtum auch dann erheblich, wenn er kein wesentlicher im Sinne von OR 24 war.
Der Täuschungstatbestand bietet deshalb Schwierigkeiten, weil oft die Grenze zwischen erlaubtem Schweigen und einer Aufklärungspflicht gezogen werden muss, was grundsätzlich nicht einfach ist. Als allgemeine Regel gilt, dass wer den Irrtum eines anderen erkennt, zur Aufklärung verpflichtet ist. Handelt er gegen diese Pflicht, täuscht er absichtlich. Diese Problematik kommt vor allem im Kaufvertragsrecht zum tragen. Der Käufer hat jedoch ebenfalls in einem gewissem Umfang eine Prüfungspflicht (Obliegenheit) der Kaufsache. Wenn ihm beispielsweise ein Auto zu einem deutlich unter dem Durchschnitt liegenden Preis angeboten wird, wird er annehmen müssen, dass es sich um einen Unfallwagen handelt. Er darf sich nicht blind stellen, um sich anschliessend darauf zu berufen, er sei absichtlich getäuscht worden.
Wenn eine absichtliche Täuschung im Sinne von OR 28 vorliegt, kommen die gleichen Rechtswirkungen zum tragen wie beim Irrtum.
Die Drohung, welche einen Vertrag einseitig unverbindlich werden lässt, muss so beschaffen sein, dass der Bedrohte nach den Umständen begründeterweise annehmen muss, dass er oder eine ihm nahe verbundene Person an Leib und Leben, Ehre oder Vermögen mit einer nahen und erheblichen Gefahr bedroht sei.
Die Rechtswirkungen sind gleich wie beim Irrtum.
§ 8 Entstehung der Obligation aus unerlaubter Handlung
- Übersicht
- Haftung aus Verschulden
Grundnorm dieser Entstehungsart der Obligation ist OR 41. Man spricht auch von ausservertraglicher Haftung oder deliktischer Haftung. Damit ist nicht ein Delikt im strafrechtlichen Sinne gemeint.
Eine der Voraussetzungen zum Eintritt der Haftung nach OR 41 ist die Absicht (Vorsatz / Eventualvorsatz) oder Fahrlässigkeit. Absicht und Fahrlässigkeit sind Formen des Verschuldens. Weil OR 41 ein Verschulden auf Seiten des Pflichtigen voraussetzt, spricht man von einer Verschuldenshaftung. Das Verschulden ist der eigentliche Haftungsgrund.
Neben der Verschuldenshaftung von OR 41 bestehen eine ganze Reihe von Haftungsnormen, welche kein Verschulden auf Seiten des Haftpflichtigen voraussetzen. Nicht ein ihm vorwerfbares Verhalten begründet die Haftung, sondern andere Gründe. So sieht beispielsweise das Gesetz bei der Werkeigentümerhaftung (OR 58) und der Tierhalterhaftung (OR 56) deshalb eine Schadenersatzpflicht vor, weil das Interesse am Werk oder an der Tierhaltung völlig einseitig ist. Der eigentliche Haftungsgrund ist hier das besondere Interesse, das der Werkeigentümer an seinem Werk oder der Tierhalter an seinem Tier hat.
Ein anderer Haftungsgrund besteht aus einer besonderen Gefährdungssituation, welche der Halter eines Motorfahrzeuges, Flugzeuges oder einer Eisenbahn legalerweise schafft. Äussert sich diese latente Gefährdung in einem konkreten Schaden, muss der Halter dafür haften, weil er die Gefahrensituation grundsätzlich eingegangen ist. Er haftet wegen der Gefährdung die er schafft.
Wiederum andere Haftungen sind durch ein besonderes Gewaltverhältnis begründet, so etwa die Haftung des Geschäftsherrn (OR 55) oder die Haftung den Familienhauptes (ZGB 333).
All diese Haftungsarten, welche kein Verschulden auf Seiten des Pflichtigen voraussetzen, sondern wegen der besonderen Interessenlage, der Gefährdung, dem Gewaltverhältnis oder aus anderen Gründen gesetzlich vorgesehen sind, werden unter dem Begriff Kausalhaftung zusammengefasst. Jede Haftung, welche kein Verschulden auf Seiten des Pflichtigen voraussetzt, heisst Kausalhaftung.
OR 41 enthält vier Elemente, welche kumulativ vorliegen müssen, damit die Haftung eintritt. Jeder, der gestützt auf OR 41 vom andern einen Schadenersatz fordert, muss nachweisen, dass diese vier Elemente vorliegen.
Es sind dies:
- Schaden
- Widerrechtlichkeit
- Kausalzusammenhang
- Verschulden
- Der Schaden
- Widerrechtlichkeit
- Das Bundesgericht definiert die Widerrechtlichkeit wie folgt: Widerrechtlich ist jeder Verstoss gegen eine Rechtsnorm, d h. gegen eine zwingende Regel über das Verhalten gegenüber anderen Personen. Diese Rechtsnorm kann eine geschriebene oder eine ungeschriebene, eine kantonale oder eine bundesrechtliche, eine privatrechtliche oder eine öffentlichrechtliche (Strafrecht, Verwaltungsrecht, Polizeivorschriften) sein. Ausgehend von dieser Definition können mehrere Fallgruppen gebildet werden.
- Widerrechtlich ist einmal jede Verletzung eines absoluten Rechts (Persönlichkeitsrechte, Eigentumsrechte, Immaterialgüterrechte). Diese Rechte gewähren Schutz gegenüber jedermann, so dass deren Verletzung immer widerrechtlich ist, sofern nicht ein Rechtfertigungsgrund vorliegt (z.B. Amtspflicht, Notwehr, Notstand). In der überwiegenden Zahl der ausservertraglichen Schadenersatzfälle wird ein absolutes Recht verletzt (Sachschaden (Eigentumsrecht), Körperverletzung).
- Die Verletzung relativer Rechte ist nur widerrechtlich, wenn zugleich mit der schädigenden Handlung gegen eine Norm verstossen wird, die den Schutz das verletzten Rechtsgutes bezweckt.
Der Schaden ist immer eine Vermögensdifferenz: die Differenz zwischen dem Vermögen vor und dem Vermögen nach dem schädigenden Ereignis. Hat ein bestimmter Nachteil keine Einwirkung auf das Vermögen, liegt kein Schaden im Sinne von OR 41 vor.
Nicht jeder Schaden muss zu einer Schadenersatzpflicht führen. Der Schaden muss widerrechtlich entstanden sein, d.h. eine Rechtsnorm verletzen.
Beispiel:
Wenn die Firma A infolge guter Werbung ihres Konkurrenten B weniger verkauft und somit eine Vermögenseinbusse erleidet, kann sie deswegen noch nicht Schadenersatz verlangen. Es bedarf des weiteren der Widerrechtlichkeit (z.B. unlauterer Wettbewerb) oder eines Verstosses gegen die guten Sitten.
Beispiel:
X missachtet ein Rotlicht und kollidiert mit Y. Y erleidet neben einem Sachschaden auch einen Vermögensschaden, weil er infolge des Unfalles zu spät zu einer geschäftlichen Sitzung kommt und der Geschäftspartner in der Folge auf einen Vertragsabschluss mit Y verzichtet. Dieser Vermögensschaden führt nicht zu einer Schadensersatzpflicht des X, weil die SVG-Vorschrift, gegen die er verstossen hat, die Vermeidung von Körper- und Sachschaden, nicht aber den Schutz von Vermögen bezweckt.
- Der Kausalzusammenhang
- Das Verschulden
- Fälle der Haftung ohne Verschulden (Kausalhaftung)
- Geschäftsherrenhaftung (OR 55)
- Die Haftung das Tierhalters (OR 56):
- Die Werkeigentümerhaftung:
Natürlicher Kausalzusammenhang: Er liegt dann vor, wenn ein Umstand eine conditio sine qua non eines weiteren Umstandes (Erfolges) ist, d.h. wenn sich ergibt, dass der zweite Umstand (Erfolg) beim Ausbleiben der ersten Ursache nicht eingetreten wäre. Dann ist der erste Umstand für den zweiten kausal.
Adäquater Kausalzusammenhang: Nach der Lehre des adäquaten Kausalzusammenhanges ist ein Umstand haftungsbegründend, wenn er nicht nur conditio sine qua non, sondern nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, den eingetretenen Erfolg zu bewirken, so dass der Eintritt dieses Erfolges als durch die fragliche Ursache wesentlich begünstigt erscheint.
Das Gesetz nennt zwei Formen des Verschuldens: Absicht (Vorsatz) und Fahrlässigkeit. Bei der widerrechtlichen Schädigung genügt Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer sich nicht so verhält, wie sich ein besonnener Bürger an seiner Stelle verhalten hätte (nicht wollen/wissen müssen). Wer fahrlässig handelt, verletzt immer eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht. Der Massstab, der an die Sorgfaltspflicht einen einzelnen gelegt wird, ist objektiviert. Das bedeutet, dass nicht auf die subjektiven Fähigkeiten des Schädigers abgestellt wird, sondern auf durchschnittliche Fähigkeiten.
Dies hat zur Folge, dass eine Haftung unter Umständen auch dann eintreten kann, wenn einer alles getan hat, was ihm nach seinen subjektiven Fähigkeiten möglich war.
Eine Grenze wird dadurch gezogen, dass der Pflichtige urteilsfähig sein, also fähig sein muss, vernunftgemäss zu handeln (ZGB 16 / 19).
Verursacht ein Urteilsunfähiger einen Schaden, haftet er deshalb grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme von dieser Regel sieht OR 54 vor, der den Urteilsunfähigen auch dann haften lässt, wenn er den Zustand der Urteilsunfähigkeit schuldhaft selber herbeigeführt hat (OR 54/2). So haftet beispielsweise der betrunkene Autofahrer für den von ihm angerichteten Schaden auch dann, wenn ihm in seinem Vollrausch die Urteilsfähigkeit abgeht.
Weiter kann der unverschuldet Urteilsunfähige nach OR 54/1 zu Schadenersatz verurteilt werden, wenn die Billigkeit dies erfordert. Diese Billigkeitshaftung bestimmt der Richter nach den Umständen im Einzelfall. Sie tritt insbesondere dann ein, wenn der Urteilsunfähige vermögend ist.
Definition Vorsatz: Wissen, dass Erfolg mit der Handlung eintreten kann / Erfolg wollen.
Definition Eventualvorsatz: Wissen, dass Erfolg mit der Handlung eintreten kann / Erfolg in Kauf nehmen.
Ohne die Geschäftsherrenhaftung müsste sich ein Geschädigter gemäss OR 41 häufig mit einem Haftpflichtigen abgeben, der wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist. OR 55 gibt ihm in dieser Situation die Möglichkeit, den Arbeitgeber das Arbeiters als Geschäftsherrn haftbar zu machen, womit er eine bessere Wahrscheinlichkeit hat, den erlittenen Schaden auch tatsächlich ersetzt zu bekommen. Die Geschäftsherrenhaftung setzt ein Unterstelltenverhältnis voraus, nicht aber ein schuldhaftes Handeln der Hilfsperson.
Die Geschäftsherrenhaftung wird gemildert durch die Möglichkeit des Geschäftsherrn, sich von der Haftung zu befreien, indem er nachweist, dass er alle objektiv gebotenen Massnahmen getroffen hat, um den Schaden zu verhindern. Der Befreiungsbeweis gelingt ihm jedoch nach der Praxis nur dann, wenn er seine Hilfspersonen sorgfältig ausgewählt, instruiert und überwacht hat. Dieser Nachweis ist relativ schwierig zu erbringen.
Seine Haftung besteht auch dann, wenn zwischen ihm und dem Schädiger ein dazwischenstehender Vorgesetzter war, und er diesen ausgewählt, instruiert und überwacht hat. Eine Haftung ist somit möglich, wenn weder beim pflichtigen Geschäftsherrn, noch bei der Hilfsperson ein Verschulden vorliegt. Das Mass das Verschuldens ist aber auch bei der Geschäftsherrenhaftung nicht bedeutungslos, da es sich sowohl bei der Höhe der Ersatzpflicht (OR 43/1), als auch bei einer allfälligen Genugtuungssumme (OR 49) auswirkt.
Wenn die Schädigung in Erfüllung vertraglicher Pflichten geschieht, kann OR 101 (Haftung für Hilfspersonen) Platz greifen.
Auch hier liegt eine Kausalhaftung vor, mit der Möglichkeit zum Befreiungsbeweis. Halter im Sinne von OR 56 ist derjenige, der die tatsächliche Verfügungsbefugnis über das Tier hatte.
Werkeigentümerhaftungsfälle sind sehr häufig. Auch das Gemeinwesen untersteht der Werkeigentümerhaftung.
In der Praxis stellt sich häufig die Frage, was ein Werk im Sinne von OR 58 ist. Dazu gehören insbesondere alle Hoch- und Tiefbauten (Strassen, Plätze, Gerüste, Skilifte, Gräben, Aufzüge usw.). Motorfahrzeuge sind keine Werke. Blosse Zugehör zu Gebäuden sind keine Werke.
Die Werkeigentümerhaftung tritt nur ein, wenn das Werk mangelhaft war. Der Mangel kann in einer fehlerhaften Anlage oder in mangelndem Unterhalt bestehen. Haftungssubjekt ist der Eigentümer den Werkes.
- Haftung des Grundeigentümers (ZGB 679)
- Die Haftung der Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen
- Die Haftung für Stark- und Schwachstromanlagen
- Die Haftung nach Strassenverkehrsgesetz
- etc.
Übungsfragen Haftpflichtrecht
- Paul besucht seine Freundin im 10. Stock eines Hochhauses. Beim Weggehen löst sich der Lift aus seiner Halterung und stürzt die letzten 3 Meter ab. Dabei wird Paul verletzt.
- Der Student Klaus will nach der Schule zu Fuss nach Hause gehen. Als er die Bahnhofstrasse auf dem Fussgängerstreifen überquert, wird er von einem Velofahrer angefahren und verletzt. Beim Velofahrer handelt es sich um den 17jährigen Alfons von der Firma Lang, welcher Brötchen in ein Hotel gebracht hat und sich auf dem Rückweg zu seinem Lehrmeister befindet.
- Der Wirt A lässt seinen Hund Nero in der Gaststube frei herumlaufen. Dort sitzt er normalerweise immer brav neben der Theke und lässt die Leute ungestört. Die Familie Gallati nimmt mit der dreijährigen Tochter Susanne in dieser Gaststube ein Mittagessen ein. Unbeobachtet geht Susanne zum Hund und streichelt ihn zunächst. Anschliessend will sie sehen, ob Nero noch alle Zähne besitzt. Dies lässt sich auch der sonst liebe Nero nicht gefallen und fügt dem Mädchen zwei schwere Bisswunden zu.
Gegen wen und aus welchem Forderungsgrund wird Paul vorgehen? Begründung
Gegen wen und aus welchen Forderungsgründen kann Klaus Schadenersatzansprüche erheben?
Wer haftet?
§ 9 Die Entstehung der Obligation aus ungerechtfertigter Bereicherung (OR 62ff)
Eine Obligation aus ungerechtfertigter Bereicherung entsteht immer dann, wenn eine Vermögensverschiebung ohne innere Rechtfertigung stattgefunden hat. Das kann dann der Fall sein, wenn ein gültiger Grund gar nie vorhanden war, weil beispielsweise einer irrtümlicherweise eine Zahlung zu Gunsten des andern geleistet hat, oder weil ein Vertrag, in dessen Erfüllung eine Leistung erfolgt ist, nachträglich erfolgreich angefochten worden ist.
Wer ohne Rechtsgrund eine Leistung vollbracht hat, kann verlangen, dass ihm diese Leistung zurückerstattet wird. Dieses Rückforderungsrecht ist ausgeschlossen, wenn diese Zuwendung in der Absicht gemacht worden ist, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen.
Wer eine Nichtschuld bezahlt, hat damit zunächst einmal ausgedrückt, dass er eine entsprechende Schuldpflicht anerkennt. Fordert er nun mit der Begründung zurück, es habe kein Rechtsgrund zur Bezahlung dieser Schuld bestanden, wird ihm die Rückforderung durch OR 63 zusätzlich erschwert: Er muss nicht nur nachweisen, dass er eine Nichtschuld bezahlt hat, sondern auch, dass er sich in einem Irrtum über seine Zahlungspflicht befunden hat.
§ 10 Die Wirkung der Obligation
- Pflicht zur Erfüllung (OR 68 ff)
- Die Person des Schuldners (OR 68)
- Zeit der Erfüllung (OR 75 ff)
- Fälligkeitstermin (OR 75):
- Der Verfalltag:
- Stichtag (Fixgeschäft):
Definition Erfüllung: Erfüllung ist die nach Gegenstand, Zeit und Ort richtige Leistung des Schuldners an den Gläubiger.
Einige Vertragstypen schreiben grundsätzlich persönliches Handeln vor. Wird eine dem Vertrag entsprechende Handlung nicht durch den im Vertrag bezeichneten Schuldner, sondern durch eine Drittperson vorgenommen, wird dadurch der Schuldner nicht befreit, und der Gläubiger kann nach wie vor Leistung vom Schuldner verlangen. Die persönliche Leistung des Schuldners ist insbesondere vorgesehen im Arbeitsvertrag, Werkvertrag und Auftrag.
Demgegenüber ist die Zahlung keine persönliche Leistung. Auch eine Drittperson kann deshalb die Zahlung für einen andern so vornehmen, dass dieser von seiner Leistungspflicht befreit wird, und die Obligation untergeht.
Ist nichts anderes bestimmt, so ist die Erfüllung einer Obligation sofort fällig. Ist eine Forderung fällig, ist der Gläubiger berechtigt zu fordern und der Schuldner verpflichtet zu leisten. Verzugsfolgen (OR 102/1) treten allerdings erst nach einer Mahnung ein.
Mit dem Eintritt eines Verfalltages beginnen, ohne dass der Schuldner gemahnt werden muss, die Verzugsfolgen (OR 102/2).
Verfalltage werden häufig vertraglich verabredet. Von Gesetzes wegen hat jede Kündigung diese Wirkung (OR 102/2).
Ist ein Stichtag verabredet, kann der Schuldner nur an diesem Tag seine Leistung erbringen. Er hat nicht, wie nach dem Fälligkeitstermin oder dem Verfalltag noch die Möglichkeit, nachträglich (verspätet) seine Leistung mit befreiender Wirkung zu erbringen.
Ist der Stichtag unbenützt verstrichen, muss der Schuldner Schadenersatz für schuldhafte Nichterfüllung leisten.
§ 11 Leistungsstörungen
- Übersicht
- nachträgliche Unmöglichkeit
- Schlechterfüllung
- positive Vertragsverletzung
- Die Störung in zeitlicher Hinsicht (häufigster Fall einer Leistungsstörung)
- Schadenersatz (OR 101):
- Schadenersatzpflicht für verspätete Leistung und Haftung für den Zufall:
- Der Gläubigerverzug (OR 91ff)
- Begriff:
- Wirkung:
OR 97 statuiert eine Schadenersatzpflicht des Schuldners, wenn "die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden kann". Von besonderer Bedeutung ist, dass der Schuldner beweisen muss, dass ihn kein Verschulden trifft (sog. Exkulpationsbeweis). Die allgemeine Regel von OR 97 wird im besonderen Teil des OR bei den einzelnen Vertragsverhältnissen durch spezielle Regeln ergänzt.
Es können verschiedene Formen von Leistungsstörungen unterschieden werden:
OR 97 erfasst nur den Fall, wenn die Leistung nach Vertragsabschluss, d. h. nachträglich objektiv unmöglich wird und der Schuldner dies zu vertreten hat. Hat der Schuldner die nachträgliche objektive Unmöglichkeit nicht zu vertreten, geht seine Schuldpflicht gänzlich unter, d.h. es besteht auch keine Schadenersatzpflicht (vgl. OR 119).
Wenn die Vertragsleistung bereits vor Vertragsabschluss objektiv unmöglich war, ist gar nie ein Vertrag zustandegekommen.
In diesem Fall erfüllt der Schuldner, aber nicht gehörig, d.h. nicht wie verabredet (z.B. falsche Farbe etc.). Gerade dieser Fall der Leistungsstörung wird im besonderen Teil für die wichtigsten Vertragsverhältnisse speziell geregelt, um den Besonderheiten der einzelnen Vertragstypen Rechnung tragen zu können. Bsp.: Kaufvertrag (OR 192f), Mietvertrag (OR 258f), Werkvertrag( OR 367f).
Hier erbringt der Schuldner die von ihm versprochene Leistung wie verabredet, verletzt aber eine Nebenpflicht. Solche Nebenpflichten werden meist gar nicht ausdrücklich formuliert, sondern stillschweigend vorausgesetzt und bezwecken den Schutz des Vertragspartners vor Schädigung. Bsp.: Malermeister X verpflichtet sich, das Haus von Y zu streichen. Zerstört X beim Streichen eine Vase, verletzt er die Nebenpflicht, den Haushaltsgegenständen, mit denen er in Berührung kommt, Sorge zu tragen. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die meisten Fälle der positiven Vertragsverletzung zugleich auch unerlaubte Handlungen im Sinne von OR 41 darstellen. Der Gläubiger kann grundsätzlich wählen, auf welche Grundlage er seinen Schadenersatzanspruch stellen will. Grundsätzlich ist ein Vorgehen über OR 97 günstiger, weil hier der Schuldner beweisen muss, dass ihn kein Verschulden trifft. Auf OR 41 wird der Gläubiger den Anspruch stützen, wenn er das Vorhandensein eines Vertrages nicht beweisen kann.
Bleibt die Leistung bei Fälligkeit (OR 75) aus, muss der Gläubiger den Schuldner mahnen, d h. ihn an seine Leistungspflicht erinnern (OR 103/1). Keine Mahnung ist notwendig, wenn die Parteien für die Erfüllung einen genau bestimmten Verfalltag verabredet haben (OR 103/2). Mit der Mahnung oder mit Ablauf des Verfalltages gerät der Schuldner in Verzug und es treten die gesetzlich umschriebenen Verzugsfolgen ein. Die Verzugsfolgen sind:
Befindet sich der Schuldner im Verzug und bewirkt seine verspätete Leistung einen Schaden, so hat er dafür Ersatz zu leisten. Besteht seine Leistung aus einer Geldschuld, muss er in der Regel 5% Verzugszins bezahlen. Im Vertrag können höhere Verzugszinsen vereinbart werden (OR 104/1/2). Grenze: Bestimmungen über Wucherzins. Unter Kaufleuten gilt nicht grundsätzlich der Verzugszinssatz von 5%, sondern der Diskontsatz, falls dieser den Verzugszins von 5% übersteigt (OR 104).
Der sich im Verzuge befindliche Schuldner hat Schadenersatz für die verspätete Erfüllung zu leisten. Zudem haftet er, falls die Sache während der Dauer des Verzuges durch Zufall untergeht (OR 103/1).
Wenn sich ein Schuldner im Verzug befindet, hat der Gläubiger das Recht, ihm eine angemessene Nachfrist zur Erfüllung anzusetzen (OR 107/1).
Erbringt der Schuldner innert dieser Frist seine Leistung wiederum nicht, kann der Gläubiger immer noch auf der Leistung des Schuldners beharren und nach seiner Wahl seine eigene Leistung tatsächlich erbringen Schadenersatz wegen Nichterfüllung durch den Schuldner fordern (OR 107/2, positives Interesse).
seine eigene Leistung nicht tatsächlich erbringen, sondern bloss deren Wert berechnen, und Schadenersatz für die nicht erbrachte Leistung des sich im Verzug befindlichen Schuldners fordern (OR 107/2, positives Interesse)
oder der Gläubiger kann
vom Vertrage zurücktreten und den aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schaden in Rechnung stellen (OR 109, negatives Interesse).
Definition positives Vetragsinteresse:
Der Gläubiger wird finanziell so gestellt, wie wenn der Vertrag erfüllt worden wäre.
Definition negatives Vertragsinteresse:
Der Gläubiger wird so gestellt, wie wenn er nie Vertragsverhandlungen geführt und den Vertrag nie abgeschlossen hätte
Nicht nur der Schuldner, sondern auch der Gläubiger kann in Verzug geraten. Dies ist dann der Fall, wenn er die Annahme der ihm richtig angebotenen Leistung verweigert, oder eine ihm obliegende Vorbereitungshandlung nicht vornimmt, ohne welche der Schuldner nicht leisten kann (OR 91).
Befindet sich der Gläubiger im Annahmeverzug, kann der Schuldner die geschuldete Sache auf Gefahr und Kosten des Gläubigers mit befreiender Wirkung hinterlegen (OR 92). Damit hat er seine Obligation erfüllt.
Ist die Hinterlegung nicht zweckmässig oder handelt es sich um eine verderbliche Ware, oder ist ihre Aufbewahrung mit erheblichen Kosten verbunden, kann sie der Schuldner mit Bewilligung des Richters öffentlich verkaufen lassen und den entsprechenden Erlös hinterlegen (OR 93).
Hat der Schuldner die Sache hinterlegt und der Gläubiger deren Annahme noch nicht erklärt, kann der Schuldner die Sache zurücknehmen (OR 94). Mit der Rücknahme tritt die Forderung wieder vollumfänglich in Kraft.
Schuldet der Schuldner nicht (wie vor allem beim Kauf, Tausch und Schenkung) eine Sachleistung, kann der Schuldner (der z. B. eine Arbeitsleistung schuldet) beim Verzug des Gläubigers ebenfalls vom Vertrag zurücktreten (OR 95).
Im Unterschied zum zurücktretenden Gläubiger im Schuldnerverzug, kann der Schuldner im Gläubigerverzug jedoch keinen Schadenersatz berechnen. Diese auf den ersten Blick hart erscheinende Regelung wird dadurch gemildert, dass derjenige, der sich im Annahmeverzug befindet, in zweiseitigen Verträgen regelmässig auch nicht wird leisten wollen und sich deshalb gleichzeitig im Schuldnerverzug befindet, was wiederum die bekannten Folgen (Schadenersatz) auslöst (wer nicht annehmen will, will auch nicht leisten).
§ 12 Die Zession (OR 164ff)
Die Zession ist eine Übertragung der Forderung aus einem Schuldverhältnis durch Vertrag zwischen dem bisherigen Gläubiger (Zedent) auf den neuen Gläubiger (Zessionar). Die Zession ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das durch Offerte und Akzept zustande kommt. Da die Zession ein Vertrag zwischen Zedent und Zessionar ist, braucht der Schuldner nicht mitzuwirken.
Die Zession bedarf zu ihrer Gültigkeit der Schriftform (OR 165/1).
Nur einzelne Forderungen, nicht aber ganze Schuldverhältnisse können zediert werden. Wird eine Forderung aus einem Vertrag zediert, geht zwar die zedierte Forderung auf den Zessionar über. Das Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner bleibt aber unter den bisherigen Vertragsparteien bestehen. Soll ein ganzes Schuldverhältnis auf eine dritte Person übertragen werden, muss ein spezieller Vertrag abgeschlossen werden (Vertragsübernahme). Bei einzelnen Vertragsarten (z.B. Miete 264, Pacht, Arbeitsvertrag) ist diese Vertragsübernahme speziell geregelt.
Die Zession noch nicht fälliger, bestrittener, bedingter oder zukünftiger Forderungen ist zulässig.
Die Abtretbarkeit einer Forderung kann durch Gesetz oder Vertrag ausgeschlossen sein (OR 164/1/2).
Gesetzliche Beschränkungen der Abtretbarkeit finden sich beim Pachtvertrag, der Leihe, im Arbeitsvertrag, beim Rentenanspruch des AHVG sowie im Arbeitsvertrag ( OR 289, 306, 333/4, AHVG 20/1, 78/1). Lohnforderungen sind nur zur Sicherung familienrechtlicher Unterhalts- und Unterstützungspflichten abtretbar und auch dann nur soweit, als sie auch pfändbar sind (OR 325).
Mit der Zession geht die Forderung des Zedenten in das Vermögen den Zessionars über. Der Zedent ist nicht mehr Gläubiger, und kann seine Rechte nicht mehr ausüben.
Ist die Abtretungsmöglichkeit vertraglich ausgeschlossen worden und zediert der Gläubiger seine Forderung trotzdem an einen Dritten, ist dieser dann in seinem Erwerb der Forderung geschützt, wenn er sie im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat (OR 164/2).
Im nachfolgenden soll die Rechtslage zwischen den an der Zession beteiligten Personen etwas naher beleuchtet werden.
- Zedent - Schuldner
- Zessionar - Schuldner
- Zedent - Zessionar
Das Forderungsrecht des Zedenten (derjenige, der die Schuld abtritt) geht mit der Zession grundsätzlich unter. Der Schuldner kann jedoch dann noch mit befreiender Wirkung an den Zedenten leisten, wenn ihm die Zession nicht angezeigt worden und er gutgläubig ist (OR 167).
Ist die Frage streitig, wer an der Forderung berechtigt ist kann der Schuldner gegenüber allen, die behaupten, Gläubiger zu sein, die Zahlung verweigern und die geforderte Summe mit befreiender Wirkung beim Gericht hinterlegen (OR 168).
Im Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner gilt der Grundsatz, dass die Rechtsstellung des Schuldners durch die Zession nicht verschlechtert wird (oder werden darf). Ihm bleiben grundsätzlich alle Einreden erhalten, die er schon gegenüber dem Zedenten geltend machen konnte. So kann er auch gegenüber dem Zessionar den Bestand der Forderung etwa mit der Behauptung bestreiten, eine Forderung sei gar nicht entstanden (z.B. fehlende Handlungsfähigkeit), sie sei nicht klagbar (Spiel und Wette), sie sei wegen eines Willensmangels einseitig unverbindlich, oder sie sei verjährt.
Ihm bleiben auch die Einreden erhalten, die sich nicht gegen den Bestand der Forderung, sondern gegen den Zedenten richten, so etwa die Behauptung, er habe nicht gehörig erfüllt, oder die gelieferte Kaufsache sei mangelhaft. Ebenso bleiben ihm Einreden gegen den Zessionar, so etwa die Behauptung, die Zession sei ungültig.
Zwischen Zedent und Zessionar stellt sich regelmässig die Frage, wie weit der Zedent für Bestand und Einbringlichkeit der Forderung haftet, die er zediert. Dazu gelten folgende Regeln:
- Bei einer unentgeltlichen Zession haftet der Zedent weder für den Bestand der Forderung noch für die Zahlungsfähigkeit den Schuldners (OR 171/3).
- Bei einer entgeltlichen Zession haftet er für den Bestand der Forderung zum Zeitpunkt der Zession, nicht aber für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners.
Zweifelhafte und bestrittene Forderungen werden recht häufig mit einem namhaften Einschlag abgetreten.
§ 13 Der Untergang der Obligation
I . Untergang durch Erfüllung
Die nach Ort, Zeit und Gegenstand richtige Leistung des Schuldners heisst Erfüllung. Sie lässt die Obligation untergehen.
Wer erfüllt, hat Anspruch auf eine Quittung oder Anspruch auf die Rückgabe des Schuldscheines (OR 88).
II. Untergang durch Verrechnung (OR 120ff)
Die Verrechnung geschieht durch eine einseitige Erklärung des Verrechnenden. Ist die Verrechnungserklärung abgegeben worden, kann sie nicht einseitig rückgängig gemacht werden. Die Verrechnungsmöglichkeit ist an die vier nachfolgenden Voraussetzungen gebunden:
- Voraussetzungen
- Parteien
- Die Gleichartigkeit (OR 120):
- Fälligkeit (OR 120):
- Die Erzwingbarkeit:
- Wirkung
Mit einer Forderung kann nur eine Gegenforderung verrechnet werden, welche zwischen denselben Parteien besteht.
Forderung und Gegenforderung müssen gleichartig sein. Dies bedeutet faktisch eine Beschränkung der Verrechnungsmöglichkeit auf Geldforderungen. Es ist jedoch zulässig, eine wegen Verschiedenartigkeit nicht verrechenbare Forderung zunächst in Anwendung der OR 97 ff in eine Schadenersatzforderung umzuwandeln, um sie anschliessend zu verrechnen.
Als "Gegenforderung" wird immer die Forderung desjenigen bezeichnet, der die Verrechnungserklärung abgibt. Entgegen dem Wortlaut von OR 120 muss zwar die Gegenforderung (des Verrechnenden) fällig sein, nicht jedoch die Forderung, welche dadurch getilgt werden soll.
Grundsätzlich muss die Gegenforderung, welche zur Verrechnung gestellt wird, erzwingbar sein (d.h. es muss sich um eine vollkommene Obligation handeln). Eine wichtige Ausnahme besteht bei einer verjährten Gegenforderung. Diese kann auch dann verrechnet werden, wenn sie zu einem früheren Zeitpunkt der Forderung erzwingbar gegenüber gestanden hat.
Forderung und Gegenforderung gehen mit Abgabe der Verrechnungserklärung unter. Es ist zulässig, lediglich einen Teil einer Forderung oder einer Gegenforderung durch Verrechnung zu tilgen.
III. Untergang der Obligation ohne Befriedigung den Gläubigers
- Der Erlass (OR 115)
- Novation (Neuerung) (OR 116)
- Die Vereinigung von Forderung und Schuldpflicht (OR 118/1)
- Der Rücktritt vom Vertrag
Der Erlass ist ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner mit dem Inhalt, dass die zwischen diesen bestehende Forderung untergehen soll. Der Aufhebungsvertrag kann formfrei (zur Beweissicherung Schriftlichkeit empfehlenswert) begründet werden.
Häufig schliesst der sich in einer finanziellen Notlage befindliche Schuldner gleichzeitig mit mehreren Gläubigern Verträge ab, in welchem die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderung verzichten. Dieser Vorgang heisst Nachlassvertrag und wird in der Regel abgeschlossen, um einen drohenden Konkurs abzuwenden.
Mit der Novation lassen die Parteien eine alte Schuld untergehen und an ihre Stelle ein neues Schuldverhältnis treten. Dieses Vorgehen macht vor allem bei unübersichtlich gewordenen Verhältnissen Sinn, in welchen sich eine Vielzahl von bestrittenen und unsicheren Forderungen und Gegenforderungen gegenüberstehen.
Die Vereinigung von Forderung und Schuldpflicht lässt eine Forderung untergehen. Dies kommt etwa vor, wenn ein Gläubiger von seinem Schuldner beerbt wird oder bei einer Übernahme eines Geschäftes mit Aktiven und Passiven, wenn unter den Passiven Forderungen des Übernehmers enthalten sind.
Der Rücktritt vom Vertrag kann vertraglich vereinbart werden. Er bewirkt nicht eine nachträgliche Auflösung des Vertrages, sondern wirkt zurück auf den Zeitpunkt, in dem der Vertrag geschlossen worden ist (Vertrag ist nicht geschlossen worden, Rückforderung der bisher erbrachten Leistungen gemäss OR 62).
In verschiedenen Situationen gewährt das Gesetz einer Partei das Recht, durch Abgabe einer Erklärung vom Vertrag zurückzutreten.
Sie kennen dieses Rücktrittsrecht bei vertragswidrigem Verhalten einer Vertragspartei. Das Rücktrittsrecht wird in folgenden Situationen gewährt:
- Beim Gläubigerverzug, wenn nicht eine Sachleistung (sondern z.B. ein Tätigwerden) geschuldet ist (OR 95).
- Wenn eine Leistung nicht erbracht werden kann und die Ursache der Verhinderung der Erfüllung in der Person des Gläubigers liegt (OR 96). Das Rücktrittsrecht besteht auch dann, wenn kein Verschulden des Gläubigers vorliegt.
- Bei der schuldhaften Nichterfüllung von Verträgen (OR 107ff).
- Wenn im Mietvertrag bei Übergabe der Mietsache diese sich in einem Zustand befindet, die den vertragsmässigen Gebrauch ausschliesst oder in erheblicher Weise beeinträchtigt (OR 258).
- Im Werkvertrag, wenn der Unternehmer den ungefähr bestimmten Werklohn ohne Zutun des Bestellers unverhältnismässig überschreitet (OR 375).
- Die nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung (OR 119)
Wird in einem Vertrag eine Leistung versprochen, welche von allem Anfang an objektiv unmöglich ist, ist der entsprechende Vertrag nichtig (OR 20). Ist jedoch die versprochene Leistung anfänglich zwar möglich, wird sie aber nachträglich unmöglich aus einem Grund, den der Schuldner nicht zu verantworten hat, geht die Obligation unter.
Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Kaufsache wegen eines ausländischen Ausfuhrverbotes nicht importiert und dem Käufer deshalb nicht übertragen werden kann.
§ 13 Die Verjährung
Nach Ablauf der Verjährungsfrist wird die Obligation zur Naturalobligation. Alle Forderungen verjähren nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Eintritt der Fälligkeit. Diese sog. absolute Verjährungsfrist beträgt im Normalfall 10 Jahre (OR 127).
Eine 5jährige Verjährungsfrist besteht beispielsweise für alle periodischen Leistungen (OR 128).
Eine Anzahl von Spezialgesetzen sehen eine 2jährige Verjährungsfrist vor, so etwa das Versicherungsgesetz für die Ansprüche des Versicherten oder das Strassenverkehrsgesetz (46, 83 SVG).
Manche Normen sehen neben der absoluten Verjährungsfrist auch eine relative Verjährungsfrist vor. So beginnt die Verjährungsfrist bei der unerlaubten Handlung z.B. erst zu laufen, wenn der Geschädigte die Möglichkeit hat, seinen Anspruch geltend zu machen, d.h. wenn er z. B. den Umfang des Schadens und die Person des Schädigers kennt. Wird jedoch die Klage aus einer unerlaubten Handlung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, so gilt diese auch für den Zivilanspruch (OR 60/2).
Bei der ungerechtfertigten Bereicherung beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, wenn der Gläubiger von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat und die Person des ungerechtfertigt Bereicherten kennt (OR 67). Die Forderung verjährt aber auf jeden Fall nach Ablauf der 10jährigen Verjährungsfrist, auch wenn die relative Verjährungsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen hat.
Die Verjährung kann stillstehen mit der Wirkung, dass die Stillstandszeit bei der Berechnung der Verjährung nicht mitgezählt wird (OR 134).
Eine besondere Bedeutung kommt der Unterbrechung der Verjährung zu, weil jede unterbrechende Handlung bewirkt, dass die Verjährungsfrist von neuem zu laufen beginnt (OR 137/1). Jede Schuldanerkennung hat unterbrechende Wirkung. Die Unterbrechung kann aber auch durch eine einseitige Handlung des Gläubigers bewirkt werden, so mit der Betreibung des Schuldners und mit jeder gerichtlichen Handlung, die das Verfahren vorantreibt.
Generelle Übungsfragen
- In welche beiden Gruppen wird die Rechtsordnung unterteilt ?
In öffentliches Recht und Privatrecht. - Was regelt das öffentliche Recht?
- Was regelt das Privatrecht?
- Welches sind die wichtigsten privatrechtlichen Gesetze?
Zivilgesetzbuch (ZGB)
Das öffentliche Recht regelt die Beziehung zwischen dem hoheitlich handelnden Staat und dem Bürger.
Das Privatrecht regelt die Beziehungen der Bürger untereinander sowie zum Staat, sofern dieser wie ein Privater auftritt.
- Obligationenrecht (OR)
- Was enthält das ZGB?
1. Personenrecht - Was enthält das OR?
1. Allgemeine Bestimmungen für alle Obligationen - Wie werden Forderungen durchgesetzt?
- Was ist eine Naturalobligation?
- Im Jahre 1985 unterzog sich Frau Eitel beim berühmten Chirurgen Herrn Dr. Messerli einer Schönheitsoperation. Aus Versehen wird Frau Eitel keine Rechnung zugestellt. Da die Operation sehr gut gelingt, heiratet Herr Dr. Messerli Frau Eitel im Jahre 1989. Heute (im verflixten 7. Jahr) reicht Herr Dr. Messerli die Scheidungsklage ein und verlangt unter anderem die Bezahlung der ausstehenden Arztrechnung aus dem Jahre 1985. Frau Dr. Messerli-Eitel beruft sich auf die Verjährung. Wer ist im Recht? Begründung?
- Am 1. November 1996 haben Sie einen Kaufvertrag über ein Occasionsauto abgeschlossen, worin Sie sich verpflichtet haben, den Kaufpreis von Fr. 7'000.-- bis zum 31. Dezember 1996 zu bezahlen. Wann genau ist die Kaufpreisforderung des Autohändlers verjährt?
- Unterscheiden Sie das positive und das negative Vertragsinteresse
- Welches sind die Unterscheidungsmerkmale zwischen öffentlichem Recht und privatem Recht?
- Was ist eine Obligation im Rechtssinne?
- Welches sind die Entstehungsgründe einer Obligation und wo sind diese im Gesetz geregelt? (OR-Artikel angeben)
- Wie kommt ein Vertrag zustande?
- Wann ist eine natürliche Person handlungsfähig?
- Wer ist rechtsfähig?
- Ist in den nachfolgenden Fällen eine Obligation entstanden, falls ja, nennen Sie den jeweiligen Entstehungsgrund:
2. Familienrecht
3. Erbrecht
4. Sachenrecht
2. Die einzelnen Vertragsverhältnisse
3. Gesellschaftsrecht
4. Handelsregister-, Firmen- und Buchführungsrecht
5. Wertpapierrecht
Geldforderungen werden nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, andere Rechte nach den kantonalen Zivilprozessordnungen durchgesetzt.
- V. Vergesslich erhält vom Lehrer einen Taschenrechner zum Gebrauch für die Berechnung der Probeaufgaben?
- L. Läufer verletzt sich beim Joggen im Wald und muss zum Arzt?
- D. Dilemma erhält durch Postüberweisung von der Lottogesellschaft einen Betrag in der Höhe von Fr. 75'018.20. Weder sie selber noch irgendeine andere Person hat auf ihren Namen einen Lottozettel ausgefüllt.
- J. Jäger erschiesst auf der Jagd irrtümlicherweise die Kuh von Landwirt W. Wut.
- Ist in den folgenden Fällen ein Vertrag zustande gekommen? Wenn nein, wieso nicht?
- Herr Neureich schliesst mit Frau Protz einen schriftlichen Kaufvertrag über eine Attikaeigentumswohnung zum Preis von Fr. 300'000.--.
- Dieter Schurke verpflichtet sich, einen Auftrag zum Schmuggeln zu übernehmen.
- Der Schwergewichtsboxer stellt seinen Manager vor die Alternative, ihm eine höhere Gage zu bezahlen oder zusammengeschlagen zu werden. Der Manager unterschreibt den Vertrag.
- 20. Der Sohn des Industriellen Tom ist von einem Unbekannten entführt worden. Gegen Bezahlung von Fr. 50'000.-- wird er wieder wohlbehalten freigelassen. Kurze Zeit danach gelingt es der Polizei, den Täter zu überführen.
- Der Industrielle möchte nun wissen, ob er das bezahlte Geld vom Erpresser zurückverlangen können.
III. OR BT / Die einzelnen Vertragsverhältnisse
§ 1 Kaufvertrag
a) Einleitung
- Definition Kaufvertrag (OR 184): Übergabe des Kaufgegenstandes gegen Bezahlung des Kaufpreises.
- Der Kauf zerfällt in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft (Zusammenfallen beim Handkauf).
- Konsens ist gegeben bei Einigkeit über:
- Kaufgegenstand
- Preis
- Vertragsparteien
Ansonsten entsteht kein Kaufvertrag (Dissens).
b) Mögliche Kaufobjekte:
- körperliche Sachen
- Rechte: - absolute Rechte (Eigentumsrechte, Immaterialgüterrechte etc.)
- relative Rechte (Forderungskauf, vgl. auch Zession)
- sonstige geschützte Rechtsgüter (Rezepturen, Goodwill, Know-how, Kundschaft)
- Aktien (Kaufsobjekt bilden die in ihnen verkörperten Rechte, nicht das Unternehmen)
c) Stückkauf-Gattungskauf
- Stückkauf (konkreter Leistungsgegenstand) wird vom Gesetzgeber als Normalfall angesehen.
- Gattungskauf (Ware noch nicht ausgeschieden oder genau bestimmt) als Ausnahme.
- Pflichten des Käufers
- Rechtzeitige Bezahlung des Kaufpreises
- Annahme des Kaufgegenstandes (ansonsten Gläubigerverzug gemäss OR 91).
Der Verkäufer hat ein Rücktrittsrecht bei Ausbleiben der Bezahlung (OR 214). Der Kaufpreis kann zum voraus, Zug um Zug oder im nachhinein geschuldet sein:
- Vorauszahlung:
- Zug um Zug Zahlung (Barkauf):
- Zahlung im nachhinein (Kreditkauf, OR 214/3):
- Schadenersatzansprüche, wenn der Käufer seine Pflichten verletzt:
Rücktritt vom Vertrag möglich, sobald sich der Käufer mit der Preiszahlung in Verzug befindet. Der Rücktritt muss dem Käufer sofort nach Eintritt des Verzuges mitgeteilt werden, ansonsten muss der Verkäufer nach OR 107 (Nachfrist etc.) vorgehen.
Beim Barkauf besteht bei Verzug des Käufers ein sofortiges Rücktrittsrecht.
Keine Rücktrittsmöglichkeit des Verkäufers bei Verzug des Käufers (OR 214/3). Vorbehalten bleibt eine anderslautende Vereinbarung. Die Anmeldung eines Eigentumsvorbehaltes am Kaufgegenstand ist bei dieser Art von Kauf unbedingt zu empfehlen.
Begriffe:
- Schaden = Differenz zwischen dem heutigen Stand des Vermögens des Geschädigten und dem Stand, den das Vermögen des Geschädigten haben sollte. Diese Berechnung kann auf zwei Arten erfolgen:
- Berechnung nach dem negativen Vertragsinteresse: Das Vermögen des Geschädigten wird mit dem Vermögensstand verglichen, das vorhanden wäre, wenn nie Vertragsverhandlungen geführt oder ein Vertragsabschluss erfolgt wäre.
- Berechnung nach dem positiven Vertragsinteresse: Das Vermögen des Geschädigten wird mit dem Vermögensstand verglichen, das vorhanden wäre, wenn der Vertrag richtig erfüllt worden wäre.
Grundsatz: Im Kaufrecht wird vom negativen Vertragsinteresse ausgegangen.
Will der Verkäufer das positive Vertragsinteresse geltend machen, muss er nach OR 107 vorgehen. Im kaufmännischen Verkehr wird der Schaden jedoch ausdrücklich nach dem positiven Vertragsinteresse berechnet (OR 215).
- Pflichten des Verkäufers
- Sachverschaffungspflicht
- Rechtsverschaffungspflicht
- aber: keine Pflicht der Übergabe einer mängelfreien Ware (beim Grundtatbestand des Stückkaufes)
- Sachverschaffungspflicht:
- Rechtsverschaffungspflicht:
- Mängel der Kaufsache (Stückkauf)
- Eigentumsübergang im Kaufrecht
- Eigentumsvorbehalt:
- Veräusserung einer Kaufsache durch Nichtberechtigte (ZGB 933 ff):
Realakt durch Übergabe der Sache bzw. Übertragung von Warenpapieren am Erfüllungsort (OR 74), mit dem Willen Eigentum zu übertragen.
Neben der faktischen Sachbeherrschung muss auch das volle und absolute Eigentumsrecht an der Sache bestehen (unbeschwertes Eigentum).
Begründen keinen Tatbestand i.S. von OR 97ff (keine Nicht- oder Schlechterfüllung). Das richtige Stück wurde ja geliefert. In solchen Fällen greifen die kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln (OR 192 - 210).
Nichterfüllung der Sach- oder Rechtsverschaffungspflicht (vgl. oben a und b) führt aber zum normalen Vorgehen nach OR 97 ff und OR 107 ff. (keine Sondernormen im Kaufrecht).
Ist der Verkäufer im kaufmännischen Verkehr mit seiner Leistung im Verzug, so besteht die gesetzliche Vermutung, dass ohne gegenteilige Mitteilung auf nachträgliche Leistung verzichtet wird (OR 190).
Bei der Sachübergabe, d.h. bei Abwicklung des Verfügungsgeschäftes (sachenrechtlicher Vorgang: Übergabe der Sache mit Eigentumsübertragungswillen).
Wirkt formlos unter den Parteien, da es am Willen fehlt, die Sache zu übereignen. Zur Wirkung gegen Dritte bedarf es des Eintrages in das vom Betreibungsbeamten geführte öffentliche Register.
Grundsatz: Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selber hat. Kraft Gesetz (ZGB 933ff) geht das Eigentum trotzdem über, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Gutgläubigkeit des Erwerbers (933 ff. ZGB)
- Die Kaufsache muss dem Verkäufer anvertraut worden sein
- Gefahrtragung
- Grundsatz
Nutzen und Gefahr gehen grundsätzlich mit Abschluss des Kaufvertrages auf den Käufer über (OR 185/I). Ausnahme: Die Kaufsache ist noch nicht bestimmt oder ausgeschieden (Gattungskauf) oder an den Kaufvertrag wurde eine Suspensivbedingung geknüpft (OR 185/III).
Mit der Gefahr geht Nutzen an der Kaufsache parallel (OR 185/III). - Gewährleistung wegen Sachmängeln der Kaufsache (OR 197ff)
- Definition
Eintretenmüssen / Haften des Verkäufers, falls die Sache nicht bestimmte Eigenschaften (Mängelfreiheit) aufweist (Sachgewährleistung).
Generelle Grundsätze zur Sachgewährleistung:
- Verschuldensunabhängig und unabhängig von der Kenntnis des Verkäufers
- Grundsatz: Sachmängel stellen keine Leistungspflichtverletzungen dar (kein Tatbestand der Nicht- oder Schlechterfüllung, OR 97ff). Störungen sind bis zur Ablieferung der Kaufsache nach den Nichterfüllungsmechanismen (OR 97ff) zu behandeln, dagegen Fehler, die erst nach Ablieferung der Sache hervortreten, nach den Sonderregeln des Kaufrechts bezüglich Gewährleistung (OR 197ff) zu beurteilen (OR 192 - 210)
- Was einen Sachmangel darstellt, ergibt sich primär aus Vertrag (Wert, Zweck, Tauglichkeitsvoraussetzungen einer bestimmten Sache)
- Käufer muss Ware sobald als nach Empfang tunlich prüfen und dem Verkäufer allfällige Mängel mitteilen (OR 201, Mängelrüge)
- Käufer muss Mängel in jedem Fall sofort nach Entdeckung rügen
- Ausschluss der Gewährleistung
Gewährleistungsregeln stellen dispositives Recht dar und können durch Parteiabrede abgeändert werden (Freizeichnungsklauseln).
Ein Ausschluss der Gewährleistung liegt z.B. in folgenden Fällen vor:
- ausdrückliche oder konkludente Haftungswegbedingung (so gekauft wie gesehen, ohne Gewähr)
- Kenntnis der Mängel beim Käufer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (OR 200)
- Vorbehaltlose Entgegennahme der Sache in Kenntnis der Sachmängel (keine Prüfung der Kaufsache, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgang tunlich ist (OR 201)
Absicht bzw. Arglist des Verschweigens von Mängeln macht den Gewährleistungsausschluss ungültig.
- Begrenzung der Gewährleistung
- Garantieabrede
Mängelrüge kann nur innerhalb eines Jahres seit Ablieferung erhoben werden (OR 210/I). Später festgestellte Mängel können nicht mehr gerügt werden.
Umfasst meistens eine Modifikation des Gewährleistungsrechts, welches zum Vor- oder Nachteil des Käufers wirken kann.
Beispiele:
- Verzicht auf sofortige Rügepflicht
- Verlängerung der Gewährleistungspflicht (Garantie über 1 Jahr)
- Mängelbehebungsanspruch
- Ausschluss des Wandelungs-/Minderungsrechts zugunsten einer Mängelbehebung
- Absichtliche Täuschung
Wenn sich diese auf den fraglichen Mangel bezieht, schadet weder Unterlassen der Rügepflicht noch das Unterlassen sofortiger Rüge versteckter Mängel (OR 203/210/III).
- Es kommt 10-jährige Verjährungsfrist zum Tragen
- Verlangt wird aber etwas mehr als bloss "arglistiges Verschweigen"
- Rechte des Käufers beim Vorliegen von Sachmängeln (OR 205)
- Wandelung (Rückgängigmachen des Geschäfts)
- Minderung ( entsprechende Reduktion des Preises)
- Ersatz eines allfälligen weiteren Schadens
Der Käufer hat keinen Anspruch darauf, dass der Verkäufer die Mängel beseitigt. Besteht ein vertraglicher Mängelbehebungsanspruch (Garantieanspruch) und unterbleibt die Behebung, stellt dies einen Tatbestand der Nichterfüllung (OR 97ff) dar.
- Wandelung
Rückgängigmachung des Kaufs, insbesondere Rückgabe des Kaufgegenstandes und Rückerstattung des Kaufpreises (OR 208/209). Die Lösung ist dieselbe wie bei Rücktritt vom Vertrag gemäss OR 107/109. Der Käufer hat Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises samt Zins, Prozesskosten etc.
Der Verkäufer hat einen Anspruch auf Rückgabe der Sache samt Vergütung des bis anhin bezogenen Nutzens. Die Rückerstattung hat in jedem Fall Zug um Zug zu erfolgen (analog OR 82).
Eine Wandelung ist in folgenden Fällen ausgeschlossen:
- Bei Veränderung oder Veräusserung der Sache durch den Käufer, ebenso bei Untergang durch Verschulden des Käufers ( OR 207/III). Bei Untergang / Verschlechterung der Sache ohne Verschulden des Käufers bleibt die Möglichkeit der Wandelung bestehen
- Infolge Genehmigung der mangelhaften Sache (Gebrauch, keine Rüge)
- Der Wandelungsanspruch wird durch richterliches Ermessen gemildert (OR 205 II) Der Richter hat die Verhältnisse des Käufers und die Zumutbarkeit, die Sache zu behalten, zu berücksichtigen.
Die Wandelung wird durch Erklärung der wandelungsberechtigten Partei herbeigeführt (nicht durch Richter). Der Käufer kann von Wandelung auf Minderung zurückgehen (aber nicht umgekehrt).
- Minderung
- Schadenersatzansprüche im Kaufrecht
Ersatz des Minderwertes der Sache infolge des Mangels; wenn der Minderwert den Kaufpreis erreicht, erfolgt eine Wandelung (OR 205/III) und keine Minderung, d.h. Rückgabe der Sache. In der Praxis herrscht die Tendenz, den Minderungsanspruch in der Höhe allfälliger Reparaturkosten zu bestimmen.
Schadenersatzforderungen sind im Kaufrecht auf die Fälle der Rechtsmängelhaftung (vgl. nachstehend Ziffer 7) und Wandelung (OR 195/196, 208) beschränkt.
- Verschuldensunabhängiger Anspruch auf Ersatz "unmittelbaren Schadens"
- Bei Verschulden (das Nichtvorliegen eines Verschuldens muss durch den Verkäufer bewiesen werden, OR 208 III) ist Ersatz des "weiteren" Schadens geschuldet. Dabei bezieht sich das Verschulden auf die Tatsache des Vertragsschlusses trotz vorhandener Mängel (Verkäufer trifft im Hinblick auf den Vertragsschluss eine Sorgfaltspflicht in der Vergewisserung, dass keine Rechts- oder Sachmängel vorliegen).
- unmittelbarer Schaden (OR 208 II)
- Der unmittelbare Schaden ist durch das negative Interesse maximiert (OR 208/II)
- weiterer Schaden
- Als positives Interesse zu verstehen (OR 208/III)
- Gewährleistung wegen Rechtsmängel der Kaufsache ( OR 192ff)
Grundsätzlich muss der Verkäufer dem Käufer "unbeschwertes Eigentum" an der Kaufsache verschaffen (OR 192 - 196).
Voraussetzungen für eine Haftung:
- Käufer muss den Kaufgegenstand erhalten haben
- dem Käufer muss die Sache entzogen worden sein, oder ein Entzug muss wenigstens zu erwarten sein
- Rechtsmangel muss zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden haben
Wirkungen der Rechtsmängelhaftung:
- bei vollständiger Entwehrung: Aufhebung des Vertrages (OR 195)
- bei teilweiser Entwehrung: Schadenersatz, wenn nicht angenommen wird, dass der Vertrag unter solchen Umständen gar nicht geschlossen worden wäre (OR 196)
- Gattungskauf
- Grundsätzliches
Der Verkäufer schuldet nicht eine bestimmte (identifizierte) Ware, sondern eine Ware, die von den Parteien nach Gattung/Qualität bestimmt worden ist. Unterschiede zum Stückkauf zeigen sich wie folgt:
- Qualitäts-/Eigenschaftsmängel stellen Nichterfüllungstatbestand dar, gehören also zu den Verkäuferpflichten
- Übergang von Nutzen und Gefahr (OR 185)
- Pflicht des Verkäufers:
Grundsätzlich analog Stückkauf, wobei Qualitäts- und Quantitätsmängel als Tatbestand der Nichterfüllung gelten (OR 107)
- Auswahl der Stücke innerhalb der Gattung steht grundsätzlich dem Schuldner zu
- Die geschuldete Qualität wird in der Regel durch Vertrag bestimmt, ansonsten ist mindestens "mittlere Qualität" geschuldet (OR 71/II)
- Anspruch des Käufers:
Der Käufer kann wie folgt vorgehen:
- nach den kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen (Wandelung und Minderung)
- nach OR 97ff
- Anspruch auf Nachlieferung mängelfreier Ware (OR 206/I).
- begrenzter Gattungskauf:
Infolge der Besonderheit muss, obwohl eigentlich ein Gattungskauf vorliegt, eine Annäherung an den Stückkauf vorgenommen werden:
- Nachträgliche Unmöglichkeit (OR 119) wird möglich
- Sachmängel müssen unter Umständen analog dem Stückkauf behandelt werden.
- Viehkauf (OR 198):
- Haftungsbeschränkung (Sachgewährleistung nur, wenn bestimmte Eigenschaften schriftlich zugesichert worden sind oder bei absichtlicher Täuschung des Käufers).
- Erschwerung der Käuferstellung: Mängelrüge muss innert 9 Tagen ab Übergabe des Tieres erhoben worden sein, etc. (OR 202).
- Grundstückkauf:
- Definition des Begriffes Grundstück (vgl. ZGB 655):
- Liegenschaften
- dingliche Rechte
- etc.
- Formerfordernis (OR 216):
- Öffentliche Verurkundung aller objektiv und subjektiv wesentlichen Vertragspunkte (Kaufgegenstand, Kaufpreis, Rechtsgrund, wesentliche Nebenabreden, Vertretungsverhältnis)
- Bei Fehlen eines Elements, Ungültigkeit des Vertrages
- Form der öffentlichen Verurkundung gilt ebenfalls für: Vorverträge, Kaufrecht, Rückkaufsrecht (OR 216/II)
- Kaufrecht:
- Möglichkeit einer Vertragspartei durch einseitige Erklärung einen Kauf herbeizuführen
- Vormerkung in Grundbuch möglich.
- Vorkaufsrecht:
- Gibt dem Berechtigen kein unbedingtes Recht auf Erwerb, sondern das Recht, Eigentum zu erwerben, ist durch den Eintritt eines Vorkaufsfalles bedingt.
- Limitiertes Vorkaufsrecht: Preis im Vorkaufsvertrag fixiert.
- Nicht-limitiertes Vorkaufsrecht: Berechtigter bezahlt den Preis, den auch ein Dritter bezahlen würde
- Vorkaufsrecht kann im Grundbuch vorgemerkt werden
- Einfache Schriftform genügt für die Vereinbarung eines Vorkaufsrechtes (OR 216/III)
- Gewährleistung (OR 219):
- Sachmängelansprüche verjähren für Gebäude erst nach 5 Jahren (Beginn Fristenlauf mit Eigentumsübernahme OR 219/III)
- Prüfungs- und Rügepflicht gilt gemäss OR 201 auch für Grundstücke.
- Besondere Arten des Kaufes
- Kauf nach Muster (OR 222):
- Grundsatz: die Eigenschaften der zu liefernden Ware wird durch Hingabe eines Musters umschrieben
- Kauf nach Muster stellt immer einen Gattungskauf dar
- Akzept des Musters entspricht einer Zusicherung für Eigenschaften
- Vermutung der Musteridentität
- Kauf auf Probe (OR 223ff)
- Definition: Suspensiv bedingter Stückkauf, bei dem sich der Käufer die endgültige Entscheidung, ob er kaufen will oder nicht vorbehält.
- Einseitige Bindung des Verkäufers
- Wirksamkeit des Vertrages bei Genehmigung erst erst im Zeitpunkt des Akzeptes
- Gefahrübergang bei Genehmigung erst im Zeitpunkt des Akzeptes
- Abzahlungskauf (OR 226a -226m):
- Der Abzahlungskauf stellt einen Sonderfall des Kreditkaufes dar, bei dem die Bezahlung in Raten oder Teilzahlungen zu entrichten ist.
- Gültigkeitserfordernisse:
- Schriftlichkeit
- Aufnahme einer Anzahl von wesentlichen Punkten in den Vertragstext
- Erfordernis der Zustimmung des Ehegatten
- unabdingbares Rücktrittsrecht, das der Käufer innert 5 Tagen seit Erhalt eines beidseitig unterzeichneten Vertragsdoppels ausüben kann
- Pflicht zu einer Mindestanzahlung (z.Zt. ca. 30%) und Beschränkung der Vertragsdauer (Höchstvertragsdauer 24 Mt.)
- Recht des Käufers, die Kaufpreisrestanz jederzeit durch eine einmalige Zahlung zu tilgen
- Bei Verzug des Käufers darf dieser nicht durch weitergehende Verzugsfolgen belastet werden, der Verkäufer hat die Wahl zwischen Forderung des ausstehenden Betrages oder Rücktritt (OR 226 h/i)
- Richterliches Stundungsrecht für zahlungsfähigen und zahlungswilligen Schuldner der seinen Verpflichtungen vorübergehende nicht nachkommen kann (OR 226 k).
- Verzicht auf Wohnsitzgerichtsstand ist unzulässig.
- Verwandte Verträge
- Mietkaufvertrag: Miete wird in der Weise mit einem suspensivbedingten Kauf gekoppelt, dass das Eigentum mit der völligen Abbezahlung automatisch übergeht oder dem Mieter ein Kaufrecht an der Mietsache eingeräumt wird
- Leasing: Insbesondere Konsumgüterleasing führt vielfach zu einer Umgehung der Regelung über den Abzahlungsverkauf. Nicht aber das Finanzierungsleasing, da der Leasingnehmer hier Unternehmer ist und des Sozialschutzes nicht bedarf
Übungsfragen Kaufrecht
- Hans Händler, Bern, verkauft Sam Sammler, Zürich, einen Orientteppich. Die Parteien sind sich über den Preis von Fr. 40'000.-- einig, haben aber keine Abmachung über Erfüllungsort und Erfüllungszeit getroffen. Sam Sammler vertritt die Meinung, Hans Händler müsse den Teppich sofort nach Zürich bringen. Als sich dieser weigert, möchte Sam Sammler, welcher den Kauf sowieso bereut, vom Vertrag zurücktreten. Er beruft sich auf Dissens (keine gegenseitig übereinstimmende Willensäusserung) evtl. auf Irrtum. Wie beurteilen Sie die Rechtslage?
- Sie haben von einem privaten Händler einen Aston Martin für Fr. 50'000.-- gekauft. Vereinbart wurde Lieferung in ca. drei Tagen. Nach vier Tagen haben Sie das Auto noch nicht erhalten. Wie gehen Sie vor, wenn Sie
- Was ändert sich an der Rechtslage, wenn die vertragliche Vereinbarung lautete "Lieferung spätestens innert drei Tagen", da Sie - was dem Verkäufer bekannt war - am vierten Tag an einem Oldtimerrennen teilnehmen wollten?
- mahnen (in Verzug setzen) und Nachfrist ansetzen - nach Ablauf der Nachfrist Wahlrecht ausüben: am Vertrage festhalten und Schadenersatz (positives Interesse) fordern.
- mahnen (in Verzug setzen) und Nachfrist ansetzen - nach Ablauf der Nachfrist Wahlrecht ausüben: vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz (negatives Interesse) fordern.
- Fixgeschäft: Nachfristansetzung nicht nötig - Wahlrecht sofort ausüben.
- In einem Modekatalog des Versandhauses Kuno sieht Vreni ein elegantes Frühlingskleid zum Preis von Fr. 100.--. Da das Kleid ihr sehr gefällt, entschliesst sie sich, dasselbe zu bestellen. Zwei Wochen später wird das Kleid per Post geliefert. In der beigelegten Rechnung verlangt das Modehaus Kuno für das Kleid einen Betrag von Fr. 110.--. Als Vreni sich hierauf telefonisch beklagt, erklärt ihr die Sachbearbeiterin der Firma Kuno, es sei im Katalog ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sich das Versandhaus allfällige Preisänderungen vorbehalte. Vreni sei daher zur Bezahlung von Fr. 110.-- verpflichtet. Muss Vreni das Kleid des Versandhauses Kuno annehmen und bezahlen?
Modekatalog: Antrag zur Offertstellung durch Versand des Kataloges. Vreni stellt Offerte (Einigkeit über Kaufgegenstand und Vertragsparteien, nicht aber über Kaufpreis). Modehaus stellt Gegenofferte (mit neuem Preis). Vreni akzeptiert nicht (Dissens). Vreni muss das Kleid zurückschicken (keine Zusendung unbestellter Ware).
- Die Firma Cambrinus in Bern bietet am 1. Mai 1997 der Weinhandlung Bacchus in Thun 10'000 Liter Twanner zum Preis von Fr. 4.80 pro Liter an. In der Offerte verlangt die Cambrinus ausdrücklich einen schriftlichen Bescheid bis spätestens am 20. Mai 1997, 17.00 Uhr. Am 20. Mai 1997, 1600 Uhr bietet aber eine andere Weinhandlung in Biel der Cambrinus AG für die gleiche Menge Wein Fr. 4.90 je Liter.
- Kann die Cambrinus AG ihre Offerte an die Bacchus noch widerrufen?
- Am 20. Mai 1995, um 16.55 Uhr trifft ein Telegramm der Bacchus AG ein, in dem sie das Angebot annimmt. Die Cambrinus AG schliesst aber den Vertrag trotzdem mit der Weinhandlung in Biel ab. Die Cambrinus AG hatte lediglich 10'000 Liter Twanner am Lager. Welches sind die nächsten Schritte der Firma Bacchus?
- Wie wäre die Rechtslage zu beurteilen, wenn das Telegramm den Wortlaut hätte: "Nehme ihr Angebot an, zahle aber nur Fr. 4.70"?
- Nein
- Mahnung (in Verzug setzen) - Nachfrist ansetzen - Wahlrecht ausüben
- neue Offerte der Firma Bacchus
- Herr Springer schliesst mit Herrn Traber einen Kaufvertrag über das Rennpferd "Methusalem" zum Preise von Fr. 100'000.--. Die Parteien kommen überein, dass das Pferd erst nach Beendigung der Rennsaison in zirka zwei Monaten Herrn Traber übergeben werden soll.
- Wenige Tage nach Vertragsabschluss stirbt Methusalem unerwartet an einer Infektionskrankheit. Wie ist die Rechtslage?
- Wie wäre die Rechtslage, wenn das Pferd bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tot gewesen wäre, ohne dass es die Vertragsparteien gewusst hätten?
- Da Methusalem in der restlichen Rennsaison sehr erfolgreich ist, verdoppelt sich sein Marktpreis. Bei Übergabe des Pferdes an Herrn Traber verlangt Herr Springer nun Fr. 200'000.--. Kann er dies?
- Übergang von Nutzen und Gefahr bei Stückschuld in der Regel nach Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes (kein Fall von OR 119, vgl. Abs. 3).
- Nichtigkeit des Vertrages (ursprüngliche objektive Unmöglichkeit).
- Herr Widrig, Kaufmann, beabsichtigt, in der Gemeinde Wollerau ein Lebensmittelgeschäft zu eröffnen. Zu diesem Zweck kauft er von der Baugenossenschaft, welche an geschäftlich günstiger Lage Land besitzt, ein entsprechendes Grundstück. Der Kaufvertrag wird öffentlich beurkundet und die Handänderung im Grundbuch der Gemeinde Wollerau eingetragen. In der Folge stellt sich heraus, dass nach den Bauvorschriften der Gemeinde eine zweckmässige Überbauung des Grundstückes gar nicht möglich ist. Insbesondere wegen den vorgeschriebenen Bauabständen. Es könnte höchstens ein Kiosk erstellt werden. Herr Widrig will nun das Kaufgeschäft rückgängig machen. Die Baugenossenschaft hält aber am geschlossenen Kaufvertrag fest. Wie ist die Rechtslage zu beurteilen?
- Ein Bauer besichtigt bei einem Viehhändler verschiedene Kühe. Zwei Kühe, "Katharina" und "Nora", gefallen ihm besonders gut. Der Bauer will sich den Kauf aber noch überlegen. Am nächsten Morgen gibt er dem Viehhändler telefonisch Bescheid, dass er "Nora" kaufe. Er bekommt "Nora" geliefert; dies ist aber nicht die Kuh, die ihm so gut gefallen hatte. Er wollte "Katharina" kaufen. Wie kann der Bauer vorgehen?
- Herr Reich schliesst mit dem Kunsthändler Redlich einen mündlichen Kaufvertrag über ein Bild von Picasso zum Kaufpreis von Fr. 500'000.--, wobei Herr Reich den Kaufpreis sogleich bar bezahlt.
- Ist dieser Vertrag mündlich gültig?
- Wie wäre die Rechtslage, wenn das Bild von Picasso wenige Stunden vor Vertragsschluss durch einen Attentäter irreparabel zerstört worden wäre, ohne dass die Vertragsparteien dies gewusst hätten? Könnte Herr Reich sein Geld zurückverlangen, wenn ja, gestützt auf welchem Forderungsgrund. Wenn nein, wieso nicht?
- Wie wäre die Rechtslage, wenn sich zwei Jahre nach dem Vertragsabschluss und Übergabe des Bildes herausstellt, dass das Bild gefälscht ist, ohne dass die Parteien dies wussten? Kann Herr Reich diesfalls das Geld zurückverlangen? Begründung?
- Ja
- ursprünglich objektive Unmöglichkeit / ungerechtfertigte Bereicherung
- Klagen auf Gewährleistung wegen Mangel eines Kaufgegenstandes verjährt mit Ablauf eines Jahres nach Ablieferung an den Käufer - Willensmangel?
- Frau Bass hat in der Boutique Modissa ein Kleid ausgesucht und erklärt, sie nehme es. Sie liess es beiseite legen und versprach, es bald abzuholen. Bevor Frau Bass zurückkommt, sieht sie in einem anderen Kleidergeschäft ein Kleid, das ihr noch besser gefällt und sie kauft es. Da Frau Bass das Kleid bei der Boutique Modissa nicht abholt, verlangt die Inhaberin schriftlich die Bezahlung des Kaufpreises. Muss Frau Bass das Kleid der Boutique Modissa abnehmen und zahlen?
Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis zu bezahlen und den Kaufgegenstand sofort oder gemäss Vertragsbestimmungen anzunehmen, ansonsten Gläubigerverzug - im kaufmännischen Verkehr sofortiges Rücktrittsrecht des Verkäufers bei Verzug des Käufers. - Im Schaufenster der Firma Voegeli ist ein Armani-Anzug zum Preise von Fr. 138.-- ausgeschrieben. Thomas entschliesst sich, diesen Anzug zu kaufen. Im Laden erklärt man ihm, dass hier leider ein Irrtum vorliege. Der Anzug koste nämlich Fr. 831.--.
- Muss die Firma Voegeli diesen Anzug zum Preise von Fr. 138.-- verkaufen?
- Wie wäre die Rechtslage zu beurteilen, wenn auf einem Plakat stehen würde: Jeansanzüge zu ausserordentlich herabgesetzten Preisen (Mega-Sonderverkauf mit atemberaubenden Tiefstpreisen)?
- Auslage von Waren mit angeschriebenem Preis gilt in der Regel als Offerte. Hier liegt ein Erklärungsirrtum vor, der dem Käufer augenscheinlich sein muss.
- Offerte ist wahrscheinlich gültig, ansonsten wäre dem unlauteren Wettbewerb Tür und Tor geöffnet.
- Frau Nicole Müller kauft in einem Fachgeschäft ein Paar Schuhe für Fr. 180.--. Schon in der ersten Woche trennt sich die Sohle vom Leder. Sie geht ins Fachgeschäft zurück und verlangt eine Gratisreparatur. Der Verkäufer lehnt dies ab. Wer ist im Recht? Begründung?
- Hans kauft beim Garagisten Fuchs im Februar 1998 ein Occasionsauto für Fr. 4'500.--. Es wird kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen. Herr Fuchs versichert mehrmals, es handle sich um ein unfallfreies Auto. In Wirklichkeit hat das Auto aber schon einen Zusammenstoss hinter sich, weshalb sein effektiver Wert um Fr. 2'500.-- tiefer lag. Drei Wochen nach dem Kauf erleidet Hans einen Unfall. Er selbst bleibt unverletzt, das Auto hat Totalschaden. Die polizeiliche Untersuchung ergibt, dass der Unfall durch die durch einen früheren Unfall schadhaft gewordene Lenkung verursacht worden ist. Als Hans davon erfährt, erklärt er sich zur Herausgabe des Wracks bereit, fordert aber den Kaufpreis zurück. Wie ist die Rechtslage?
Vorgehen gemäss Wandelung (entsprechende Gesetzesbestimmungen genau beachten). - Das Restaurant "Chez Pierre" in Basel führt zur Zeit eine französische Woche durch. Ein Gast studiert die Menukarte und findet darauf unter anderem "Escalope de veau" mit Nudeln oder Rösti. Der Gast entscheidet sich für dieses Gericht und bestellt Escalope de veau mit Nudeln. Als ihm nach einiger Zeit Geschnetzeltes mit Rösti gebracht wird, macht er den Wirt darauf aufmerksam, dass er nicht Geschnetzeltes mit Rösti, sondern Kalbsschnitzel (Escalope de veau) mit Nudeln bestellt habe. Der Wirt erklärt ihm, dass er das Bestellte gebracht habe. Unter der Bezeichnung "Escalope de veau" verkaufe er immer Geschnetzeltes. Auch die Rösti sei bestellungskonform, nachdem es auf der Menukarte ausdrücklich heisse "mit Nudeln oder Rösti". Der Gast gibt sich damit nicht zufrieden.
- Wie beurteilen Sie die Rechtslage?
- Kann der Gast darauf bestehen, dass ihm Schnitzel mit Nudeln serviert werden?
- Kann der Wirt die Bezahlung des Geschnetzelten mit Rösti verlangen, wenn der Gast, ohne etwas zu essen, das Restaurant wieder verlässt?
- Wenn beide "Escalope de veau" meinen, darunter aber jeder etwas anderes versteht: Erklärungsirrtum. Hier aber eher Dissens über den Kaufgegenstand, da "Escalope de veau" mit Nudeln bestellt, aber mit Rösti geliefert wurde.
- Bei Dissens: Nein. Gast musste neu bestellen. Menukarte: Offerte (ev. mit Zusatz: solange Vorrat).
- Nein, da keine Obligation zustande gekommen.
- Herr Boldi Trink kauft von der Firma "Invinoveritas AG" 3 Kartons "Chateau Migraine" a 12 Flaschen für Fr. 15.-- pro Flasche. Heute trifft die Lieferung bei ihm ein. Er öffnet sofort eine Flasche, um den Wein zu kosten. Nachdem ersten Schluck stellt er fest, dass der Wein nach Zapfen schmeckt. Er öffnet die nächste, trinkt wieder nur einen Schluck und macht die gleiche Feststellung usw. Bei der 13. Flasche hat er genug. Er will diesen Wein nicht behalten. Handeln Sie für ihn!
Eine Stückschuld ist dort zu begleichen, wo sich die Sache bei Vertragsabschluss befindet. Erfüllung kann sofort gefordert werden, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Über die essentialia negotii (Kaufpreis, Kaufgegenstand, Vertragsparteien) herrschte bei Vertragsabschluss Konsens (vgl. OR 2). Kein wesentlicher Irrtum im Sinne von OR 23ff.
a) den Oldtimer unbedingt möchten?
b) zwischenzeitlich von dritter Seite her ein günstigeres Angebot erhalten haben?
Nein (Vertrag mit Kaufpreis Fr. 100'000.-- ist gültig zustande gekommen.
Fahrlässiger Grundlagenirrtum - Ersatz des erwachsenen, ev. des weiteren Schadens
Erklärungsirrtum
Ohne Garantievertrag ist nur Wandelung oder Minderung möglich.
Wandelung
§ 2 Schenkung
- Definition:
- Vertrag, mit dem der Schenkende dem Beschenkten eine unentgeltliche Leistung zusichert.
- Handschenkung, wenn die Leistung bei Vertragsschluss erbracht wird.
- Schenkungsversprechen, wenn Leistung erst später vorgesehen ist.
- Schenkungsgegenstände: - Sachschenkung
- unentgeltliche Abtretung einer Forderung
- abstraktes Schuldversprechen
- Schulderlass; eigentliche Schuldübernahme etc.
Schenkung kann sich mit anderen Vertragstypen überlagern: hier bestehen die Vorschriften zur Schenkung parallel zu den anderen Normen (insbes. die Formvorschriften sind einzuhalten).
- Gültigkeitsvoraussetzungen:
- Konsens: setzt Zustimmung des Beschenkten voraus
- Handlungsfähigkeit des Schenkers (auf Seiten des Beschenkten genügt Urteilsfähigkeit, wenn die Schenkung nicht an eine Auflage geknüpft ist)
- Formvorschriften:
- Erfordernis der einfachen Schriftlichkeit beim Schenkungsversprechen (OR 243).
- öffentliche Beurkundung bei der Schenkung von Grundstücken (OR 241/I).
- Unentgeltlichkeit:
- Schenkung unter einer Bedingung oder Auflage wird solange noch als Schenkung behandelt, als die Leistung des Beschenkten nicht gleichwertig zur Schenkung erscheint.
- Die Unentgeltlichkeit fehlt dagegen dort, wo bereits vor der Vereinbarung ein rechtserheblicher Anlass zur fraglichen Leistung besteht. Beispiele:
- Bestehen einer Naturalobligation
- Bestehen einer sittlichen Pflicht
- Auflage:
- Begründet eine Obliegenheit des Beschenkten (Erfüllungspflicht) i.d.R. erst nach dem Schenkungsvollzug.
- Der Schenker hat Anspruch auf Erfüllung der Auflage, ansonsten besteht ein Rücktrittsrecht
- gemischte Schenkung:
- Mischung entgeltlicher und unentgeltlicher Elemente im gleichen Vertrag
- Entscheidend ist, ob die Gegenleistung eine selbständige wirtschaftliche Bedeutung hat, oder ob es sich nur um einen symbolischen Preis handelt. Letzterenfalls kann auf Formerfordernisse der Schenkung nicht verzichtet werden, dafür unterliegt der Verkäufer auch bloss der schwächeren schenkungsrechtlichen Haftung.
- Pflichten des Schenkenden:
- Erfüllung des Schenkungsversprechens.
- Gewährleistung beschränkt sich auf ausdrücklich versprochene Eigenschaften (OR 248/II).
- Haftung für grobfahrlässig oder vorsätzlich verursachten Schaden (OR 248/I), der dem Beschenkten (aus der Schenkung erwachsen ist).
- Rückfall der Schenkung:
- Kraft vertraglicher Vereinbarung einer Resolutivbedingung
- Kraft Widerrufsmöglichkeit: Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Schenker die Schenkung widerrufen und das bereits Geschenkte zurückfordern (OR 249):
- Schwere Verfehlung gegen Schenker oder Angehörigen.
- Nichterfüllung von Auflagen.
- Geltendmachung: Durch formfreie Erklärung des Schenkers, befristet auf 1 Jahr ab Kenntnis des Widerrufgrundes (OR 251)
- Die Schenkung unterliegt, falls 6 Monate vor Konkurseröffnung oder Pfändung vollzogen, der betreibungsrechtlichen Anfechtung, Schenkungspauliana (SchKG 286)
- Schenkung auf den Todesfall:
- Definition: Schenkungsvertrag, der an die aufschiebende Bedingung des Todes des Schenkers geknüpft ist. Eine solche Schenkung ist den Vorschriften über die Verfügungen von Todes unterstellt (OR 245/II). Somit müssen die Formerfordernisse einer der folgenden erbrechtlichen Verfügungsarten erfüllt sein:
- Testament
- Erbvertrag
§ 3 Miete
- Definition
- Vertrag zur entgeltlichen Überlassung einer (beweglichen oder unbeweglichen) Sache zum Gebrauch auf Zeit.
- Der Mietvertrag kann nach Gesetz formlos abgeschlossen werden, doch ist Schriftlichkeit bei wichtigeren Mietverträgen aus Beweis- und Sicherheitsgründen üblich
- Abgrenzung:
- gegenüber Pacht: Überlassung zum Gebrauch und zur Nutzung
- gegenüber Gebrauchsleihe: Unentgeltlichkeit
- unabdingbare Vertragsbestandteile:
- Bestimmung der Mietsache
- Einigkeit über die Entgeltlichkeit der Überlassung des Objektes
- entbehrlich ist dagegen die Bestimmung der Mietdauer und die Bestimmung des Mietpreises (Höhe des Mietzinses muss nicht bestimmt sein. Vereinbarung eines variable / erfolgsabhängigen Mietzinses ist möglich).
2. Pflichten und Rechte des Mieters
- Er muss den Mietgegenstand sorgfältig gebrauchen; andernfalls hat er den Schaden zu ersetzen. Er haftet nicht für normale Abnützung.
- Vor dem Mietantritt hat der Mieter den Mietgegenstand genau zu prüfen und allenfalls eine Mängelliste zu erstellen und sie von den Vertragsparteien unterschreiben zu lassen.
- Fristgerechte Bezahlung des vereinbarten Mietzinses. Bei Streitigkeiten über Mängel der Mietsache kann der Mieter den Mietzins hinterlegen, um damit die Beseitigung der Mängel in der Wohnung oder in den Geschäftsräumen durchzusetzen.
- Kleinere Reparaturen sind vom Mieter zu bezahlen, sofern der Mietvertrag nichts anderes vorsieht. Grössere Mängel, die nicht vom Mieter zu beseitigen sind, müssen dem Vermieter gemeldet werden.
- Der Mieter darf die gemietete Sache ganz oder teilweise weitervermieten. Die Untermiete ist somit grundsätzlich erlaubt; der Vermieter kann seine Zustimmung nur in Ausnahmefällen verweigern (z. B. bei Bereicherung des Mieters, bei erheblichen Nachteilen für den Vermieter).
- Wer eine Wohnung oder einen Geschäftsraum ausserterminlich kündigt, haftet bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist für den Mietzins. Damit man vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen wird, kann man dem Vermieter mindestens einen Ersatzmieter vorschlagen, der aber zahlungsfähig und zumutbar sein muss.
3. Pflichten und Rechte des Vermieters
- Der Vermieter muss den Mietgegenstand in gebrauchsfähigem Zustand übergeben und während der Mietdauer unterhalten. Dafür erhält er den vereinbarten Mietzins. Bei grösseren Mängeln kann der Mieter verlangen, dass der Vermieter für Abhilfe sorgt. Andernfalls kann der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen den Mietvertrag fristlos kündigen, die Mängel auf Kosten des Vermieters beseitigen lassen oder eine Mietzinsreduktion sowie Schadensersatz verlangen. Der Mieter kann den Mietzins unter bestimmten Voraussetzungen auch auf einem Sperrkonto hinterlegen.
- Wenn der Mieter mit der Zahlung des Mietzinses im Rückstand ist, kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist ansetzen (mindestens 10 Tage bei beweglichen Sachen, mindestens 30 Tage bei Wohnungen und Geschäftsräumen) mit der Androhung, bei Nichtzahlung den Mietvertrag kurzfristig zu kündigen (30 Tage auf Monatsende). Der Vermieter von Geschäftsräumen besitzt zudem für einen verfallenen Jahresmietzins und den laufenden Halbjahreszins ein gesetzliches Retentions- oder Zurückbehaltungsrecht an den pfändbaren beweglichen Sachen des Mieters in den gemieteten Räumen. Zur Sicherung seiner Mietzinsansprüche kann der Vermieter ein Mietzinsdepot (Kaution) von höchstens drei Monatsmietzinsen verlangen.
- Auf Verlangen muss der Vermieter dem neuen Mieter bekanntgeben, wie hoch der Mietzins des Vormieters war.
- Mietzinserhöhungen sowie Kündigungen durch den Vermieter haben bei Wohnungen und Geschäftsräumen auf einem speziellen, vom Kanton genehmigten Formular zu erfolgen, ansonsten sie nichtig (ungültig, unwirksam) sind.
4. Dauer des Mietverhältnisses
Der Mietvertrag kann abgeschlossen werden
- Für eine bestimmte Dauer: In diesem Fall endet das befristete Mietverhältnis automatisch mit Ablauf der vereinbarten Mietdauer. Setzen die Parteien das Mietverhältnis stillschweigend fort, so gilt es als unbefristetes Mietverhältnis.
- Für eine unbestimmte Zeit: Ein solches unbefristetes Mietverhältnis endet immer durch eine Kündigung.
- Aus wichtigen Gründen (z. B. Unzumutbarkeit, Konkurs des Mieters) kann das Mietverhältnis jederzeit fristlos bzw. kurzfristig aufgelöst werden.
5. Kündigungsschutzbestimmungen
Die Kündigung ist nichtig, wenn Formfehler vorliegen
- Die Kündigung ist anfechtbar, wenn sie gegen Treu und Glauben verstösst und somit missbräuchlich ist. Will der Mieter die Kündigung anfechten, so hat er innert 30 Tagen nach Empfang der Kündigung ein entsprechendes Begehren bei der Schlichtungsstelle einzureichen.
- Die Kündigung kann aufgeschoben und das Mietverhältnis erstreckt (verlängert) werden. Dies ist möglich, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine Härte darstellt, die durch die Interessen des Vermieters (z. B. dringender Eigenbedarf) nicht zu rechtfertigen ist.
6. Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen
- Der Vermieter muss die Mietzinserhöhung mindestens 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen und begründen. Der Mieter kann gegen eine Mietzinserhöhung bei der Schlichtungsbehörde binnen 30 Tagen Einsprache erheben und den Mietzins anfechten.
Übungsfragen Mietrecht
1. Welches sind die Hauptpflichten des Mieters?
Bezahlung des Mietzinses / sorgfältiger Gebrauch der Mietsache
2. Welches sind die Hauptpflichten des Vermieters?
(Termingerechte) Übergabe und Erhaltung der Mietsache in einem tauglichen Zustand
3. Welche Form schreibt das Gesetz für den Abschluss von einem Mietvertrag vor?
Keine
4. Was ist ein Koppelungsgeschäft?
Um den Mietvertrag abschliessen zu können, müsste der Mieter gegenüber dem Vermieter oder einem Dritten eine Verpflichtung übernehmen, die nicht unmittelbar mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängt.
5. Was sind die Konsequenzen eines verbotenen Koppelungsgeschäftes für den gekoppelten Vertrag und für den Mietvertrag?
Das Koppelungsgeschäft ist nichtig, der Mietvertrag gültig
6. Was kann der Mieter tun, wenn am Einzugstermin die Wohnung nicht frei ist?
Nachfrist ansetzen (ev. Fixgeschäft), Wahlrecht ausüben / Schadenersatz
7. Ist ein Antrittsprotokoll / Übergabeprotokoll obligatorisch?
nein
8. Wie lange können Mängel der Wohnung bei Antritt derselben noch geltend gemacht werden?
Übliche Mängelrügefrist für offene und versteckte Mängel
9. Wer hat kleine Mängel während der Vertragsdauer zu tragen?
Mieter (bis ca. Fr. 100.-- )
10. Wann liegt ein schwerer Mangel vor?
Wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vorausgesetzten Gebrauch erheblich geschmälert oder sogar ausgeschlossen ist.
11. Welches Recht steht dem Mieter bei einem schweren Mangel der Mietsache bei Antritt des Mietverhältnisses zusätzlich zu?
Der Mieter kann bei Mietbeginn vom Vertrag zurücktreten.
12. Welche Rechte hat der Mieter bei mittleren und schweren Mängeln während der Mietdauer?
Mangelbeseitigung / Herabsetzung des Mietzinses / Schadenersatz / Ersatzvornahme
13. Hat der Mieter ein Einsichtsrecht in das Rückgabeprotokoll des Vormieters?
ja
14. Darf der Vermieter die Aufnahme des pflegebedürftigen Vaters verbieten?
Nein, falls nichts Gegenteiliges aus dem vereinbarten Zweck hervorgeht.
15. Darf der Vermieter die Untermiete verbieten?
Grundsätzlich ist die Untermiete erlaubt. Der Vermieter darf jedoch seine Zustimmung zur Untermiete verweigern, wenn
- Der Mieter sich weigert, die Bedingungen der Untermiete bekannt zu geben
- Wenn die Bedingungen der Untermiete im Vergleich mit denjenigen der Miete missbräuchlich sind
- Wenn dem Vermieter aus der Untermiete wesentliche Nachteile entstehen
16. Bedarf es der Information des Vermieters über eine Untervermietung?
Ja
17. Darf der Vermieter ein Depot verlangen?
Ja, aber höchstens drei Monatsmieten bei Wohnräumen
18. Wie hoch darf das Depot bei Geschäftsräumen maximal sein?
Keine Beschränkung
19. Welche zwingenden Regeln sind bezüglich der Hinterlegung des Mietzinsdepot zu beachten?
- Konto muss auf den Namen des Mieters lauten
- Höchsten drei Monatsmieten bei Miete von Wohnräumen
20. Wann muss die Bank dem Mieter das Depot auf dessen alleiniges Verlangen herausgeben?
- Wenn er über ein rechtskräftiges Urteil oder einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl verfügt, wonach der Vermieter zur Freigabe der Kaution verpflichtet ist
- Der Vermieter seine Zustimmung erteilt hat
- Der Vermieter nicht innerhalb eines Jahres seit der Beendigung des Mietverhältnisses einen Anspruch gegenüber dem Mieter rechtlich geltend macht
21. Was kann der Vermieter unternehmen, wenn der fällige Mietzins nicht oder nicht in voller Höhe bezahlt wurde?
Schriftlich neue Zahlungsfrist ansetzen, mit der Androhung, dass bei unbenutztem Ablauf der Zahlungsfrist das Mietverhältnis gekündigt werde.
22. Darf der Mieter bei klaren Mängeln ohne Zustimmung des Vermieters den Mietzins herabsetzen?
Nein
23. Darf der Mieter bei klaren Mängeln ohne Zustimmung des Vermieters den Mietzins hinterlegen?
Der Mieter einer unbeweglichen Sache: ja
24. Ist Schadenersatz durch den Vermieter für Schäden, welche durch einen Mangel der Mietsache verursacht wurden, in jedem Falle geschuldet?
Nein, nur wenn der Vermieter nicht beweisen kann, dass ihn kein Verschulden trifft.
25. Wann darf ein Mieter einen Mangel auf Kosten des Vermieters beheben lassen?
Wenn der Vermieter den Mangel kennt und ihn nicht innert angemessener Frist beseitigt.
26. Darf der Vermieter die vermieteten Räume jederzeit betreten?
Der Mieter muss dem Vermieter den Zutritt zum Mietobjekt zur Vornahme von Unterhaltsarbeiten gestatten. Ebenfalls besteht ein Besichtigungsrecht soweit dies für einen Verkauf der Liegenschaft oder die Wiedervermietung nötig ist. Der Vermieter muss seinen Besuch jedoch rechtzeitig ankündigen. Verweigert der Mieter dem Vermieter den Zutritt zu Unrecht, so kann der Mieter schadenersatzpflichtig werden.
27. Darf der Vermieter die vermieteten Räume unter Voranmeldung von 14 Tagen immer betreten?
Eine gesetzliche Frist besteht nicht. Der Vermieter muss –ausser in dringenden Fällen- seinen Besuch rechtzeitig ankündigen. Er muss deshalb mit dem Mieter Kontakt aufnehmen und einen Termin vereinbaren.
28. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit dem Vermieter ein Betretungsrecht der vermieteten Räume zusteht?
Für Erneuerungsarbeiten:
- Ungekündigtes Mietverhältnis
- Zumutbar
Für Wiedervermietung:
- Nach erfolgter Kündigung
- Wenn bei einem befristeten Mietverhältnis der Ablauf bevorsteht
29. Unter welchen Voraussetzungen darf der Vermieter eine Wohnung renovieren?
Für Erneuerungsarbeiten:
- Ungekündigtes Mietverhältnis
- Zumutbar
30. Was versteht man unter einer Wohnung der Familie?
Die von einem Ehepaar bewohnten Räumlichkeiten (unter Einschluss der Nebenräume), die ihm als Heim dienen. Keine Familienwohnungen sind somit:
- Ferienwohnungen
- Zweitwohnungen
31. Ist ein kinderloses Ehepaar eine Familie im Sinne des Mietrechtes?
Ja (Ehepaar)
32. Ist ein Konkubinatspaar mit Kindern eine Familie im Sinne des Mietrechtes?
Nein
33. Welche Konsequenzen auf den Mietvertrag hat der Tod des Vermieters?
keine
34. Welche Konsequenzen auf den Mietvertrag hat der Tod des Mieters?
Die Erben können mit Einhaltung der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen.
35. Welche Konsequenzen auf den Mietvertrag hat der Verkauf der Liegenschaft?
Bei einer Eigentumsübertragung der Mietsache gehen von Gesetzes wegen sämtliche Rechte und Pflichten auf den Erwerber über.
36. Wann ist der Mietzins geschuldet, wenn keine vertragliche Regelung darüber getroffen wurde?
Der Mieter muss den Mietzins uns allenfalls die Nebenkosten am Ende jedes Monats, spätestens aber am Ende der Mietzeit bezahlen, falls kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist.
37. Was versteht man unter der Sorgfaltspflicht des Mieters?
Der Mieter hat das Mietobjekt mit der gebotenen Sorgfalt zu gebrauchen. Er darf sie weder beschädigen, noch ohne Zustimmung des Vermieters verändern. Er muss dafür sorgen, dass keine vermeidbaren Schäden eintreten, wenn er die Sache nicht gebraucht.
38. Was versteht man unter der Pflicht zur Rücksichtnahme des Mieters?
Er hat auf andere Hausgenossen angemessene Rücksicht zu nehmen und ihr Privatleben und ihr Ruhebedürfnis zu respektieren. Er muss die Weisungen gemäss Hausordnung beachten.
39. Was kann der Vermieter gegen einen Mieter unternehmen, welcher seine Pflicht zur Sorgfalt oder Rücksichtnahme verletzt? Vorgehensschritte?
Eine vorzeitige Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn:
- Eine (schwerwiegende) Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt
- Der Mieter vorgängig schriftlich ermahnt worden ist
- Die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zumutbar ist
40. Kann der Mieter vom Vermieter verlangen, dass ihm der Mietzins des Vormieters mitgeteilt wird?
Ja
41. Wie muss der Mieter vorgehen, wenn er einen Teil des Mietzinses hinterlegt und diese Hinterlegung auch sichern will? Unter welchen Voraussetzungen erhält der Vermieter den hinterlegten Mietzins zurück?
- Die Mietsache muss einen Mangel aufweisen
- Der Mieter muss vom Vermieter die Beseitigung des Mangels verlangt und ihm dazu schriftlich eine angemessene Nachfrist gesetzt haben
- Er hat zudem angedroht, dass er bei unbenutztem Ablauf der Nachfrist die künftig fälligen Mietzinse bei einer vom Kanton bezeichneten Stelle hinterlegen werde.
42. Was ist ein Ersatzmieter?
Ein Mieter, der bereit ist, den Mietvertrag des Vormieters zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen und weiterzuführen.
43. Was heisst "empfangsbedürftig"?
Eine Mitteilung entfaltet ihre Wirkung erst, wenn sie beim Empfänger eingetroffen ist, d.h. wenn sie in dessen Machtbereich übergegangen ist (z.B. Briefkasten, Postfach)
44. Wie lange ist die gesetzlich Kündigungsfrist für unbewegliche Sachen?
Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wo es keinen Ortsgebrauch gibt, auf das Ende einer sechsmonatigen Mietdauer.
45. Wie lange ist die gesetzliche Kündigungsfrist für Wohnungen?
Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wo es keinen Ortsgebrauch gibt, auf das Ende einer dreimonatigen Mietdauer.
46. Wie lange ist die gesetzliche Kündigungsfrist für Geschäftsräume?
Frist von sechs Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wo es keinen Ortsgebrauch gibt, auf das Ende einer dreimonatigen Mietdauer.
47. Wie lange ist die gesetzliche Kündigungsfrist für möblierte Zimmer und Einstellplätze?
Frist von zwei Wochen auf das Ende eine einmonatigen Mietdauer.
48. Wie lange ist die gesetzliche Kündigungsfrist für bewegliche Sachen?
Frist von drei Tagen auf einen beliebigen Zeitpunkt.
49. Handelt es sich bei diesen Kündigungsfristen um absolut zwingende, relativ zwingende oder dispositive Normen?
Dispositive Normen
50. Unter welchen Voraussetzungen steht dem Vermieter ein Retentionsrecht zu?
- Vermieter von Geschäftsräumlichkeiten
- Es müssen sich bewegliche Sachen des Mieters im Mietobjekt befinden
- Diese Sachen müssen in einer direkten Beziehung zum Mietobjekt stehen
- Verfallener Mietzins
51. Wer führt die Retention durch und welche Bedeutung hat sie?
- Betreibungsamt
- Der Vermieter begründet ein Pfandrecht an den Gegenständen
52. In welcher Form muss der Vermieter von Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten kündigen?
Bei Wohn- und Geschäftsräumen schriftlich auf einem Formular, das vom Kanton genehmigt ist und angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will.
53. Was ist die Konsequenz, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Form vom Vermieter nicht eingehalten wurde?
Die Kündigung ist nichtig.
54. In welcher Form muss der Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen kündigen?
Schriftlich
55. Was ist die Konsequenz, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Form vom Mieter nicht eingehalten wurde?
Die Kündigung ist nichtig.
56. Was hat der Vermieter bei einer Familienwohnung zusätzlich zu beachten?
Die Kündigung durch den Vermieter und die Ansetzung einer Zahlungsfrist mit Kündigungsandrohung sind dem Mieter und seinem Ehegatten separat zuzustellen.
57. Was haben die Mieter bei einer Familienwohnung zusätzlich zu beachten?
Ein Ehegatte kann den Mietvertrag nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des anderen kündigen.
58. Was versteht man unter Kündigung aus wichtigem Grund?
Wichtige Gründe sind aussergewöhnliche, bei Vertragsschluss unbekannte und nicht voraussehbare Umstände, die die Fortsetzung des Mietvertrages untragbar machen. Die Umstände müssen schwerwiegend sein (ernste Krankheit, Erben sind nicht in der Lage, das Geschäft weiterzuführen etc.).
59. Welchen Einfluss hat der wichtige Grund auf die Kündigungsfristen?
Liegen wichtige Gründe vor, so können die Parteien das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist auf jeden beliebigen Zeitpunkt kündigen. Ev.: Schadenersatz geschuldet.
60. Welches sind im Kanton Zürich die zwei ortsüblichen Kündigungstermine?
31. März und 30. September
61. Für welche Mängel der Mietsache hat der Mieter bei Rückgabe derselben aufzukommen?
Der Mieter haftet für:
- Leichte Mängel, welche während der Mietdauer entstanden sind
- Mängel in grösserem Umfange, die auf eine ausserordentliche Abnutzung zurückzuführen sind
- Änderungen oder Erneuerungen, die er ohne Zustimmung des Vermieters an der Sache vorgenommen hat.
62. Wie muss eine Mietzinserhöhung oder eine andere einseitige Änderung des Mietvertrages durch den Vermieter mitgeteilt werden?
Der Vermieter muss die Mietzinserhöhung etc. mindestens 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen und begründen (Achtung: Datum der effektiven Zustellung gilt).
63. Wo und innert welcher Frist kann der Mieter eine Mietzinserhöhung anfechten?
- Innert 30 Tagen nach Mitteilung bei der Schlichtungsbehörde.
64. Was kostet das Verfahren der Mietzinsanfechtung?
Verfahren vor Schlichtungsbehörde ist kostenlos.
65. Hat der Mieter bei einer Senkung der Hypothekarzinse einen Anspruch auf eine Mietzinssenkung?
ja
66. Muss der Vermieter von sich aus den Mietzins senken, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind?
nein
67. Wie muss der Mieter vorgehen, wenn er glaubt, ihm stünde eine Mietzinssenkung zu?
- Herabsetzungsbegehren an den Vermieter stellen
- Vermieter muss innerhalb von 30 Tagen Stellung nehmen
- Nimmt der Vermieter keine Stellung oder lehnt er die Senkung des Mietzinses ab, so kann der Mieter innert 30 Tagen die Schlichtungsbehörde anrufen.
68. Wann ist eine Kündigung missbräuchlich?
Die Kündigung ist insbesondere dann missbräuchlich und somit anfechtbar, wenn sie ausgesprochen wird, weil:
- der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend macht
- weil der Vermieter einseitige Vertragsänderungen zulasten des Mieters durchsetzen will
- um den Mieter zum Erwerb der Liegenschaft zu veranlassen
- während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, ausser wenn der Mieter dieses Verfahren missbräuchlich eingeleitet hat
- vor Ablauf von 3 Jahren nach Abschluss eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtung- oder Gerichtsverfahrens, in dem der Vermieter
- zu einem erheblichen Teil unterlegen ist
- seine Forderung zurückgezogen hat
- auf die Anrufung des Richters verzichtet hat
- einen Vergleich geschlossen hat.
69. Was sind die Konsequenzen einer missbräuchlichen Kündigung im Mietrecht?
Die Kündigung ist anfechtbar.
70. Was sind die Konsequenzen einer nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form mitgeteilten Kündigung?
Die Kündigung ist nichtig.
71. Was sind die Konsequenzen, wenn eine Kündigung die Kündigungsfrist oder den Termin nicht einhält?
Halten die Parteien die Frist oder den Kündigungstermin nicht ein, so gilt die Kündigung für den nächstmöglichen Termin.
72. Wie muss der Mieter bei einer missbräuchlichen Kündigung vorgehen?
Einreichung eines Anfechtungsbegehrens innert 30 Tagen ab Erhalt der Kündigung bei der Schlichtungsbehörde.
73. Was kann ein Mieter noch unternehmen, wenn feststeht, dass eine Kündigung rechtsgültig auf den Termin X.Y. ergangen ist?
Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen.
74. Innert welcher Frist muss das Begehren um Erstreckung des Mietverhältnisses gestellt werden.
- bei einem unbefristeten Mietverhältnis innert 30 Tagen ab Empfang der Kündigung
- bei einem befristeten Mietverhältnis spätestens 60 Tage vor Ablauf der Vertragsdauer.
75. Was bedeutet Eigenbedarf?
Der Eigenbedarf des Vermieters für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte muss ernsthaft, konkret und aktuell sein. Er muss auf tatsächlichen und beweisbaren Fakten beruhen. Es darf sich nicht um einen Vorwand handeln, um den Mieter loszuwerden.
76. Schliesst Eigenbedarf eine Erstreckung aus?
Nein; selbst wenn dringender Eigenbedarf des Vermieters vorliegt, kann eine Erstreckung gewährt werden.
77. Wie findet die Schlichtungsstelle und allenfalls hernach das Mietgericht ein faires Urteil?
Durch die spezielle Zusammensetzung des Gerichtes (je ein Vertreter des Hauseigentümer- und Mieterverbandes)
78. Was muss die zuständige Behörde bei einem Erstreckungsverfahren berücksichtigen?
Die zuständige Behörde berücksichtigt insbesondere:
- die Umstände des Vertragschlusses und den Inhalt des Vertrages
- die Dauer des Mietverhältnisses
- einen allfälligen Eigenbedarf des Vermieters
- die Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume
79. Wann ist eine Erstreckung von vornherein ausgeschlossen?
- Bei Zahlungsrückstand des Mieters
- Wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zur Sorgfalt und Rücksichtnahme
- Bei Konkurs des Mieters
- Bei einem Mietvertrag welcher im Hinblick auf ein bevorstehendes Umbau- oder Abbruchverfahren ausdrücklich nur für eine beschränkte Zeit eingegangen worden ist
- Wenn der Vermieter gleichwertige Räumlichkeiten anbietet.
80. Kann ein Untermietverhältnis erstreckt werden? Welche Einschränkung gilt es zu beachten?
Ja, aber die Erstreckung des Untermietverhältnisses kann längstens bis zu dem Tag gewährt werden, an dem der Hauptmietvertrag ordentlich oder infolge einer Erstreckung endet.
81. Darf der Mietzins für die Dauer der Erstreckung erhöht werden?
Ja, der Vermieter wie auch der Mieter können verlangen, dass der Vertrag im Erstreckungsentscheid den veränderten Verhältnissen angepasst wird.
82. Was ist der Unterschied zwischen Instandhaltung und Erneuerung/Renovation und welche Konsequenzen hat dies für den Mieter?
- Erneuerungen an der Sache kann der Vermieter während der Mietdauer nur dann vornehmen, wenn das Mietverhältnis nicht gekündigt ist.
83. Wie wird eine Wohngemeinschaft oder ein Konkubinatspaar rechtlich behandelt, wenn alle Mieter den Mietvertrag unterzeichnet haben?
Einfache Gesellschaft
84. Dürfen in einem Mietvertrag Haustiere verboten werden?
Ja. Grundsätzlich herrscht Vertragsfreiheit.
85. Darf in einer Hausordnung das Rauchen auf Balkon und im Treppenhaus verboten werden?
Grundsätzlich ja.
86. Darf der Vermieter Auskunft über das Einkommen des Mieters verlangen?
87. Warum greift der Staat im Mietrecht dermassen in die Privatautonomie der Vertragsparteien ein?
Um die (vermeintlich) schwächere Partei zu schützen.
88. Am 26. September 1996 - mehr als zwei Jahre nach seinem Wohnungswechsel - erhielt Herr Moser zu seiner grossen Überraschung vom früheren Hausbesitzer zwei Heizkostenabrechnungen mit Nachzahlungsforderungen. Weil seinerzeit bei seinem Auszug niemand die Heizabrechnungen erwähnte, glaubte er, es sei alles in Ordnung. Herr Moser möchte wissen, ob er noch für die Winter 1990/91 und 1991/92 Nachzahlungen leisten müsse.
Grundsätzlich fünfjährige Verjährungsfrist für periodische Zahlungen.
89. Sie sind Mieter einer 3-Zimmerwohnung in Zürich. Sie möchten, weil Sie per 1. August 1994 eine billigere 4-Zimmerwohnung gefunden haben, die 3-Zimmerwohnung ohne Einhaltung von Kündigungsfrist und Kündigungstermin auf dieses Datum hin verlassen. Unter welchen exakten Voraussetzungen können Sie dies?
90. Sie sind Eigentümer eines Einfamilienhauses in Bern. Heute (24. März 1993) erfahren Sie, dass die Kantonalbanken den Hypothekarzins per sofort um 1/2% erhöhen. Sie möchten diese Mehrkosten auf Ihre Mieter (Ehepaar) abwälzen und den Mietzins erhöhen. Wie müssen Sie genau vorgehen? Auf wann ist diese Anpassung möglich?
91. Herr und Frau Maurer haben eine 5 ½-Zimmer-Wohnung gemietet. Einige Monate nach dem Einzug fällt in der Stube der Verputz herunter. Da der Vermieter auf mehrere Telefonanrufe nicht reagiert hat, möchten Maurers nun wissen, welche Möglichkeiten sie haben, um gegen den Vermieter vorzugehen? Wie wäre die Rechtslage, wenn die Familie Maurer eine 7 ½ Zimmer-Wohnung gemietet hätte?
§ 4 Pacht
- Definition
- Vertrag über die entgeltliche Überlassung einer nutzbaren (beweglichen oder unbeweglichen) Sache oder eines nutzbaren Rechts zur Nutzung, einschliesslich des Bezugs von Früchten und Erträgen auf Zeit.
- Abgrenzung zur Miete:
- Mietobjekt ist immer eine Sache, die zum blossen Gebrauch überlassen wird. Pachtgegenstand ist dagegen eine "nutzbare Sache" oder ein "nutzbares Recht", das zum Gebrauch und zur Nutzung (Bezug der Früchte oder Erträgnisse) überlassen wird.
- Abgrenzung zum Lizenzvertrag:
- Dem Lizenznehmer werden vom Lizenzgeber Nutzungsrechte an Immaterialgüterrechten eingeräumt. Da die Pacht auch die entgeltliche Nutzung von Rechten umfasst, fällt der Lizenzvertrag auch unter den Begriff Pacht. Infolge der Besonderheiten des Lizenzvertrages, der sich vom gesetzlichen Modell der Pacht entfernt, wird dieser heute eher als gesetzlich nicht geregelter Innominatkontrakt verstanden.
§ 5 Gebrauchsleihe ( OR 305-311)
- Einleitung
- Definition: Unentgeltliche Überlassung einer (i.d.R. nicht vertretbaren) Sache zum Gebrauch.
- Die Leistung des Entlehners besteht in der Rückgabe derselben Sache nach gemachtem Gebrauch (OR 305-318). Die unentgeltliche Überlassung eines nutzbaren Rechts ist ebenfalls eine Gebrauchsleihe.
- Abgrenzungen:
- gegenüber Miete/Pacht: Kriterium der Unentgeltlichkeit
- gegenüber Hinterlegung: Aufbewahrer darf die Sache im Gegensatz zum Entlehner nicht gebrauchen
- Pflichten des Entlehners:
- Gebrauch nur nach Vertrag bzw. nach Beschaffenheit und Zweckbestimmung der Sache; Gebrauch steht ausschliesslich dem Entlehner zu
- Rückgabepflicht; Haftung für Beschädigung oder Zerstörung nach OR 97
- Tragung der Unterhaltskosten (OR 307)
- Solidarhaftung mehrerer Entlehner (OR 308)
- Haftung des Verleihers:
- Der Verleiher haftet nur für Schäden, die dem Entlehner aus Mängeln der Sache erwachsen, wenn er diesen vorsätzlich aber grobfahrlässig verursacht hat. (analogie zu OR 248; Schenkung)
- Die Leihsache bleibt im Eigentum des Verleihers; neben dem obligatorischen Anspruch hat der Verleiher auch einen Anspruch auf Rückgabe aus seinen Eigentumsrechten
- Beendigung:
Jederzeit fristloses Rückforderungsrecht des Verleihers, ausser:
- Dauer ist vertraglich bestimmt (OR 310).
- Vertragsschluss im Hinblick auf bestimmte Art des Gebrauchs; Die Vertragsdauer bestimmt sich dann nach dem vertragsgemässen Verwendungszweck (OR 309).
- Leihe endigt mit dem Tod des Entlehners; nicht bei Tod des Verleihers (OR 311).
§ 6 Das Darlehen (OR 312-318)
- Definition: Übergabe einer Summe Geld oder einer anderen vertretbaren Sache; Leistung des Borgers besteht in der Rückerstattung von Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte (OR 312)
- Eine Zinspflicht besteht unter Nicht-Kaufleuten nur bei vertraglicher Abrede (OR 313), im kaufmännischen Verkehr auch ohne Verabredung
- Beendigung:
- Grundsätzlich gemäss Vertrag. Besteht keine Abrede: Kündigung auf jeden Termin möglich mit einer Kündigungsfrist von 6 Wochen (OR 318).
- Vorzeitige Beendigung durch den Borger möglich: jederzeitige Rückzahlungsmöglichkeit (analog OR 81)
- Vorzeitige Beendigung durch Darleiher bei Verzug des Borgers mit Zinszahlungen (Nachfristansetzung mit Androhung des Rücktritts; Vorgehen analog OR 107).
- Partiarisches Darlehen:
- Verabredung zwischen den Parteien, dass der Borger anstelle eines Zinses aber neben einem Zins einen best. Anteil am allfälligen Gewinn des Geschäfts ausrichtet.
- Darlehen bei Bankgeschäften:
- Grundsätzlich sind auch hier die Vorschriften über Darlehen zur Anwendung, aber
- Sonderreglungen bei Kontokorrent-Verhältnissen
- Ebenfalls Sonderregelungen durch die AGB der Banken;
- Anhaftung von Zügen des Hinterlegungsvertrages bei Spar- und Depositenkonten, aber keine reine Hinterlegung (regelmässig Verzinsung).
- Unterschiede Leihe - Darlehen:
- Terminologie:
- Verleiher - Entlehner
- Darleiher - Borger
- Bei der Leihe bestimmte Sache geschuldet (Stückschuld), beim Darlehen bestimmte Menge vertretbarer Sachen (Gattungsschuld)
- Bei der Leihe bleibt der Verleiher Eigentümer, beim Darlehen wird das Eigentum übertragen
§ 7 Einzelarbeitsvertrag (OR 319- 343)
Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienste des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes.
Ein Arbeitsvertrag kann formlos abgeschlossen werden (OR 320).
- Bereits vor Abschluss eines Einzelarbeitsvertrages entstehen im Rahmen der Vertragsverhandlungen vielfältige Rechtsbeziehungen zwischen dem Bewerber und dem neuen Arbeitgeber (ev. aus culpa in contrahendo):
- gegenseitige wahrheitsgetreue Auskunftspflicht
- Rückerstattung der Bewerbungsunterlagen bei Nichtanstellung
- Übernahme der Vorstellungskosten durch den Arbeitgeber
- Die meisten Einzelarbeitsverträge werden auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, d. h. sie gelten so lange, bis sie von einer Partei gekündigt werden (unbefristete Arbeitsverhältnisse, OR 335)
- Bei befristeten Einzelarbeitsverträgen verpflichtet man sich für eine schon im voraus genau definierte Zeitdauer (OR 334)
- Ein Einzelarbeitsvertrag liegt auch bei Leistung von Teilzeitarbeit vor (OR 319 Abs. 2)
- Der erste Monat gilt als Probezeit, sofern nicht eine längere Probezeit vereinbart wurde (OR 335b). Die vertragliche Ausdehnung der Probezeit ist bis auf drei Monate zulässig (OR 335b Abs. 2). Krankheits- oder unfallbedingte Absenzen verlängern die Probezeit.
- Pflichten und Rechte des Arbeitnehmers:
- Persönliche Arbeitsleistung (OR 321)
- Sorgfalts- und Treuepflicht (OR 321a): Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragene Arbeit mit aller Sorgfalt auszuführen. Für den Schaden, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt, ist er schadenersatzpflichtig (OR 321e).
- Verbot von Schwarzarbeit (OR 321a Abs. 2): Dem Arbeitnehmer ist es untersagt, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gegen Entgelt für einen Dritten Arbeit zu leisten, wenn er dadurch den Arbeitgeber benachteiligt (Herabsetzung der Leistungsfähigkeit, Konkurrenzierung).
- Treuepflicht (OR 321a)
- Rechenschaftspflicht (OR 321b): Was der Arbeitnehmer in Ausübung seiner vertraglichen Tätigkeit von Drittpersonen erhält (z. B. Geldbeträge), hat er dem Arbeitgeber abzuliefern.
- Leistung von Überstunden (OR 321c): Wenn es die Umstände erfordern, kann der Arbeitnehmer angehalten werden zur Leistung von Überstunden, sofern
- sie betrieblich notwendig sind
- er sie zu leisten vermag
- sie ihm zugemutet werden können
- Befolgung von Anordnungen und Weisungen (OR 321d)
- Pflichten des Arbeitgebers (OR 322ff)
- Lohnzahlung (OR 322):
- Lohnfortzahlung für eine beschränkte Zeit während Krankheit, Schwangerschaft, Unfall, obligatorischem Militärdienst wie folgt (OR 324a):
- Während mindestens 3 Wochen im 1. Dienstjahr, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als 3 Monate gedauert hat bzw. für mehr als 3 Monate abgeschlossen wurde.
- Danach angemessene Verlängerung der Lohnzahlungspflicht. Richtwerte aus der Praxis (Berner Skala):
- im 1. Dienstjahr: 3 Wochen (ab dreimonatiger Anstellung)
- im 2. Dienstjahr: 1 Monat
- im 3. bis 4. Dienstjahr 2 Monate
- im 5. bis 9. Dienstjahr: 3 Monate
- im 10. bis 14. Dienstjahr: 4 Monate
- im 15.bis19. Dienstjahr: 5 Monate
- im 20. bis 24. Dienstjahr 6 Monate
- Bei der Festlegung der Dauer des Lohnanspruches ist die ganze Abwesenheit während eines Jahres massgebend (z. B. Militärdienst und Krankheit).
- Lohnzuschlag von mindestens 25% für Überzeitarbeit (OR 321c) soweit nichts anderes schriftlich verabredet ist. Entschädigungspflichtig sind aber nur Überstunden, die vom Arbeitgeber angeordnet bzw. gebilligt worden sind. Im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer kann Überzeitarbeit durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgeglichen werden.
- Bereitstellung der notwendigen Arbeitsgeräte (OR 327)
- Vergütung der allgemeinen Spesen (OR 327a) und der Fahrzeugspesen (OR 327b)
- Einräumen der üblichen Frei- und Ferienzeit (OR 329):
- Der Mindestferienanspruch beträgt vier Wochen bezahlte Ferien pro Jahr; für Jugendliche und Lehrlinge bis zum vollendeten 20. Altersjahr fünf Wochen (OR 329a).
- Den Zeitpunkt der Ferien bestimmt der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers (OR 329 Abs. 4).
- Eine Abgeltung der Ferien durch Geldleistungen ist verboten, ausgenommen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da die Ferien der Erholung dienen.
- Wenn ein Arbeitnehmer während der Ferien ernsthaft erkrankt oder verunfallt, bewirkt das einen Unterbruch der Ferien und begründet einen entsprechenden Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachgewährung. Ein Arztzeugnis ist auf Verlangen vorzulegen.
- Ausstellen eines Abgangszeugnisses nach dem Grundsatz "wahr, klar, wohlwollend" (OR 330a).
- Auszahlung einer Gratifikation (OR 322d): Die eigentliche Gratifikation ist eine völlig freiwillige Leistung des Arbeitgebers und stellt eine Sondervergütung dar, die bei gutem Geschäftsgang sowie bei guter Leistung und Führung des Arbeitnehmers entrichtet wird. Wurde eine Gratifikation verabredet (OR 322d) oder hat sich die Ausrichtung eingebürgert (Vertragsänderung durch konkludentes Verhalten), so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine entsprechende Leistung.
- 13. Monatslohn: Ist ein 13. Monatslohn vereinbart worden, so gilt er als fester Lohnbestandteil und wird vorbehaltlos geschuldet. Hat das Arbeitsverhältnis nicht ein ganzes Jahr gedauert, so besteht grundsätzlich ein pro-rata-Anspruch.
- Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- durch Zeitablauf bei einem befristeten Arbeitsverhältnis (OR 334)
Ist der Arbeitsvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen worden, so endigt er mangels anderer Abrede mit Ablauf dieser Zeit. Eine Kündigung ist nicht notwendig. Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis nach dessen Ablauf stillschweigend fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert.
- Durch Kündigung bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis
Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Arbeitsvertrag läuft so lange weiter, bis er von einer Vertragspartei gekündigt wird. Für die Kündigung müssen im Minimum die gesetzlichen Fristen von OR 335a-335c eingehalten werden. Weitere Schutzbestimmungen:
- Schriftliche Begründung der Kündigung, wenn es die andere Vertragspartei verlangt (OR 335 Abs.2)
- Entschädigung bei missbräuchlicher Kündigung (OR 336ff): Beispiele vgl. OR 336 a-e und a-c)
- Kündigungsverbot nach Ablauf der Probezeit in bestimmten Situationen für eine bestimmte Zeit (OR 336c, obligatorischer Militärdienst, Krankheit oder Unfall, Schwangerschaft)
- Wenn eine Kündigung während einer solchen Sperrfrist durch den Arbeitgeber ausgesprochen wird, ist sie nichtig (ungültig).
- Ist die Kündigung vor Beginn der Sperrfrist erfolgt, so wird deren Ablauf unterbrochen und nach Beendigung der Sperrfrist fortgesetzt.
- Die Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung spätestens am letzten Arbeitstag des Monats im Besitze des Empfängers oder in seinem Bereich sein.
- durch fristlose Auflösung aus wichtigen Gründen (OR 337)
- Aus wichtigen Gründen kann der Einzelarbeitsvertrag von jeder Vertragspartei (also vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer) sofort und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufgelöst werden. Dadurch gelten sowohl das Arbeitsverhältnis als auch die Lohnzahlungspflicht per sofort als beendigt (OR 337).
- Ein wichtiger Grund liegt immer dann vor, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, d. h. wenn das Vertrauensverhältnis zerstört ist (OR 337 Abs. 2).
- Wer ungerechtfertigterweise ein Arbeitsverhältnis fristlos auflöst, wird schadenersatzpflichtig, sofern sich die andere Vertragspartei wehrt (337b).
- Entlässt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen Grund, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist und auf eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung in der Höhe bis zu 6 Monatslöhnen (OR 337c).
- verlässt der Arbeitnehmer die Arbeitsstelle ohne wichtigen Grund fristlos oder tritt er sie gar nicht an, so wird er schadenersatzpflichtig (1/4 Monatslohn und Ersatz des weiteren Schadens, OR 337d)
- durch gegenseitige Übereinkunft
- Die Vertragsparteien können im gegenseitigen Einverständnis das Arbeitsverhältnis jederzeit auflösen (Aufhebungsvertrag), ohne die Kündigungsfristen zu beachten.
- Das Konkurrenzverbot (OR 340)
- Die Angestellten in leitender Position bzw. in einer Vertrauensstellung erhalten in der Regel Einblick in den Kundenkreis sowie in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse. Damit sie dies nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zum Nachteil des Arbeitgebers ausnützen können, kann der Arbeitgeber mit diesen Angestellten ein Konkurrenzverbot abschliessen. Durch das Konkurrenzverbot verpflichtet sich der Arbeitnehmer, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Arbeitgeber nicht zu konkurrenzieren.
- Damit ein Konkurrenzverbot gültig und wirksam ist, müssen die folgenden Erfordernisse erfüllt sein:
- Es muss schriftlich vereinbart werden.
- Der Arbeitnehmer muss bei Abschluss des Konkurrenzverbotes handlungsfähig sein
- Das Konkurrenzverbot muss angemessen nach Zeit, Ort und Gegenstand begrenzt sein
- Der Arbeitnehmer muss Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse gehabt haben, wodurch er den Arbeitgeber erheblich schädigen könnte
- Das Konkurrenzverbot fällt dahin, wenn der Arbeitgeber nachweisbar kein erhebliches Interesse mehr daran hat oder wenn er dem Arbeitnehmer (ohne wichtigen Grund) gekündigt hat.
Übungsfragen Arbeitsrecht
- Herr Nägeli ist seit über 10 Jahren bei der Firma Nett in Silvaplana angestellt. Sein Arbeitgeber beauftragt ihn eines Tages, aushilfsweise für einen erkrankten Staplerfahrer einzuspringen. Da Herr Nägeli diese Tätigkeit zum erstenmal ausübt, verletzt er infolge eines Bedienungsfehlers einen Werkstattbesucher. Wer haftet für den Schaden?
OR 41 / OR 55 - Herr Emsig arbeitet seit acht Jahren in derselben Firma. Am 31. Januar überreicht ihm sein Arbeitgeber das Kündigungsschreiben, für dessen Erhalt er gleichentags gezeichnet hat. Auf Grund psychischer Probleme im Zusammenhang mit der Kündigung war Herr Emsig den ganzen Monat Februar ärztlich attestiert zu 100% arbeitsunfähig. Wann endigt das Arbeitsverhältnis?
31. April - Kuno ist als Maler beim Malermeister Roth angestellt. Herr Roth wird von Herrn Schwarz beauftragt, das Wohnzimmer weiss zu streichen. Kuno wird von seinem Arbeitgeber mit dieser Arbeit betraut. Da es das erste Mal ist, dass Kuno selbständig arbeiten soll, ist er verständlicherweise etwas nervös. Prompt fällt ihm der Pinsel aus der Hand; der teure Perserteppich von Herrn Schwarz wird schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Reinigungskosten belaufen sich auf mehrere hundert Franken. Gegen wen und aus welchen Titeln kann Herr Schwarz vorgehen?
- Unter Einhaltung welcher Fristen und Termine kann ein Einzelarbeitsvertrag gekündigt werden?
Während der Probezeit?
Nach zwölf Monaten Vertragsdauer?
Nach sechs Jahren Vertragsdauer?
innerhalb von 7 Tagen / b) innerhalb von 2 Monaten / c) innerhalb von 2 Monaten - Frau Fröhlich tritt am 1.4.1987 bei der Firma Sauer & Co. eine Stelle als Sekretärin an. In der ersten Woche merkt Sie, dass der Chef zurecht so heisst und möchte sobald als möglich wieder die Stelle verlassen. Helfen Sie ihr!
- Welche Erfordernisse müssen erfüllt sein, damit ein Konkurrenzverbot im Arbeitsrecht sicher gültig ist?
Es muss schriftlich vereinbart werden.
Der Arbeitnehmer muss bei Abschluss des Konkurrenzverbotes handlungsfähig sein
Das Konkurrenzverbot muss angemessen nach Zeit, Ort und Gegenstand begrenzt sein
Der Arbeitnehmer muss Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse gehabt haben, wodurch er den Arbeitgeber erheblich schädigen könnte
Das Konkurrenzverbot fällt dahin, wenn der Arbeitgeber nachweisbar kein erhebliches Interesse mehr daran hat oder wenn er dem Arbeitnehmer (ohne wichtigen Grund) gekündigt hat. - Herr Schnori ist Handlungsbevollmächtigter der Firma "Sorglos AG". Er unter- schreibt für das Unternehmen einen Kreditvertrag über Fr. 200'000.—und zwar mit "ppa. Schnori". Was sagen Sie dazu?
Unter Einhaltung welcher Fristen kann ein Einzelarbeitsvertrag gekündigt werden? (alle Möglichkeiten) - Welche Verträge auf Arbeitsleistung kann man unterscheiden?
Arbeitsvertrag
Werkvertrag
Auftrag - Wie ist der Einzelarbeitsvertrag definiert?
Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Arbeit auf Zeit gegen Entgelt in einem Unterordnungsverhältnis zum Arbeitgeber. - Muss der Arbeitgeber bei unverschuldeter Verhinderung des Arbeitnehmers den Lohn zahlen?
Ja, für mindestens 3 Wochen im Jahr. Diese Zeitspanne erhöht sich mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses. - Darf man seinen künftigen Lohn an Dritte abtreten?
Das ist lediglich zur Sicherung familienrechtlicher Unterhalts- und Unterstützungspflichten erlaubt. - Gegen welche Kündigungen kann sich der Arbeitnehmer wehren?
Gegen missbräuchliche Kündigungen (z.B. aus Rache). Sanktion: Entschädigung (Kündigung bleibt aufrecht).
Gegen Kündigungen zur Unzeit (z.B. bei Krankheit und Unfall während gewisser Dauer). Sanktion: Kündigung ist nichtig. - Wann ist eine fristlose Entlassung zulässig?
Wenn wichtige Gründe vorliegen, die eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses bis zum ordentlichen Kündigungstermin unzumutbar machen. - Was beinhaltet ein Konkurrenzverbot?
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, den Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu konkurrenzieren. - Unter welchen Voraussetzungen ist die Vereinbarung eines Konkurrenzverbots gültig?
Schriftliche Vereinbarung
Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse
Angemessene Begrenzung nach Ort, Zeit und Gegenstand - Was bedeuten die Abkürzungen "ppa." und "i.V."?
ppa.= per procura. Prokurist
i.V.= in Vertretung. Handlungsbevollmächtigter nach Art. 462 OR. - Was regelt ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV)?
Der GAV stellt für eine bestimmte Branche zwingende Vorschriften für die einzelnen Arbeitsverhältnisse auf. Er kommt durch Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden oder durch Allgemeinverbindlicherklärung durch den Staat zur Anwendung. - Was ist ein Normalarbeitsvertrag?
Es handelt sich um einen Regierungserlass, der für bestimmte Erwerbezweige Vorschriften aufstellt, die aber nur gelten, soweit nichts anderes vereinbart ist. - Was unterscheiden Werkvertrag und Auftrag vom Arbeitsvertrag?
Werkvertrag und Auftrag regeln die Leistung selbständiger Arbeit.
vertragliche Haftung / OR 41 / OR 55
Kündigungsfrist innerhalb der Probezeit: 7 Tage
§ 8 Werkvertrag (OR 363 - 379)
Vertrag, durch den sich der Unternehmer zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges und der Besteller zur Leistung einer Vergütung verpflichtet (wesentlicher Vertragsbestandteil ist die Bestimmtheit des geschuldeten Erfolges, nicht der Preis wie z.B. im Kaufrecht) Der Begriff Werk umfasst jedoch nicht nur das Erstellen einer neuen Sache, sondern auch das Ändern oder Reparieren einer bestehenden Sache.
Übergang von Nutzen und Gefahr erst mit der Ablieferung, d.h. der Unternehmer trägt das Risiko des Untergangs vor der Ablieferung (anders als im Kaufrecht).
Ausnahmen:
Bei Mängel des gelieferten Stoffes des Bestellers bzw. erteilten Anweisungen.
Zerfall oder Untergangsgrund liegt im Bereich des Bestellers (z.B. OR 369)
Beim Kauf ist die Sachübergabe und Eigentumsverschaffung geschuldet, beim Werkvertrag die Leistung eines bestimmten Erfolges
Bei einer erst herzustellenden Sache: Vorliegen eines Kaufes bei routinemässiger Herstellung, dagegen Werkvertrag bei einem einmaligen (noch herzustellenden) Einzelstück. Die Auswirkungen dieser Unterscheidung sind folgende:
Nachbesserungsanspruch nur bei Werkvertrag (OR 368 Abs. 2)
Gefahrübergang bei Ablieferung des Werks, OR 376 (nicht bei Vertragsschluss wie im Kaufrecht)
Preis nur beim Kauf wesentlicher Vertragsbestandteil
Unterschiedliche Rücktrittsmöglichkeiten (Vermutung des Rücktritts gemäss OR 190 gilt nur beim Kauf).
Unterschiedliche Leistungspflicht: Erfolg (Werkvertrag) gegen Arbeitseinsatz (Arbeitsvertrag)
Vertragliche Vereinbarung einer Pauschale, OR 373 (Risiko liegt beim Unternehmer). Gesetzliche Schranke aber für den Fall, dass ausserordentliche Umstände Mehraufwendungen erfordern (objektiv und werksimmanente kostenerhöhende Faktoren, mit denen die Parteien nie gerechnet haben und nie rechnen mussten)
Bei Fehlen einer Vereinbarung: Der Preis ist nach Massgabe der geleisteten Arbeit und der Aufwendungen festzusetzen (inklusive angemessener Gewinn, OR 374)
Exkurs Kostenvoranschlag (OR 375): Obwohl nicht ganz bindend, trotzdem grosse praxisbezogene Bedeutung. Bei unverhältnismässigen Überschreitungen (über 10%) kann der Besteller vom Vertrag zurücktreten.
Der Besteller kann jederzeit (grundlos) vom Vertrag zurücktreten, jedoch nur gegen volle Schadloshaltung (Bezahlung der bereits geleisteten Arbeiten etc.) des Unternehmers
Obliegenheit der Prüfung des Werkes bei Übergabe und sofortiger Rüge von Mängeln nach Entdeckung. Ansonsten gilt das Werk als genehmigt (analog Kaufvertrag, vgl. OR 370). Rügefrist für versteckte Mängel: 1 Jahr (OR 371)
Bei Mangelhaftigkeit kann der Besteller das Werk zurückweisen, eine Nachbesserung oder eine Preisminderung verlangen. Bei der Rückweisung ist in keine Vergütung geschuldet (analog Kaufvertrag, vgl. OR 368)
Bei Verzögerung des Beginns oder wenn sonst feststeht, dass der Unternehmer nicht rechtzeitig fertig wird gemäss OR 107ff (OR 366 Abs. 1)
Wenn sich herausstellt, dass eine mängelfreie Ablieferung des Werkes nicht möglich sein wird oder Nebenpflichten verletzt werden (OR 366/II). Der Besteller muss den Rücktritt unter Ansetzung einer Nachfrist androhen. Nach Ablauf dieser Nachfrist hat er die Möglichkeit, das Werk auf Kosten und Gefahr des Unternehmers durch Dritte fertigstellen zu lassen.
Orientierungspflicht (OR 365 Abs. 3):
Bei Lieferung fehlerhaften Stoffes durch Besteller
Bei im Bereich des Bestellers liegenden Umständen, die gehörige oder rechtzeitige Erfüllung gefährden
Bei unverhältnismässiger Überschreitung des ungefähren Kostenvoranschlages (Recht des Bestellers, vom Vertrag zurückzutreten, OR 375)
Haftung für Mängel des Werkes
Retentionsrecht bis Werklohn bezahlt ist
Rückweisung des Werkes (OR 368 Abs. 1)
Preisminderung oder Nachbesserung (OR 368) zuzüglich Schadenersatzansprüche bei Verschulden des Unternehmers
Der Besteller verwirkt diese Rechte, wenn er für die Mängel des Werkes selber einstehen muss (OR 365/III und 369):
Bei Erteilen von entsprechenden Weisungen trotz Abmahnung des Unternehmers;
Durch Lieferung von fehlerhaftem Stoff durch den Besteller und entsprechender Anzeige durch den Unternehmer
Den Unternehmer muss ein Verschulden treffen (vom Besteller zu beweisen);
Ausnahmen:
Bei arglistig verschwiegenen Mängeln (10-Jahresfrist)
Bei vertraglicher Abänderung der Gewährleistungsregeln.
Übungsfragen Werkvertrag
1. Herr Müller bringt sein Auto in die Garage. Als er es abholen will, erklärt ihm der Garagier, er gebe ihm das Auto nur gegen Barzahlung heraus. Ist dies zulässig?
Ja. Ausübung des Retentionsrechtes gemäss ZGB 895.
§ 9 Einfacher Auftrag (OR 394 - 406)
Beauftragter verpflichtet sich zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Besorgung des ihm übertragenen Geschäftes im Interesse und nach dem Willen des Auftraggebers. Hier geht es nicht um die Herstellung von Sachen, sondern um die Erbringung einer Dienstleistung. Alle Verträge auf Arbeitsleistung, die weder Arbeitsverträge noch Werkverträge sind, gelten als Auftrag.
- Das Vertragsverhältnis kommt formfrei zustande
- Die Offerte gilt im Falle berufsmässiger Erledigung von Aufträgen als angenommen, wenn sie nicht sofort abgelehnt wird (OR 395)
- Abgrenzung
- Zum Arbeitsvertrag
- ein Subordinationsverhältnis
- Kündigung wirkt unverzüglich, im Gegensatz zur Fristgebundenheit im Arbeitsvertrag.
- Werkvertrag
Tätigwerden im Interesse des Arbeitgebers genügt. Ein bestimmter Erfolg ist nicht geschuldet/garantiert - Einfache Gesellschaft
- Rechtlich unverbindliche Gefälligkeit
- Auftrag und Vollmachterteilung
- Rechte und Pflichten des Beauftragten
- Pflichten und Rechte des Auftraggebers
- Verjährung:
- Beendigung:
Interessen am Geschäft i.d.R. nicht gleicher Art; zudem stehen im Auftrag der einen Partei einseitige Weisungsbefugnisse zu.
Keine klare Abgrenzung möglich. Die Schwelle zum Auftrag ist vor allem im geschäftlichen Bereich sehr rasch überschritten
Unterschiede:
Zweiseitiges / Einseitiges Rechtsgeschäft
Betrifft primär Aussen- resp. Innenverhältnis
Verpflichtung zum Handeln / keine solche Verpflichtung (und ohne besondere Weisung auch kein Recht)
Das Erteilen eines Auftrages zu einer Rechtshandlung schliesst auch die erforderliche Vollmacht zum Tätigwerden ein (OR 396/II).
Pflicht, tätig zu werden (OR 394)
Pflicht, persönlich zu handeln, OR 398 Abs. 3 (Substitution ist nur zulässig bei ausdrücklicher Ermächtigung)
Pflicht, Weisungen des Mandanten zu befolgen (Abweichung dort zulässig, wo die aktuelle Sachlage sich verändert und die Einholung neuer Weisungen nicht möglich ist nach dem vermutlichen Willen des Mandanten, OR 397)
Treuepflicht: Orientierung, Beratung des Auftraggebers (Interessenkollisionen vermeiden)
Geheimhaltungspflicht
Rechenschafts- und Ablieferungspflicht (OR 400: alles was Beauftragten in Ausübung des Mandates zugekommen ist, hat er dem Auftraggeber auszuhändigen: Aber: Verrechnung mit eigenen Ansprüchen ist jederzeit möglich
Sorgfaltspflicht: Der Beauftragte haftet für jedes Verschulden (bei Berufen mit öffentlich-rechtlicher Konzessionierung (z.B. bei Rechtsanwälten) gelten erhöhte Anforderungen)
Retentionsrecht (OR 400)
Der Beauftragte haftet nicht für einen Erfolg
Pflicht zu Auslagen- und Verwendungsersatz (OR 402/I)
Pflicht zur Befreiung des Beauftragten von eingegangenen Verbindlichkeiten (OR 402/I).
Leistung eines Honorares, sofern es vereinbart oder für die Leistung des Beauftragten üblich ist (OR 394/III).
Ansprüche aus Auftrag unterliegen grundsätzlich der 10-jährigen Verjährungsfrist (OR 127).
Für Honorarforderungen bestimmter Berufe gilt die 5-jährige Frist (OR 128 Ziff. 3)
Es gilt der Grundsatz jederzeitiger fristloser Kündigungsmöglichkeit (OR 404/I). Auf das freie und jederzeitige Kündigungsrecht kann nicht verzichtet werden (zwingende Gesetzesnorm), aber: Bei Kündigung zur Unzeit ist Schadenersatz geschuldet (OR 404/II).
- Bei Tod, Handlungsunfähigkeit oder Konkurs einer der Parteien wird das Erlöschen des Auftrages vermutet (OR 405/I). Nach dem Tode des Auftraggebers steht der Beauftragte in Rechtsbeziehung mit dessen Erben.
Übungsfragen Auftragsrecht
- Ludwig besucht das SIB in Dübendorf. Aus diesem Grund beauftragt ihn sein Onkel, seine Wertpapiere zu verwalten. Der Onkel ist aber mit der Leistung von Ludwig nicht zufrieden und möchte den Vertrag fristlos widerrufen. Ist dies zulässig? Begründung?
Ja. Jederzeitiges Widerrufsrecht. OR 404 - Worin unterscheiden sich Werkvertrag und Auftrag?
Beim Auftrag ist eine Arbeitsleistung als solche, beim Werkvertrag ein bestimmter Arbeitserfolg geschuldet.
§ 10 Sondertyp des Auftrages
- Begriff
Der Auftraggeber sichert dem Mäkler eine Belohnung für dessen Tätigwerden zu, für den Fall, dass dieses Tätigwerden zum Abschluss des vom Auftraggeber angestrebten Geschäfts führt oder beiträgt. Für das Vorliegen eines Mäklervertrages sind die Elemente Entgeltlichkeit und Erfolgsbedingtheit zwingend erforderlich.
Der Mäklervertrag kann in drei verschiedenen Varianten vorkommen:
- Nachweismäkelei (OR 412): Mäklerlohn ist verdient, wenn eine Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachgewiesen wurde
- Zuführungsmäkelei (Praxis): Mäklerlohn ist verdient, wenn ein Interessent zugeführt wurde
- Vermittlungsmäkelei (OR 412): Mäklerlohn ist verdient, wenn ein Vertragsabschluss vermittelt werden konnte
- Grundsätzliches
- Mäkler übernimmt keine Pflicht des Tätigwerdens.
- Der Vertrag entsteht formfrei.
- Heiratsmäkelei
- Lässt keinen klagbaren Anspruch entstehen (Naturalobligation OR 416). Wird jedoch bezahlt, ist aber eine gültige Schuld bezahlt worden.
§ 11 Geschäftsführung ohne Auftrag (OR 419 - 424)
Gesetzliches Schuldverhältnis, das zustande kommt, wenn der Geschäftsführer willentlich, aber ohne vertragliche oder sonstige rechtserhebliche Veranlassung, im Interesse eines Dritten (Geschäftsherrn) tätig wird.
Das Bewusstsein des Geschäftsführers, ohne rechtliche Ermächtigung oder Pflicht für den Dritten zu handeln.
Das Vorliegen eines Vertrages, einer gesetzlichen oder sittlichen Pflicht schliessen GoA aus.
Der Geschäftsherr muss verhindert sein, die fragliche Angelegenheit selbst zu erledigen.
Sorgfaltspflicht (nach den im Auftrags- und Arbeitsrecht geltenden Prinzipien)
Ersatz seiner Aufwendungen samt Zins soweit die Verwendungen aus der Sicht des Dominus als notwendig oder nützlich betrachtet werden durften (OR 422).
Befreiung von übernommenen Verbindlichkeiten
II. Teil: DAS SACHENRECHT
- Einleitung
Im Rahmen dieses Unterrichts können lediglich einige der wichtigsten Begriffe und Institutionen das Sachenrechtes vorgestellt werden. Der nachfolgende Überblick bleibt deshalb ziemlich lückenhaft. - Begriffe
Dingliche Rechte sind wie die Immaterialgüterrechte und die Persönlichkeitsrechte absolute Rechte. Die dinglichen Rechte erfassen unmittelbar die Sachen. Sie sind objekt- , und nicht personenbezogen. Sie bestehen gegenüber jedermann und können deshalb auch gegenüber jedermann wirksam werden. - Arten der Sachenrechte
Den absoluten Rechten werden die relativen Rechte gegenübergestellt, welche sich insbesondere aus dem Obligationenrecht ergeben. Sie erfassen nicht direkt ein Objekt, sondern richten sich nur gegen eine bestimmte Person und können nur dieser gegenüber wirksam werden.
Das umfassende Sachenrecht ist das Eigentumsrecht. Wer Eigentümer einer Sache ist, hat damit eine umfassende Verfügungsgewalt über die Sache.
Dem Eigentumsrecht gegenübergestellt werden die beschränkten dinglichen Rechte. Beschränkte dingliche Rechte vermitteln ihrem Träger lediglich eine beschränkte Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache. Es gibt drei Kategorien von beschränkten dinglichen Rechten: Dienstbarkeiten, Grundlasten und Pfandrechte. Andere als diese drei Kategorien gibt es nicht. Man spricht deshalb von einer beschränkten Zahl der beschränkten dinglichen Rechte, oder von einem numerus clausus der beschränkten dinglichen Rechte.
Das Sachenrecht unterscheidet zwischen beweglichen Sachen (Fahrnis) und unbeweglichen Sachen. In der Gesetzessystematik ist das Sachenrecht jedoch nicht in zwei Abteilungen, ein Immobilien- und ein Mobilienrecht gegliedert. Das Sachenrecht ist einheitlich dargestellt, und die Unterscheidung zwischen Fahrnis und unbeweglichen Sachen tritt lediglich bei den wichtigsten Instituten des Sachenrechtes zutage, so etwa bei der Regelung des Eigentums und des Pfandrechtes.
§ 1 Besitz und Grundbuch
I. Der Zusammenhang zwischen Besitz und Grundbuch
- Besitz und Grundbuch werden in der dritten Abteilung des Sachenrechtes {ZGB 919 bis 979) geregelt. Besitz und Grundbuch erfüllen einen gemeinsamen Zweck. Sie dienen der Publizität der Rechtsverhältnisse. Was das Grundbuch für die unbeweglichen Sachen ist, ist der Besitz für die Fahrnis. Beide sollen die Rechte an Sachen äusserlich sichtbar machen.
II. Der Besitz
- Begriff
Wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache hat, ist ihr Besitzer. Übt eine Person diese tatsächliche Gewalt über die Sache deswegen aus, weil sie ein beschränktes dingliches oder obligatorisches Recht ausübt, ist sie unselbständiger Besitzer. Der Eigentümer der Sache, der sie dem anderen zur Ausübung dieser Rechte übertragen hat, ist selbständiger Besitzer (ZGB 919, 920). - Besitzerwerb (ZGB 922-925)
- Der Besitz wird übertragen durch die Übergabe der Sache selbst oder der Mittel, die dem Empfänger die Gewalt über die Sache verschaffen. Die Übertragung den Besitzes kann auch dadurch geschehen, dass die Sache einem Stellvertreter des neuen Besitzers übergeben wird, ja sogar in Ausnahmefallen ohne eigentliche Übergabe der Sache, wenn der Veräusserer der Sache aufgrund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitze der Sache verbleibt (ZGB 924). Dies geschieht etwa beim Autoverkäufer, der das zu verkaufende Auto bei sich behält, bis die Garage des Käufers fertiggestellt ist.
- Im Handelsverkehr werden häufig nicht die Sachen selber, sondern Papiere (Wertpapiere) übertragen, welche stellvertretend für die Waren übergeben werden. Mit der Übertragung einer derartigen Urkunde geht auch der Besitz an der Ware selber über (ZGB 925).
- Der Besitzverlust
- Wird der Besitz nicht als Recht an einer Sache, sondern eben als tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache verstanden, kann der Besitz nicht nur mit dem Willen des Besitzer (durch Übertragung, ZGB 919/1) verlorengehen, sondern auch ohne Willen des Besitzers: Dann nämlich, wenn ihm die Sache heimlich oder gewaltsam entzogen wird und er damit keine tatsächliche Verfügungsgewalt mehr über die Sache hat. Häufig ist die Frage, ob der Besitz noch besteht, nicht leicht zu entscheiden. Etwa dann, wenn der bisherige Besitzer eine Sache verlegt, sich aber noch ungefähr daran erinnern kann, wo er die Sache verloren hat und die Möglichkeit für ihn besteht, an den Ort des Verlustes zurückzukehren.
- Der Besitzesschutz (ZGB 926-929)
- Der Besitz vermittelt dem Besitzer einen gewissen Schutz, wenn er in seinem Besitz durch einen Dritten gestört wird, der mit verbotener Eigenmacht vorgeht. Die Regeln über den Besitzesschutz setzen immer voraus, dass der Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört wird. Ist dies der Fall, hat der Besitzer verschiedene Abwehrmöglichkeiten:
- Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren (ZGB 926, muss aber bei der Gewaltanwendung das Verhältnismässigkeitsprinzip beachten. Er hat sich jeder nach den Umständen nicht gerechtfertigten Gewalt zu enthalten (ZGB 926/3).
So darf er beispielsweise nicht den Dieb mit einer Schusswaffe verletzen, der ihm eine Sache von geringfügigem Wert gestohlen hatte. Täte er dies, würde er Gewalt in einem Umfang anwenden, die ihm gemäss ZGB 926 nicht zugesteht und er müsste nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches bestraft werden. Dem Besitzer ist demzufolge unter Umständen zuzumuten, seinen Besitz unfreiwillig aufzugeben, wenn die Abwehr gegen die verbotene Eigenmacht nur mit unverhältnismässiger Gewalt möglich wäre. Bei der Abwehr von verbotener Eigenmacht verdient auch der Störer einen gewissen Schutz.
Eine weitere Einschränkung der Gewalterlaubnis von ZGB 926 besteht darin, dass der Besitzer die bewegliche Sache nur dem auf frischer Tat angetroffenen oder unmittelbar verfolgten Täter wieder mit Gewalt abnehmen darf.
- Neben der erlaubten Selbsthilfe wird dem Besitzer die sogenannte Besitzesschutzklage zur Abwehr verbotener Eigenmacht zur Verfügung gestellt:
Wird ihm sein Besitz entzogen, kann er auf Rückgabe der Sache klagen, und wird er in der Ausübung seines Besitzes gestört, kann er auf Beseitigung der Störung und die Unterlassung weiterer Störungen klagen. In beiden Fällen kann er seine Klage mit einer Schadenersatzforderung verbinden (ZGB 927-929).
Wer die durch den Besitzesschutz zur Verfügung gestellten Abwehrmöglichkeiten (Selbsthilfe, Besitzesschutzklage) in Anspruch nehmen will, muss nicht Eigentümer oder sonstwie dinglich Berechtigter an der Sache sein. Der reine Besitz, unabhängig davon, welches Recht hinter dem Besitz steht, vermittelt ihm diese Rechte.
- Der Rechtsschutz (ZGB 930-937)
- Der Besitz vermittelt dem Besitzer nicht bloss die Möglichkeit, seine Besitzerposition faktisch zu verteidigen, sondern gibt ihm eine vorteilhafte Position, wenn das dingliche Recht an der Sache umstritten ist. Das Gesetz schliesst vom Besitz auf das dahinterstehende Recht, spricht mit andern Worten eine Vermutung zu Gunsten des Besitzers aus (ZGB 930).
Aus diesen Vermutungen lassen sich drei Wirkungen ableiten, welche im nachfolgenden dargestellt werden:
- Die Defensivwirkung (ZGB 932):
- Vom Besitzer einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er ihr Eigentümer sei (ZGB 930). Diese Vermutung bringt dem Besitzer eine komfortable Ausgangslage im Streit um das Eigentum der Sache. Er muss nicht, wenn sie ihm streitig gemacht wird, sein Eigentum beweisen, sondern kann sich auf die Vermutung von Art. 932 stützen. Da vom Besitzer von Gesetzes wegen vermutet wird, dass er Eigentümer sei, und der Richter bis zum Beweis des Gegenteils an diese Vermutung gebunden ist, dient sie dem gegenwärtigen Besitzer zur Abwehr von Ansprüchen des Nichtbesitzers auf die Sache
- Die Offensivwirkung (ZGB 934):
Der Besitzer, dem die Sache gegen seinen Willen abhanden gekommen ist, kann sie innert fünf Jahren jedem Empfänger abfordern (vorbehalten ZGB 933).
Diese Regelung, wonach der frühere Besitzer dem jetzigen Besitzer die Sache abfordern kann, setzt voraus, dass er die Vermutung, welche zu Gunsten des jetzigen Besitzers spricht, zunächst brechen muss. Erst wenn diese Vermutung zerstört ist, kann er die Sache dem jetzigen Besitzer abverlangen.
Die Vermutung zu Gunsten des jetzigen Besitzers kann er brechen, indem er entweder nachweist
- dass er seinen Besitz unfreiwillig verloren hat
- oder dass der jetzige Besitzer bösgläubig besitzt.
Gegen diese beiden Möglichkeiten kann sich der jetzige Besitzer wiederum zur Wehr setzen, indem er zum Beispiel beweist:
- dass er während 5 Jahren gutgläubig besessen hat (ZGB 728). Ist dies nämlich der Fall, ist der jetzige Besitzer durch Ersitzung neuer Eigentümer geworden, und kann damit seine Position verteidigen.
- dass ihm selber zu einem früheren Zeitpunkt die Sache gegen seinen Willen abhanden gekommen ist.
- dass er die Sache durch öffentliche Steigerung oder auf dem Markt oder von einem Kaufmann, der mit Waren der gleichen Art handelt, erworben hat. Ist dies der Fall, kann zwar die Sache von ihm noch herausverlangt werden, jedoch nur gegen Vergütung des von ihm bezahlten Preises (ZGB 934).
Schliesslich verbleibt die Sache beim jetzigen Besitzer, wenn es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt, und er gutgläubig ist (ZGB 935).
- Translativwirkung:
Die Aussage, wonach ein Verfügungsgeschäft nur gültig ist, wenn eine rechtfertigende Verfügungsmacht ihm zugrunde liegt, erleidet eine bedeutsame Einschränkung:
- Ist nämlich eine Sache einem andern anvertraut worden und veräussert sie dieser, ohne Eigentümer zu sein, verschafft er dem gutgläubigen Erwerber Eigentum, so dass sie vom früheren Besitzer nicht mehr zurückgefordert werden kann. Der gutgläubige Erwerber einer Sache wird dadurch geschützt (ZGB 935).
III. Das Grundbuch
Während bei Fahrnis der Besitz das dahinterstehende Recht demonstriert, geschieht dies bei Immobilien durch das Grundbuch. Das Grundbuch äussert sowohl positive, wie auch negative Rechtskraft, was heissen will, dass die in ihm bezeichneten Rechte bestehen, und die darin nicht aufgenommenen Rechte grundsätzlich nicht bestehen.
§ 3 Das Eigentum (ZGB 641ff):
I. Allgemeine Bestimmungen
- Übersicht
- Inhalt des Eigentums
- Umfang des Eigentums
- Bestandteil (ZGB 642):
- Die Zugehör (ZGB 644):
- Das gemeinschaftliche Eigentum:
Das Gesetz regelt in einem ersten Titel allgemeine Bestimmungen, die sowohl für das Grundeigentum, als auch für das Fahrniseigentum gelten (ZGB 641ff). In einem weiteren Abschnitt wird das Grundeigentum (ZGB 655) und schliesslich das Fahrniseigentum (ZGB 713ff) geregelt.
Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen (ZGB 641/1). Der Eigentümer hat das Recht, die Sache von jedem, der sie ihm vorenthält, herauszuverlangen und jede ungerechtfertigte Einwirkung auf die Sache abzuwehren (ZGB 641/2).
Diese umfassende Verfügungsmacht über die Sache, welche das Eigentum vermittelt, wird durch das Gesetz auf vielfältige Art beschränkt:
Zum einen sind bedeutsame öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen vorhanden, beispielsweise im Baurecht. So kann der Eigentümer eines Grundstückes nicht nach seinem freien Belieben eine Baute darauf errichten. Er ist zahlreichen Einschränkungen unterworfen. Zum andern enthält auch das Privatrecht selber verschiedene Eigentumsbeschränkungen. Insbesondere von Bedeutung in diesem Zusammenhang sind die sogenannten nachbarrechtlichen Vorschriften (ZGB 684ff).
So ist jeder Eigentümer verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentumsrechtes sich aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten. Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigte Einwirkungen durch Rauch oder Russ, lästige Dünste, Lärm oder Erschütterung (ZGB 684/2).
Diese Vorschrift erhält eine besondere Aktualität im Zusammenhang mit Umweltschutzfragen. Auch das Gemeinwesen ist in der Ausübung seines Eigentumsrechtes an diese nachbarrechtlichen Schranken gebunden. Baut es beispielsweise trotzdem eine Autobahn mit übermässigen Lärmeinwirkungen auf die Nachbargrundstücke, dürften die Nachbarn grundsätzlich den Betrieb der Autobahn verbieten lassen. Weil die Autobahn nun aber in einem als höher bewerteten öffentlichen Interesse gebaut und betrieben wird, entzieht das Gemeinwesen den Nachbarn die ihnen zustehenden privatrechtlichen Abwehransprüche.
Der Entzug dieses Abwehrrechtes stützt sich auf das Enteignungsgesetz, und muss entschädigt werden. Neben den öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Eigentumsbeschränkungen sind insbesondere auch die rechtsgeschäftlichen Eigentumsbeschränkungen von Bedeutung.
Wer Eigentümer einer Sache ist, hat das Eigentum an allen ihren Bestandteilen (ZGB 642/1). Bestandteil einer Sache ist alles, was nach der am Orte üblichen Auffassung zu ihrem Bestande gehört und ohne ihre Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung nicht abgetrennt werden kann (ZGB 462/2).
Damit eine Sache Bestandteil einer anderen ist, bedarf es sowohl einer inneren Verbindung, als auch eines äusserlichen Zusammenhanges. Der Bestandteil muss der Sache dienen und darf nicht bloss vorübergehend für sie verwendet werden. So ist beispielsweise die Maschine, um welche herum ein Gebäude so errichtet wird, dass die Maschine nicht ohne Zerstörung des Gebäudes entfernt werden kann, Bestandteil des Gebäudes.
Die Konsequenz davon ist, dass der Bestandteil keine eigene Sache ist, er teile immer das rechtliche Schicksal der Hauptsache. Der Bestandteil kann nicht losgelöst von der Hauptsache verkauft oder verpfändet werden. Auch kein Eigentumsvorbehalt ist am Bestandteil möglich (ZGB 715ff).
Die Zugehör ist weniger eng mit der Hauptsache verbunden als der Bestandteil. Auch sie setzt voraus, dass sowohl ein äusserer Zusammenhang, eine gewisse räumliche Beziehung besteht, als auch ein innerer Zusammenhang. Die Zugehör muss so beschaffen sein, dass sie der Hauptsache dient.
Im Gegensatz zum Bestandteil bleibt die Zugehör eine selbständige Sache, über die auch unabhängig von der Hauptsache verfügt werden kann. Ist jedoch nicht auch ausdrücklich etwas gegenteiliges bestimmt worden, dann teilt sie das Schicksal der Hauptsache. Wer somit die Hauptsache verkauft, und die Zugehör nicht ausdrücklich davon ausnimmt, verkauft auch diese.
Gemeinschaftliches Eigentum an einer Sache kann in zwei Formen vorkommen: Als Gesamteigentum oder als Miteigentum. Wesentlich am Gesamteigentum ist, dass die Personen, welche Gesamteigentümer sind, in einem Grundverhältnis zusammengeschlossen werden. Dies kann eine Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft, Kollektivgesellschaft, Kommanditgesellschaft, oder einfache Gesellschaft sein.
Der einzelne Gesamteigentümer kann über seinen ihm rechnerisch zustehenden Anteil nicht in dem Sinne verfügen, als der Erwerber damit einen Bruchteil des Eigentums an der Sache erwerben könnte.
Das Eigentum steht wohl mehreren Personen gemeinsam zu, sie können aber nur zusammen über das ganze Eigentum verfügen.
Demgegenüber ist Miteigentum dadurch charakterisiert, als dass es den Bruchteil des Eigentumsrechtes an einer Sache definiert, und damit jeder Miteigentümer unabhängig von den andern über seinen Teil verfügen kann.
Die Nutzung und Verwaltung der im Miteigentum stehenden Sache ist ausführlich geregelt (ZGB 647ff).
§ 4 Die beschränkten dinglichen Rechte
- Allgemeines
- Grunddienstbarkeiten (ZGB 730ff )
- Die Grundlasten (ZGB 782)
- Die persönlichen Dienstbarkeiten (ZGB 745ff)
Das Gesetz beschränkt die Zahl der beschränkten dinglichen Rechte auf drei Kategorien:
Dienstbarkeiten, Grundlasten und Pfandrechte. Andere als diesen Kategorien zugehörige beschränkte dingliche Rechte gibt es nicht. Man spricht deshalb von einem numerus clausus der beschränkten dinglichen Rechte.
Beschränkte dingliche Rechte können auch an der eigenen Sache errichtet werden.
Inhalt einer Grunddienstbarkeit ist stets ein passives Verhalten des Verpflichteten: Er muss eine bestimmte Tätigkeit des andern dulden, oder eine bestimmte eigene Tätigkeit unterlassen. Verpflichteter in der Grunddienstbarkeit ist immer der jeweilige Eigentümer eines bestimmten Grundstückes.
Berechtigt an einer Dienstbarkeit ist entweder der Eigentümer eines bestimmten Grundstückes (Grunddienstbarkeit) oder eine bestimmte Person (Personaldienstbarkeit).
Das Dulden oder Unterlassen des Verpflichteten kann beispielsweise darin bestehen, zu dulden, dass ein anderer eine Leitung durch das eigene Grundstück führt (Leitungsrecht), oder dass geduldet wird, dass ein anderer ein Gebäude auf dem eigenen Grundstück errichtet (Baurecht), oder dass der Verpflichtete es unterlässt, sein eigenes Grundstück zu überbauen.
Durch die Grundlast wird der jeweilige Eigentümer eines Grundstückes zu einer Leistung an einen Berechtigten verpflichtet.
Er haftet für diese Leistung ausschliesslich mit seinem Grundstück.
Berechtigter kann entweder eine genau bezeichnete Person, oder der jeweilige Eigentümer eines andern Grundstückes sein (ZGB 782/2).
Die Leistung in der Grundlast besteht nicht in einem passiven Verhalten, sondern in einer aktiven Handlung. Sie kann beispielsweise darin bestehen, dass der Eigentümer eines Waldgrundstückes verpflichtet wird, jährlich fünf Ster Holz zu liefern oder in einem landwirtschaftlichen Grundstück täglich so und soviel Liter Milch zu liefern.
Ist bei einer Dienstbarkeit nicht der jeweilige Eigentümer eines andern Grundstückes berechtigt, sondern eine bestimmte Person, spricht man von einer persönlichen Dienstbarkeit oder Personaldienstbarkeit. Während bei der Grunddienstbarkeit der Bestand des Rechtes durch einen Eigentümerwechsel des belasteten oder begünstigten Grundstückes unbeachtlich ist und insofern begrifflich bereits feststeht, dass die Grunddienstbarkeit vererblich und übertragbar ist, ist dies bei der Personaldienstbarkeit nicht der Fall. Gewisse Personaldienstbarkeiten sind vererblich und übertragbar, andere sind es nicht.
Das Gesetz zählt zunächst einzelne Personaldienstbarkeiten auf (Nutzniessung, Wohnrecht, Baurecht und Quellenrecht / ZGB 776, 779, 780, 781), und fasst dann unter dem Begriff "andere Dienstbarkeiten" die Personaldienstbarkeiten zusammen, welche einen anderen Inhalt aufweisen. In dieser umfassenden Kategorie der "anderen Dienstbarkeiten finden alle Verpflichtungen Platz, welche ein Dulden oder Unterlassen beinhalten.
- Die Nutzniessung (ZGB 745ff):
Die Nutzniessung gibt dem Berechtigten das Recht, eine Sache zu gebrauchen, ohne deren Substanz zu verändern. Sie ist nicht übertragbar. Die tatsächliche Ausübung der Nutzniessung kann der Berechtigte aber einem andern überlassen (ZGB 758).
Wem die Nutzniessung an einem Einfamilienhaus übertragen wird, kann deshalb wahlweise entweder das Haus selber bewohnen oder es an einen Dritten vermieten und den Mietzins für sich verwenden.
- Das Wohnrecht (ZGB 776):
Üblicherweise wird das Wohnrecht als relatives Recht durch einen Mietvertrag begründet. Der Mietvertrag kann durch eine Vormerkung im Grundbuch mit dinglicher Wirkung ausgestattet werden.
Wird es statt als relatives Recht als dingliches Recht begründet, verleiht es dem Berechtigten eine stärkere Position: Wird die mit einem Wohnrecht belastete Liegenschaft veräussert, berührt dies den Bestand des Wohnrechtes nicht.
Wenn ein längerfristiger Mietvertrag abgeschlossen wird, empfiehlt es sich deshalb immer, entweder diesen Mietvertrag im Grundbuch vormerken zu lassen, und damit eine dingliche Wirkung zu erzielen, oder statt eines Mietvertrages ein Wohnrecht zu begründen.
Das Wohnrecht ist unübertragbar und unvererblich. Der Wohnrechtsberechtigte darf deshalb nicht das Haus, an dem sein Recht besteht, an einen Dritten vermieten.
- Das Baurecht (ZGB 779):
Das Baurecht kann in verschiedenen Formen begründet werden. Auch hier ist denkbar, dass es rein obligatorisch begründet wird, ohne dass dadurch ein beschränktes dingliches Recht am Grundstück entsteht. Wird es als dingliches Recht errichtet und als selbständig und dauernd bezeichnet, wird dieses Recht behandelt wie ein selbständiges Grundstück. Es wird im Grundbuch geführt wie ein Grundstück, und kann frei übertragen oder verpfändet werden.
- Die anderen Dienstbarkeiten (ZGB 781):
Weil jedes Unterlassen oder Dulden Gegenstand einer Dienstbarkeit nach ZGB 781 sein kann, ist der numerus clausus der beschränkten dinglichen Rechte im Bereich der Personaldienstbarkeiten nicht von Bedeutung.
IV. Das Grundpfandrecht (ZGB 793)
- Einleitung
Pfandrechte an Grundstücken dienen zwei hauptsächlichen Zwecken:
- einerseits können damit Forderungen gegen dem Eigentümer der Pfandsache gesichert werden
- andererseits kann damit in einem gewissen Umfang der Bodenwert des Grundstückes mobilisiert werden.
Das Gesetz stellt drei verschiedene Grundpfandarten zur Verfügung (ZGB 793):
- Grundpfandverschreibung
- Schuldbrief
- Gült.
- Die Grundpfandverschreibung (ZGB 824ff):
- Der Schuldbrief:
- Die Gült (ZGB 847):
- Pfandstellen (ZGB 813ff)
Die Grundpfandverschreibung hat im wesentlichen Sicherungszweck. Der Schuldner, der zugunsten den Gläubigers eine Grundpfandverschreibung errichtet, haftet persönlich für die Forderung. Das bedeutet, dass er mit seinem ganzen Vermögen für die Forderung haftet, welche mit dem Pfandrecht gesichert werden soll.
Die Grundpfandverschreibung ist kein Wertpapier, und kann deshalb nicht frei gehandelt werden. Sie verselbständigt damit nicht den Bodenwert.
Der Schuldner der pfandversicherten Forderung muss nicht selber Eigentümer des verpfändeten Grundstückes sein. Es ist zulässig, ein Grundstück als Pfand für die Schuld eines andern zu geben.
Jede beliebige Forderung kann mit einer Grundpfandverschreibung gesichert werden.
Wird die versicherte Forderung an einen Dritten zediert, folgt ihr das Pfandrecht am Grundstück ohne weiteres.
Die Grundpfandverschreibung hindert den Schuldner nicht daran, die Forderung an sich nachträglich aus irgend einem Grunde zu bestreiten. Er kann, obschon die Grundpfandverschreibung besteht, behaupten, dass die Forderung ganz oder teilweise untergegangen sei.
Auch hier haftet der Schuldner, dessen Schuld durch das Pfandrecht versichert wird, persönlich.
Anders als die Grundpfandverschreibung ist allerdings der Schuldbrief ein Wertpapier. Jedes Recht, das mit einem Papier derart verknüpft wird, dass es ohne das Papier nicht geltend gemacht werden kann, gilt als Wertpapier. Weil beim Schuldbrief der Schuldner verspricht, nicht ohne Vorlage des Pfandpapiers zu leisten, ist derjenige, der das Papier in den Händen hält, sicher, dass es eine konkrete Forderung verkörpert. Der Schuldbrief kann deshalb von einem Erwerber ohne Risiko gekauft werden.
Wird die Forderung aus einem Schuldbrief zediert, ist dies nur mit Übergabe des Papiers an den Erwerber möglich (ZGB 868/1, 869/1 967).
Ist der Schuldbrief auf den Inhaber ausgestellt, genügt die Besitzübergabe des Titels. Lautet er auf einen bestimmten Namen, erfolgt die Übertragung durch ein Indossament.
Anders als bei der Grundpfandverschreibung kann der Schuldner im Schuldbrief den Bestand der Forderung nicht bestreiten.
Weil der Schuldbrief den Bestand der Forderung garantiert, ein Pfandrecht auf ein Grundstuck gewährt und ohne weiteres handelbar ist, mobilisiert er den Bodenwert des Grundstückes.
Nicht eine bestimmte Person, sondern der jeweilige Eigentümer eines Grundstückes ist Schuldner. Es besteht somit keine persönliche Haftung, sondern eine reine Sachhaftung.
Die Schuldpflicht und das Eigentum an der verpfändeten Sache können anders als bei der Grundpfandverschreibung und dem Schuldbrief nicht auseinanderfallen.
Pfandrechte an Grundstücken werden in einer bestimmten Reihenfolge errichtet. Diese Reihenfolge wird im Grundbuch festgehalten. Es ist allerdings auch zulässig, Pfandstellen leer zu lassen.
Wird eine pfandversicherte Forderung fällig und bezahlt, bleibt die entsprechende Pfandstelle leer bestehen. Sie kann zu einem späteren Zeitpunkt wiederum benützt werden.
Wird die Pfandsache verwertet und bestehen leere Pfandstellen, wird der entsprechende Wertanteil des Grundstückes jedoch nicht dem Schuldner ausbezahlt. Die späteren Pfandgläubiger rücken nach.
Das Verfahren bei der Pfandverwertung ist spezialgesetzlich geregelt (SchKG 135).
Übungsfragen Sachenrecht
- Was bedeutet Eigentum?
Eigentum ist das ausschliessliche Verfügungsrecht über eine Sache, das gegenüber jedermann Geltung hat.
- Welche Formen gemeinschaftlichen Eigentums gibt es?
Gesamteigentum – Miteigentum
- Was ist Stockwerkeigentum?
Stockwerkeigentum ist ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück mit dem Sonderrecht, bestimmte Teile des Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen (z.B. eine Wohnung).
- Wie wird Eigentum übertragen?
Durch Übertragung der Sache mit dem Willen, Eigentum zu übertragen
- Was bedeutet Besitz?
Besitz ist die tatsächliche Gewalt über eine Sache
- Wie erfolgt der Erwerbsakt bei Grundstücken?
Durch Eintragung im Grundbuch
- Was beinhaltet das Grundbuch?
Das Grundbuch ist ein staatliches Register, das über alle Rechtsverhältnisse an Grundstücken Auskunft gibt
- Was ist eine Dienstbarkeit?
Eine Dienstbarkeit ist ein Gebrauchs- oder Nutzungsrecht an einer Sache, das gegenüber jedermann Geltung hat (auch gegenüber dem Eigentümer). Bsp.: Wegrecht, Nutzniessung, Baurecht
- Wozu dient ein Pfandrecht?
Pfandrechte dienen der Sicherung einer Forderung. Sie verleihen dem Gläubiger die Befugnis, sich bei Nichtbefriedigung aus dem Erlös der Pfandverwertung bezahlt zu machen.
- Was bewirkt die Eintragung eines Eigentumsvorbehalts?
Eine bewegliche Sache bleibt trotz Übergabe an den Erwerber im Eigentum des Gebers. Üblich bei Abzahlungsgeschäften
- Was ist ein Retentionsrecht?
Der Gläubiger kann eine dem Schuldner gehörende Sache zur Sicherung seiner Forderung zurückbehalten
- Reto hat Geldschwierigkeiten. Er besucht seinen Freund Peter und offeriert diesem sein Auto für Fr. 3'000.-- zum Kauf an. Peter ist sofort einverstanden, das Auto zu kaufen und bezahlt den Kaufpreis von Fr. 3'000.-- sogleich. Er will aber den Wagen erst am nächsten Tag abholen. Kurz darauf trifft Reto einen alten Schulkameraden, Aldo. Auch dieser möchte das Auto kaufen. Aldo ist sogar bereit, Fr. 3'500.-- zu bezahlen. Reto erwähnt nichts vom vorherigen Verkauf an Peter. Aldo verspricht die Kaufsumme in den nächsten Tagen zu zahlen und nimmt das Auto mit. Wer ist Eigentümer des Autos?
Übungsfragen SchKG
- Welches ist die Aufgabe des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts?
Aufgabe ist die zwangsweise Durchsetzung von Geldforderungen.
- Welche Behörden sind für die Durchführung von Betreibungen zuständig?
Die Betreibungs- und Konkursämter, welche von den Kantonen zu organisieren sind.
- Was kann der Einzelne gegen unkorrekte Verfügungen des Betreibungs- oder Konkursamts unternehmen?
Er kann bei der kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit führen.
- Innert welcher Frist ist Beschwerde zu erheben?
In der Regel innert 10 Tagen seit Kenntnis der Verfügung.
- Welches ist die oberste Aufsichtsinstanz?
Das Bundesgericht.
- Wer kann in die Protokolle und Register der Betreibungs- und Konkursämter Einsicht nehmen?
Jedermann, der ein Interesse glaubhaft machen kann (Bsp.: Unmittelbarer Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Abwicklung eines Vertrags).
- Welches sind die drei Hauptarten der Betreibung?
Betreibung auf Pfändung
Betreibung auf Konkurs
Betreibung auf Pfandverwertung
- Welche zwei Hauptabschnitte werden im Betreibungsverfahren unterschieden?
Einleitungsverfahren
Fortsetzung durch das eigentliche Zwangsvollstreckungsverfahren
- In welchen Fällen wird die Betreibung auf dem Wege des Konkurses fortgesetzt?
Wenn der Schuldner in folgender Eigenschaft im Handelsregister eingetragen ist:
Inhaber einer Einzelfirma
Mitglied einer Kollektivgesellschaft
unbeschränkt haftendes Mitglied einer Kommanditgesellschaft
Mitglied der Verwaltung einer Kommandit-AG
geschäftsführendes Mitglied einer GmbH
Kollektiv-/Kommanditgesellschaft
AG
Kommandit-AG
GmbH
Genossenschaft
Verein
Stiftung
- Wann erfolgt die Betreibung auf dem Wege der Pfandverwertung?
Wenn die in Betreibung gesetzte Forderung durch ein Pfand (z.B. ein Grundstück) gesichert ist.
- In welchen Fällen wird die Betreibung durch Pfändung fortgesetzt?
In den Fällen, in welchen die Betreibung auf Konkurs oder Pfandverwertung nicht zur Anwendung gelangt.
- Wer entscheidet über die anzuwendende Betreibungsart?
In der Regel entscheidet hierüber der Betreibungsbeamte, ausnahmsweise der Gläubiger bzw. der Schuldner (Insolvenzerklärung).
- An welchem Ort ist die Betreibung in der Regel einzuleiten?
Am Wohnsitz des Schuldners bzw. am Sitz der (betreibungsfähigen) Gesellschaft.
- Zu welchen Zeiten dürfen keine amtlichen Betreibungshandlungen durchgeführt werden?
Zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen
Während der Betreibungsferien (z.B. über Weihnachten und Ostern)
Bei Rechtsstillstand (z.B. wegen Militärdienst)
- Wer trägt die Betreibungskosten?
Der Schuldner. Der Gläubiger ist jedoch vorschusspflichtig.
- Welche Stadien umfasst das Einleitungsverfahren?
Betreibungsbegehren des Gläubigers
Erlass des Zahlungsbefehls durch das Betreibungsamt
Evtl. Rechtsvorschlag des Schuldners
Evtl. Rechtsöffnung durch den Richter auf Antrag des Gläubigers
- Innert welcher Frist ist gegen einen Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag zu erheben?
Innert 10 Tagen seit Zustellung des Zahlungsbefehls.
- Wie wird der Rechtsvorschlag erhoben?
Durch mündliche oder schriftliche Erklärung gegenüber dem Betreibungsamt.
- Was bewirkt der Rechtsvorschlag?
Der Lauf der Betreibung wird gestoppt. Der Gläubiger muss zu deren Fortsetzung wieder aktiv werden.
- Wie kann der Gläubiger den Rechtsvorschlag beseitigen?
Durch ordentliche Klage
Durch provisorische oder definitive Rechtsöffnung
- Wer ist für die Bewilligung der Rechtsöffnung zuständig?
Der Richter am Betreibungsort.
- In welchen Fällen kann der Gläubiger definitive Rechtsöffnung verlangen?
Wenn seine Forderung in einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil oder einem diesem gleichgestellten Titel (z.B. in einer Steuerverfügung) festgehalten ist.
- Welche Einreden kann der Schuldner dem Begehren um definitive Rechtsöffnung entgegenhalten?
Bei innerkantonalen Urteilen: Tilgung, Stundung oder Verjährung der Forderung
Bei ausserkantonalen Urteilen zusätzlich: Mangelhafte Vorladung / gesetzliche Vertretung
Bei ausländischen Urteilen zusätzlich die im Staatsvertrag vorgesehenen Einreden
- Unter welchen Voraussetzungen wird die provisorische Rechtsöffnung bewilligt?
Wenn der Gläubiger dem Richter eine schriftliche Schuldanerkennung vorweist und der Schuldner hiergegen keine sofortigen Einwendungen glaubhaft machen kann.
- Welche Möglichkeit verbleibt dem Schuldner, wenn dem Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung bewilligt wird?
Der Schuldner kann innert 20 Tagen auf dem ordentlichen Prozessweg klagen, dass die Forderung des Gläubigers nicht bestehe (Aberkennungsklage).
- Wann kann der Gläubiger die Fortsetzung der Betreibung beantragen?
Wenn kein Rechtsvorschlag erhoben wurde: 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls
Wenn Rechtsvorschlag erhoben wurde: Nach dessen Beseitigung
- In welchen Etappen verläuft das Verfahren auf Pfändung?
Fortsetzungsbegehren (=Pfändungsbegehren) des Gläubigers
Pfändungsankündigung durch das Betreibungsamt
Vollzug der Pfändung durch das Betreibungsamt
Verwertungsbegehren des Gläubigers
Verwertung und Verteilung durch das Betreibungsamt
- Was kann gepfändet werden?
Vermögenswerte des Schuldners, welche nicht durch gesetzliche Vorschrift von der Pfändung ausgeschlossen sind (Bsp.: Unentbehrliche Gegenstände wie Tisch, Bett...).
Erwerbseinkommen kann nur gepfändet werden, soweit es das Existenzminimum des Schuldners und seiner Familie übersteigt.
- In welcher Reihenfolge werden Vermögenswerte des Schuldners gepfändet?
Die Einkommenspfändung geht der Sachpfändung vor.
- Wie müssen Dritte ihre Rechte an den gepfändeten Gegenständen geltend machen?
Sie müssen ihre Rechte im sog. Widerspruchsverfahren anmelden.
- Wie kann der Schuldner den Vollzug der Verwertung aufschieben lassen, wenn der Gläubiger diese verlangt hat?
Der Schuldner muss beim Betreibungsamt glaubhaft machen, dass er die Schuld in Raten tilgen kann, und sich zu regelmässigen Abschlagszahlungen verpflichten, welche der Betreibungsbeamte festlegt.
- Auf welche Art werden die gepfändeten Gegenstände verwertet?
Grundsätzliche durch öffentliche Versteigerung. Möglich ist auch der freihändige Verkauf, z.B. dann, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind.
- Wie erfolgt die Verteilung des Verwertungserlöses, wenn mehrere Gläubiger beteiligt sind?
Vorab werden die Forderungen der Pfandgläubiger aus dem Pfanderlös gedeckt. Danach erfolgt die Verteilung gemäss der Rangordnung der Gläubiger im Konkurs.
- Was geschieht, wenn eine Forderung aus der Pfändung ganz oder teilweise ungedeckt bleibt?
Der Gläubiger erhält einen Verlustschein.
- Welche Wirkungen hat der Pfändungsverlustschein?
Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung und berechtigt den Gläubiger zur
Arrestlegung
Anfechtungsklage
Fortsetzung der Betreibung ohne neuen Zahlungsbefehl innert 6 Monaten
- Wann verjährt die im Verlustschein verurkundete Forderung?
Die unverzinsliche Forderung verjährt gegenüber dem Schuldner in 20 Jahren.
- Muss ein Gläubiger, der die Betreibung auf Pfandverwertung verlangt, im Betreibungsbegehren besondere Angaben machen?
Ja, es ist u.a. der zu verwertende Pfandgegenstand sowie der Name eines allfälligen Dritten anzugeben, welcher das Pfand bestellt oder zu Eigentum erworben hat.
- Wie wird die Betreibung auf Pfandverwertung nach dem Einleitungsverfahren fortgesetzt?
Da der Haftungsgegenstand bereits feststeht, ist keine Pfändung nötig und der Gläubiger kann direkt das Verwertungsbegehren stellen.
- Welche Wirkungen hat ein Pfandausfallschein?
Der Gläubiger kann die Betreibung ohne neuen Zahlungsbefehl innert Monatsfrist auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses fortsetzen. Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung.
- In welche Abschnitte gliedert sich die ordentliche Konkursbetreibung?
Einleitungsverfahren
Fortsetzungsbegehren des Gläubigers
Konkursandrohung durch das Betreibungsamt, evtl. Aufnahme eines Güterverzeichnisses (Antrag Gläubiger)
Konkursbegehren des Gläubigers
Konkurseröffnung durch das Gericht
- Was ist eine Wechselbetreibung?
Die Wechselbetreibung ist eine besonders strenge und rasche Form der Konkursbetreibung.
- Wann kann der Gläubiger eine Wechselbetreibung einleiten?
Wenn seine Forderung auf einem Wechsel oder einem Check gründet.
- In welchen Fällen kann der Gläubiger ohne vorgängige Betreibung direkt die Konkurseröffnung verlangen?
Wenn der Aufenthaltsort des Schuldners unbekannt ist oder sich dieser bei der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten unredlich verhält.
- Kann der Konkurs auch auf Antrag eines nicht konkursfähigen Schuldners eröffnet werden?
Dies ist möglich, sofern sich der Schuldner beim Gericht für zahlungsunfähig erklärt.
- Kann ein Konkurserkenntnis widerrufen werden?
Ja, wenn der Schuldner eine dieser Varianten nachweist:
Tilgung aller Forderungen
Rückzug aller Konkurseingaben durch die Gläubiger
Zustandekommen eines Nachlassvertrags
- Welche Wirkung hat der Konkurs auf das Vermögen des Schuldners?
Das gesamte pfändbare Vermögen (Ausn.: Erwerbseinkommen) bildet die Konkursmasse, welche zur gemeinsamen Befriedigung aller Gläubiger dient.
- Wer ist Eigentümer der Konkursmasse?
Der Schuldner bleibt Eigentümer der Konkursmasse, verliert aber sein Verfügungsrecht.
- Welche Wirkungen hat die Konkurseröffnung auf die Forderungen der Gläubiger?
Sämtliche Forderungen werden fällig, sind jedoch nicht mehr verzinsbar. Forderungen, welche keine Geldzahlung zum Gegenstand haben, werden in Geldforderungen umgewandelt.
- Welche Möglichkeiten stehen für die Durchführung des Konkursverfahrens zur Auswahl?
Durchführung des summarischen Konkursverfahrens
Durchführung des ordentlichen Konkursverfahrens
- Wie wird das im konkreten Fall anwendbare Konkursverfahren bestimmt?
Das Konkursamt nimmt ein Inventar über die Vermögenslage des Schuldners auf und stellt dem Konkursgericht Antrag, wie weiter zu verfahren sei.
- In welchen Fällen wird das Konkursverfahren eingestellt?
Wenn die festgestellten Aktiven nicht einmal ausreichen, um die Kosten des summarischen Konkursverfahrens zu decken.
- Welche Folgen hat die Einstellung des Konkursverfahrens für die Gläubiger?
Die Gläubiger können die Durchführung des Konkurses beantragen, wenn sie für die Kosten Sicherheit leisten. Im Falle der Einstellung kann der Schuldner während zwei Jahren auch auf Pfändung betrieben werden und die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben wieder auf.
- In welche Abschnitte gliedert sich das ordentliche Konkursverfahren?
Publikation und Schuldenruf
Gläubigerversammlung
Prüfung der eingegebenen Forderungen durch die Konkursverwaltung
Erstellung und Bereinigung des Kollokationsplans
Gläubigerversammlung - Verwertung und Verteilung
- Welches sind die Hauptaufgaben der ersten Gläubigerversammlung?
Einsetzen der Konkursverwaltung
Beschlüsse über dringliche Fragen, z.B. ob der Konkursschuldner sein Geschäft weiterführen darf
- Unter welchen Voraussetzungen ist die erste Gläubigerversammlung beschlussfähig?
Wenn mindestens ein Viertel der bekannten Gläubiger anwesend ist.
- Welche Aufgaben hat die Konkursverwaltung?
Sie hat alle zur Erhaltung und Verwertung der Konkursmasse gehörenden Geschäfte zu besorgen und die eingegebenen Forderungen zu prüfen.
- Was ist ein Kollokationsplan?
Der Kollokationsplan ist eine Aufstellung über die Rangordnung der Gläubiger bzw. ihrer Forderungen.
- Wie kann ein unzufriedener Gläubiger den Kollokationsplan anfechten?
Mit der Kollokationsklage.
- Welche Hauptaufgabe hat die zweite Gläubigerversammlung?
Sie beschliesst über die Verwertung der Konkursmasse.
- In welchen Fällen wird das summarische Konkursverfahren durchgeführt?
Wenn der Erlös der inventarisierten Vermögenswerte die Kosten des ordentlichen Konkursverfahrens voraussichtlich nicht deckt
wenn die Verhältnisse einfach sind.
- Worin unterscheidet sich das summarische vom ordentlichen Konkursverfahren?
Es finden in der Regel keine Gläubigerversammlungen statt. Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Konkursmasse werden direkt vom Konkursamt vorgenommen.
- In welcher Reihenfolge werden die Gläubiger aus dem Verwertungserlös befriedigt?
Pfandgesicherte Forderungen werden aus dem Pfanderlös vorweg bezahlt.
Die übrigen Gläubiger werden in 3 Klassen aufgeteilt, die einander vorgehen
Innerhalb einer Klasse sind die Gläubiger gleichgestellt.
- Welche Forderungen fallen in die erste Klasse?
Bestimmte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis
Bestimmte Forderungen aus UVG/Beruflicher Vorsorge
Familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungspflichten aus den letzten sechs Monaten vor Konkurs
- Welche Ansprüche fallen in die zweite Klasse?
Forderungen von Personen, deren Vermögen dem Schuldner kraft elterlicher Gewalt anvertraut war.
- Welche Forderungen bilden die dritte Klasse?
Alle übrigen, d.h. alle nicht privilegierten Forderungen.
- Was erhält ein Gläubiger, der im Konkurs nicht (vollständig) befriedigt wird?
Der Gläubiger erhält einen Verlustschein.
- Welche Wirkungen hat ein Konkursverlustschein?
Die Forderung ist unverzinslich und verjährt in 20 Jahren
Der Gläubiger ist zum Arrest legitimiert
Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung, wenn der Konkursschuldner die Forderung anerkannt hat
Eine neue Betreibung gegen den Schuldner ist nur möglich, wenn dieser zu neuem Vermögen gekommen ist
- Was geschieht, wenn der Konkursschuldner in einer neuen Betreibung Rechtsvorschlag erhebt mit der Begründung, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen?
Der Richter des Betreibungsortes entscheidet im summarischen Verfahren über die Begründetheit des Rechtsvorschlags.
Sind die Parteien mit diesem Entscheid nicht einverstanden, können sie innert 20 Tagen auf dem ordentlichen Prozessweg Klage auf Bestreitung oder Feststellung neuen Vermögens einreichen
- Welche Konsequenzen hat das Nichtanmelden einer Forderung im Konkurs?
Die nichtangemeldeten Forderungen werden bei der Verteilung des Erlöses nicht berücksichtigt, unterliegen aber denselben Beschränkungen wie Konkursverlustscheine, d.h. eine neue Betreibung ist nur möglich, wenn der Schuldner zu neuem Vermögen gekommen ist.
- Wie wird das Konkursverfahren abgeschlossen?
Durch das Schlusserkenntnis der Konkursgerichts, welches wie die Konkurseröffnung öffentlich bekanntgemacht wird.
- Welche Funktion erfüllt die Arrestlegung?
Der Arrest dient dazu, Vermögenssubstrat des Schuldners für eine nachfolgende Zwangsvollstreckung zu sichern.
Aus welchen Gründen kann ein Arrest bewilligt werden?
Schuldner hat keinen festen Wohnsitz oder
schafft Vermögen beiseite oder
will flüchten oder
ist auf der Durchreise
Schuldner wohnt nicht in der Schweiz. Dieser Arrest ist aber nur möglich, wenn die Forderung einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einem vollstreckbaren Urteil oder auf einer Schuldanerkennung beruht.
Gläubiger besitzt einen Verlustschein
- Wo ist das Arrestbegehren zu stellen?
Beim Richter des Ortes, wo sich die Vermögensgegenstände des Schuldners befinden.
- Welche Möglichkeiten hat der Schuldner, um gegen den Arrestbefehl vorzugehen?
Er kann beim Arrestrichter innert 10 Tagen Einsprache gegen den Arrestbefehl erheben.
- Was bedeutet Arrestprosequierung?
Der Arrest muss als vorsorgliche Massnahme vom Gläubiger weiterverfolgt (prosequiert) werden, indem er innert 10 Tagen die Betreibung einleitet bzw. weiterführt oder seine Forderung klageweise geltend macht.
- Wozu dient die Anfechtungsklage?
Mit den Anfechtungsklage sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, welche der Schuldner ihr unzulässig entzogen hat.
- Wer ist zur Anfechtungsklage legitimiert?
Jeder Gläubiger der einen Pfändungsverlustschein erhalten hat
Die Konkursverwaltung im Konkurs, evtl. der einzelne Gläubiger
- Welche Arten der Anfechtungsklage gibt es?
Schenkungsanfechtung
Überschuldungsanfechtung
Absichtsanfechtung
- Wozu dient das Nachlassverfahren?
Das Nachlassverfahren ist als Sanierungsverfahren für Unternehmen konzipiert. Es soll dem Schuldner einen Konkurs ersparen und den Gläubigern einen besseren Erlös sichern.
- Welche Arten von Nachlassverträgen kennt das Gesetz?
Ordentlicher Nachlassvertrag
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung
- Worin besteht der ordentliche Nachlassvertrag?
Die Gläubiger der dritten Klasse stunden ihre Forderungen oder verzichten zu einem bestimmten Prozentsatz auf deren Bezahlung.
- Was beinhaltet ein Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung?
Der Schuldner tritt den Gläubigern seine gesamten Aktiven zur Liquidation und Verteilung nach den Grundsätzen des Konkursrechts ab. Die Gläubiger verzichten im Gegenzug endgültig auf den nicht gedeckten Teil ihrer Forderungen.
- Wie kommt ein Nachlassvertrag zustande?
Bewilligung der Nachlassstundung durch den Richter
Annahme des Nachlassvertrags durch die Gläubiger
Bestätigung des Nachlassvertrags durch den Richter
- Welche Wirkungen hat die Nachlassstundung?
Während dieser Zeit herrscht eine Art Waffenstillstand zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern, um das Annahmeverfahren vorzubereiten.
- Kann ein Nachlassvertrag auch nach der Konkurseröffnung zustandekommen?
Ja. Diesfalls kann beim Konkursgericht der Widerruf des Konkurses beantragt werden.
- Gibt es ein dem Nachlassvertrag ähnliches Verfahren, welches auf Private zugeschnitten ist?
Das Gesetz sieht als bevorzugte Alternative zur konkursrechtlichen Insolvenzerklärung von Privaten die "einvernehmliche private Schuldenbereinigung" vor. Auch damit sollen die Konsequenzen eines Konkurses vermieden werden.
- Welche Betreibungsart findet wohl Anwendung:
a) Die Bank "Peconia" betreibt den Hauseigentümer Kohlenlos für ein gekündigtes Hypothekardarlehen von Fr. 200'000.--.
b) Die Firma Blank AG wird von der AHV für ausstehende Arbeitnehmerbeiträge betrieben.
- Welche Möglichkeit hat der Schuldner noch, nachdem gegen ihn eine provisorische Rechtsöffnung ergangen ist, bevor es zum Fortsetzungsverfahren kommt?
Gesellschaftsrecht
I. Einfache Gesellschaft
- Sobald sich zwei oder mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Mitteln zusammenschliessen spricht man von einer einfachen Gesellschaft. Ist der Zusammenschluss lose und vorübergehend und passt er auf keine andere Gesellschaftsform, so liegt eine einfache Gesellschaft vor. Sie entsteht durch Abschluss eines Vertrages. Die einfache Gesellschaft
- ist keine Handelsgesellschaft
- kann nicht in das Handelsregister eingetragen werden
- kann sich keine Firma zulegen
- hat keine eigene Rechtspersönlichkeit; es haften letzten Endes stets die einzelnen Gesellschafter solidarisch und unbeschränkt
- fasst ihre Beschlüsse einstimmig (sofern nichts anderes vereinbart wurde)
- verteilt Gewinn und Verlust nach Köpfen
- Beispiele für eine einfache Gesellschaft:
- Konkubinat
- Bürogemeinschaft
- Baukonsortium
II. Aktienrecht
- Begriff AG
- Die Aktiengesellschaft ist eine Gesellschaft mit eigener Firma, deren zum voraus bestimmtes Kapital in Teilsummen (Aktien) zerlegt ist und für deren Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen haftet.
- Die AG hat eigenes Vermögen. Beispiel:
Inserat NZZ vom 7.9.88: Ihre Segelträume gehen in Erfüllung durch Erwerb einer Aktie in der Höhe von Fr. 30'000.-- von der Sea Gypsy Reederei. Als Miteigentümer erhalten Sie ausser der Rendite die Gelegenheit, kostenlos 1 Kabine mit zwei Kojen für 1 Woche pro Jahr zu benutzen.
Kein Miteigentum! Schiff gehört der AG. Kein Zugriff der Mitglieder auf Sachen, die der AG gehören.
- Zusammenschluss, der eine Personenmehrheit vereint und organisiert.
- Gesetz schreibt fest gefügte interne Organisation und Kompetenzverteilung vor und verleiht die Rechtspersönlichkeit.
- Die AG ist auch nach innen verselbständigt und von einem Mitgliederwechsel nicht betroffen
- Die AG ist eine Kapitalgesellschaft, das Schwergewicht liegt auf der Kapitalbeschaffung, nicht auf persönlichen Fähigkeiten oder Mitarbeit der Mitglieder.
- Leitbild der AG
- Freie Handelbarkeit der Anteile (Ausn.: Vinkulierung) Dafür kein Austritt oder Ausschluss möglich, Einlage wird nicht zurückerstattet (OR 680 II)
- Keine persönliche Haftung (Ausnahme: Durchgriff)
- Potentiell unbeschränkt viele und kleine
- Zweck
- Jeder d.h. wirtschaftlich, ideell (OR 620 III) oder Streben nach Gewinn (OR 706 II Ziff. 4 )
- Ideell: Vorteil wird zugunsten Dritter erwirtschaftet: kulturell, politisch, wohltätig, gesellschaftlich.
- Wirtschaftlich: Streben nach Geldwerten, ökonomischen Vorteilen für Mitglieder, z.B. Förderung der Mitglieder durch die gesellschaftliche Tätigkeit selbst oder die Beteiligung am Gesellschaftsertrag in Form von Dienstleistungen oder Direktbezügen. Beispiel: Mieteraktiengesellschaft (G/M/K S. 641), Windjammerromantik
- Wirtschaftlichkeit ist nicht Gewinnstrebigkeit! Gewinnstrebigkeit: Aktiven > Passiven = Ertrag OR 706 II Ziff. 4 setzt stillschweigend voraus, dass AG gewinnstrebig ist.
- Einmanngesellschaften
- Werden vom Gesetzgeber toleriert (OR 625). Sinkt die Zahl der Gesellschafter unter drei, so kann der Richter auf Begehren eines Aktionärs oder eines Gläubigers deren Auflösung verfügen. Die AG geht also nicht automatisch unter und es entsteht praktisch eine Einzelunternehmung mit beschränktem Haftungssubstrat.
- Durchgriff
- Ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen.
- Aufhebung der Trennung zwischen AG und Aktionären.
- Ausserachtlassen der Persönlichkeit der AG, Ignorieren der Rechtsform, Gleichsetzung von Gesellschaft und Gesellschaftern. BGer: Wenn es der Grundsatz von Treu und Glauben im Verkehr mit Dritten erfordert (Lediglich Notbremsefunktion, absolute Ausnahme).
- Grundsatz: Die AG ist selbständig. Ausnahme: Durchgriff, wenn es der Grundsatz von Treu und Glauben erfordert.
- Voraussetzungen: Abhängigkeitsverhältnis/Identität der wirtschaftlichen Interessen der iur. Person und des Mehrheitsaktionärs.
- Beispiel:
Meier ist Alleinaktionär und einziger Verwaltungsrat der Meier AG und der Impex Meier Trust AG (Einmanngesellschaften). Die Meier AG kauft von der Firma Trade Concept 100'000 Stk. Paar Lewis Jeans zum Preis von Fr. 50.-- / Stk. Die Firma Meier AG verkauft diese Jeans im Anschluss an die Impex Meier Trust AG zum Stückpreis von Fr. 20.--. Die Meier AG kann in der Folge den Kaufpreis gegenüber der Firma Trade Concept nicht bezahlen und fällt in Konkurs.
- Gründung der AG
- Schritte
- Vorbesprechung
- Vereinbarung AG zu gründen (Gründergesellschaft: Einfache Gesellschaft von dem Moment an, in dem der Entschluss, eine Gesellschaft zu gründen, gefasst wurde)
- Errichtung
- Gründung (Eintrag im Handelsregister)
- Errichtung der AG
Der Errichtungsakt umfasst zwei Teile (Erklärungen), nämlich Willensäusserungen sowie Feststellungen. Diese Erklärungen werden in öffentlichen Urkunden festgehalten (OR 629).
- Die Willensäusserung (OR 629 I und II erster Satzteil)
Sie betrifft die
- Erklärung der Gründung
- Festlegung der Statuten
- Bestellung der Organe
- Zeichnung der Aktien
- Die Feststellungen:
- Gültige Zeichnung sämtlicher Aktien
- Leistung der Einlagen
- versprochene Einlagen müssen dem Ausgabebetrag entsprechen (mindestens Fr. 100'000.--; OR 621)
- gesetzliche und statutarische Anforderungen an die Einlage müssen erfüllt sein
- Mindesteinlage muss bei Errichtung geleistet sein (OR 632)
- Einzahlung dieser Einlage an Bank oder Sparkasse
- Schutzbestimmungen bei qualifizierter Gründung (OR 629 II)
Jetzt ist die AG errichtet, aber noch nicht entstanden
.
- Liberierung (632 OR)
- Nach Gesetz müssen bei der Errichtung mindestens 20% des Nennwertes jeder Aktie einbezahlt worden sein. Mehreinzahlung auf einer Aktie rechtfertigt keine Mindereinzahlung auf andere.
- Zudem müssen wenigstens Fr. 50'000.-- einbezahlt worden sein (OR 632 II). Falls die Gesellschaft nur über das Minimalkapital verfügt, beläuft sich die durchschnittliche Liberierung pro Aktie auf 50%.
- Einfache/qualifizierte Gründung
- einfache Gründung: Grundkapital wird in bar liberiert.
- qualifizierte Gründung:
- Sacheinlage (OR 628 I): Das Aktienkapital wird durch übertragbare Vermögenswerte liberiert (alles, was nicht Bargeld ist); die Vermögenswerte werden mit Aktien abgegolten.
- Sachübernahme (OR 628 II): Noch vor Erlangung der Rechtspersönlichkeit werden für die AG Verpflichtungen eingegangen, bestimmte Vermögenswerte zu übernehmen.
- Gründervorteile (OR 628 III): Leistungen der Gesellschaft an Gründer oder Dritte als besonderes Entgelt für Verdienste und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Gründung. Beispiele:
- bevorzugte Gewinnbeteiligung
- oder Beteiligung am Liquidationserlös
- besondere Bezugsrechte
- Lieferungs- und Abnahmeverpflichtung
- Anstellungsgarantien
Begrenzung: Die Gründervorteile dürfen keine zwingenden aktienrechtlichen Bestimmungen verletzen. Beispiele:
- Zusicherung, die eine verdeckte Rückzahlung des AK beinhaltet sowie Zusicherung von Zinsen
- Zusicherung eines dauernden Sitzes im VR
- Verrechnungsliberierung (OR 635 Ziff. 2):Statt bar zu liberieren wird eine Forderung eingebracht. Es wird durch Verrechnung liberiert. Beispiel:
- Bei Gründung wird schon bestehendes Unternehmen mit Aktiven und Passiven übernommen und die Gläubiger sind bereit, in der Höhe ihrer Forderungen Aktien zu übernehmen.
- Schutzvorschriften bei qualifizierter Gründung:
- Aufnahme in Statuten (OR 628)
- Schriftlicher oder öff. beurkundeter Sacheinlagevertrag (OR 634)
- Gründungsbericht (OR 635)
- Prüfungsbestätigung (OR 635a)
- Gründerverantwortlichkeit (OR 753)
Warum sind diese Vorschriften notwendig?:
- Gefahr der fiktiven Liberierung der Aktien
- Gefahr der Benachteiligung einzelner Aktionäre
- Gefahr der Schwächung der AG schon zur Zeit der Gründung (z.B. durch Überbewertung).
- Die Prüfungsbestätigung
- Ein Revisor, der nicht Mitglied der Revisionsstelle zu sein braucht, hat den Gründungsbericht zu prüfen. Er prüft, ob der Gründerbericht alle gesetzlich vorgeschriebenen und alle für die Bewertung erforderlichen Angaben enthält, und ob insbesondere die Ausführungen über die Angemessenheit der Bewertung richtig sind. Er prüft also die Vertretbarkeit der Bewertung, nicht deren Richtigkeit.
- Handlungen für eine sich in Gründung befindende AG (OR 645)
- Handeln in eigenem Namen. Der Handelnde wird alleine berechtigt und verpflichtet.
- Handeln im Namen des Gründerkonsortiums (also der einfachen Gesellschaft): Stellvertretung nach OR 537 und OR 543 II i.V.m. OR 32ff, ev. Vermutung nach OR 543 III.
- Handeln im Namen der künftigen Gesellschaft. Gründungsmitglieder haften persönlich und solidarisch (OR 645).
- Wie können Handelnde dieses Risiko ausschalten?:
- Sie machen das Geschäft von der Entstehung und Genehmigung durch die AG abhängig.
- Statuten
- Begriff
- Komplexe von Rechtsnormen, die als Verfassung der Körperschaft funktionieren und ihren Geltungsgrund in der Privatautonomie haben.
- Grundgesetz, mit welchem das Leben des Verbandes nach innen und nach aussen geregelt wird. Die Statuten sind damit Regeln objektiver und genereller Natur, welche nicht nur die Gesellschafter, sondern auch die Organe der Gesellschaft binden.
- Die von der Gesellschaft selbst gesetzten Regeln über Zweck, Firma, Sitz, Kapital, Organisation und Mitgliedschaft. Sie enthalten die Gesellschaft und ihre Tätigkeit beherrschenden Grundsatzentscheidungen.
- Form, Festsetzung und Änderung der Statuten?
- Grundsatz von OR 703: Beschlussfassung mit der Mehrheit der vertretenen Stimmen.
- Ausnahmen:
- qualifiziertes Mehr: 2/3 der vertretenen Stimmen und das absolute Mehr der vertretenen Aktiennennwerte (OR 704)
- Einstimmigkeit: für Änderung absolut wohlerworbener Rechte (Beispiel: OR 706 Ziff. 4)
- unabänderlich: zwingende Normen und unverzichtbare Rechte (Beispiel: OR 706b)
- Grundsätzlich ist die GV zur Änderung der Statuten zuständig
- Was muss eine AG vorkehren, wenn sie Statuten abändern will ?:
- öffentliche Urkunde
- Anmeldung beim Handelsregister durch Verwaltung
- Eintrag beim Handelsregister
- Veröffentlichung im SHAB (OR 931).
- Statuteninhalt
- Absolut notwendiger Statuteninhalt (OR 626)
- Firma und Sitz (völlig unentbehrlich, da sie Gesellschaft individualisieren)
- Zweck
- Aktienkapital und der darauf einbezahlte Betrag
- Zahl der Aktien
- Nennwert
- Art der Aktien
- Wie wird eine GV einberufen
- Stimmrecht
- Verwaltung
- Revision
- Publikationsorgan
- Bedingt notwendiger Statuteninhalt (Regeln, die nur durch Aufnahme in die Statuten Geltung erlangen und nur nötig sind, wenn vom dispositiven Recht abgewichen werden soll):
- OR 627/OR 628
- OR 689 II
- OR 736 Ziff.1
- OR 762
- Fakultativer Statuteninhalt:
- Wiedergabe zwingender oder dispositiver Normen. Bedeutsam bei Gesetzesänderungen: Fällt die bisherige Norm dahin und wird sie nicht durch eine andere zwingende ersetzt, so gilt die bisherige gesetzliche Regel als statutarische weiter.
- Regeln, die auch ausserhalb der Statuten aufgestellt werden können.
- Reglement (im Gesetz erwähnt, aber nicht definiert (OR 716b, OR 718))
- Begriff:
- schriftliche Zusammenfassung der internen Gesellschaftsorganisation und die Regelung der Zuständigkeit; es wird durch förmlichen Beschluss eines zuständigen Organs für jenen Bereich der Geschäftstätigkeit erlassen, der nicht schon durch Gesetz oder Statuten geordnet oder den letzteren zwingend vorbehalten ist.
- Organisationsreglement:
- Ordnet Rechte und Pflichten der Organe; Kompetenzabgrenzung, Ordnungsvorschriften für Versammlung und Sitzung. Das Organisationsreglement kann für Mitglieder der VR und der Direktion Verbote vorsehen, z.B. ein Konkurrenzverbot.
Zum Erlass eines Organisationsreglementes ist eine statutarische Ermächtigung erforderlich (OR 627 Ziff. 12).
- Geschäftsreglement:
- Anweisungen über die geschäftliche Tätigkeit. Es umfasst alle betriebswirtschaftlichen Regelungen.
- Vorteile / Nachteile einer AG
- Anonymität der Gesellschafter/Kapitalgeber
- leicht übertragbare Anteile, i.d.R. Wertpapiere
- keine persönliche Haftung. Verlust ausser bei grossen Aktienpaketen verschmerzbar
- Gesellschaft mit einer Rechtspersönlichkeit
- unbegrenztes Aktienkapital
- relativ einfache Haftungsregel
- Aktionäre haben nur beschränkte Einsicht und Kontrolle
- keine statutarische Nebenpflichten möglich
- unfriendly take over (immerhin Vinkulierung)
- Gesellschafter können nicht ausgeschlossen werden
- keine Treuepflicht der Aktionär
- Gesellschaftsbeschlüsse nur an der GV der Gesellschaft gefasst werden (keine Zirkulationsbeschlüsse oder Delegierte)
- kein Austrittsrecht (ev. kann Anteil nicht verkauft werden)
- Firma einer AG
- Gemäss OR 950 grundsätzlich frei. Wenn ein Personennamen Namensbestandteil ist, ist der Zusatz AG obligatorisch. Wenn kein Personenname in Firmennamen enthalten ist und kein Zusatz AG oder Genossenschaft vorhanden ist, sind beide Rechtsformen möglich. Soll AG vor dem Namen stehen, so ist Aktiengesellschaft auszuschreiben.
- Räumliche Exklusivität: ganze CH
- Unterscheidbarkeit: kleinere Anforderungen als im UWG
- Allg. Grundsätze:
- Wahrheit
- Klarheit
- Konform mit öff. Interessen (nat. und reg. Zeichen bedürfen einer Bewilligung; Ausnahme: Sitzangabe)
- keine Täuschung
- keine Reklamehaftigkeit (Branchenangabe erlaubt)
- Verbot der reinen Sachbezeichnung
- Generalversammlung
- Begriff
- Die GV ist das Forum, in welchem die Aktionäre ihre Rechte ausüben (OR 689 I).
- Forum, in dem die Grunsatzentscheidungen gefällt werden.
- Sie ist reines Innenorgan (Organ gegen aussen = VR).
- Befugnisse (OR 698)
- Festsetzung und Änderung der Statuten (Gesetzgebung)
- Wahl des VR und der RS und Sachverständiger (OR 731 II)
- Genehmigung Jahresbericht und Konzernrechnung sowie der Jahresrechnung (Aufsicht)
- Décharge
- Verwendung des Reingewinnes (Verwaltung)
- gesetzliche und statutarische Aufgaben
- Beschluss über Kapitalerhöhung (OR 650)
- Genehmigtes Kapital (OR 651)
- Bedingtes Kapital (OR 653)
- Auflösung der Gesellschaft (OR 736 Ziff. 2)
- Wahl der Liquidatoren (OR 740)
- Abberufung der Liquidatoren (OR 741)
- Genehmigung der Jahresrechnung im speziellen
- Die Genehmigung der Jahresrechnung setzt das Vorliegen des Revisionsberichtes voraus (OR 729c Ziff. I). Sein Fehlen macht den Bilanzgenehmigungsbeschluss nichtig (OR 729c Ziff. II). Die Bilanz resp. Gewinn und Verlustrechnung ist ausdrücklich zu genehmigen oder zu verwerfen. Sie soll dazu Stellung nehmen, ob
- statutarische oder gesetzliche Bilanzvorschriften eingehalten wurden;
- die Prinzipien einer gesunden Finanzpolitik beachtet wurden.
- Im Bilanzgenehmigungsbeschluss bestimmt die Generalversammlung das Mass des Einblickes in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft und setzt damit die Anforderungen an den Informationsgehalt fest. Die Nichtgenehmigung bedeutet einzig, dass die GV mit der Art der Darstellung nicht einig geht und Erläuterungen oder zusätzliche Angaben verlangt.
- Die Jahresrechnung dient auch der Gewinnermittlung. Dieser hängt entscheidend von der Bewertung ab. Die GV kann folgende Beschlüsse fassen:
- Genehmigung
- Teilgenehmigung
- Abänderung
- Rückweisung
- Nichtgenehmigung
- Die GV kann der Verwaltung die Weisung erteilen, die Bilanz abzuändern, den Rückstellungs- oder Abschreibungsaufwand zu erhöhen (resp. zu senken), die stillen Reserven auszuschütten etc.
- Zum Jahresbericht im speziellen
- Annahme stellt Verzicht auf weitere Auskünfte dar. Er befasst sich ausschliesslich mit der Vergangenheit.
- Zur Gewinnverwendung im speziellen
- Darüber entscheidet einzig die GV. Da aber die Bilanz von der Verwaltung erstellt und von der GV regelmässig genehmigt wird, legt die Verwaltung praktisch den ausgewiesenen Gewinn fest. Den erwirtschafteten Gewinn kennen demnach die Aktionäre nicht.
- Die GV ist bei der Gewinnverwendung nicht frei. Sie hat gesetzliche und statutarische Reserven zu beachten.
- Zur Déchargeerteilung im speziellen
- Die GV erklärt, dass sie gegenüber dem VR für eine bestimmte Zeit (meist: letztes Geschäftsjahr) keine Verantwortlichkeitsansprüche erheben wird.
- Sie ist eine negative Schuldanerkennung
- Sie erstreckt sich nur auf diejenigen Tatsachen, welche der GV erkennbar waren (OR 758). Infolge der mangelhaften Orientierung der Aktionäre ist sie praktisch bedeutungslos.
- Personen, die in irgendeiner Weise an der Geschaftsführung teilgenommen haben, sind beim Déchargebeschluss vom Stimmrecht ausgeschlossen. (OR 695 I) Bei Einmanngesellschaften und Gesellschaften, in denen alle Aktionäre Mitglieder der Verwaltung sind, ist eine Déchargeerteilung somit nicht möglich.
- Wie bemisst sich das Stimmrecht der Aktionäre?
- Das Stimmrecht bemisst sich nach dem Nennwert (dispositives Recht), wobei jeder Aktionär aber mindestens eine Stimme hat (OR 692).
- Eine absolute Begrenzung des Stimmrechts ist aber möglich (OR 692 II).
- Zu den Stimmrechtsaktien im speziellen
- echte Stimmrechtsaktien: Aktien mit gleichem Nennwert, aber unterschiedlicher Stimmkraft. Diese sind unzulässig.
- unechte Stimmrechtsaktien: Stimmrecht pro Aktie, unabhängig vom Nennwert (OR 693 I).Beschränkung: Das Verhältnis Nennwert der Stimmrechtsaktien / Stammaktien darf das Verhältnis 1:10 nicht übersteigen.
- Wie fasst die GV Beschlüsse?
- Grundsatz (OR 703): absolutes Mehr der vertr. stimmberechtigten Aktienstimmen (1/2 + 1) Beispiel: AG mit 1000 Aktien a Fr. 100.-- .500 Aktionäre anwesend, 200 ja, 150 nein, 150 Enthaltungen.
Stimmenthaltung eines Anwesenden gilt als Neinstimme, da das Mehr der vertretenen Stimmen und nicht das Mehr der abgegebenen Stimmen nötig ist.
- Zirkulationsbeschlüsse und Delegiertenversammlung sind unzulässig und solche Beschlüsse somit nichtig.
- 2/3 der vertretenen Stimmen und absolutes Mehr der vertretenen Aktiennennwerte sind nötig für (OR 704):
- Zweckänderung
- Stimmrechtsaktien
- Vinkulierung
- bestimmte Kapitalerhöhungen
- Bezugsrechtseinschränkung
- Sitzverlegung ins Ausland
- Auflösung ohne Liquidation
Beispiel: AK 100'000.--, 90 Aktien à Fr. 1000.--, 100 à Fr. 100.-- (Stimmrechtsaktien)
An der GV vertreten:
- alle Stimmrechtsaktionäre
- 30 Stammaktien
alle Stimmrechtsaktionäre sagen ja 100 Stimmen
30 Stammaktionäre sagen nein 30 Stimmen
alle Stimmrechtsaktionäre sagen ja Fr. 10'000.--
30 Stammaktionäre sagen nein Fr. 30'000.--
Total Fr. 40'000.--
Zustimmen müssten Fr. 20'100.--. Der Beschluss kommt nicht zustande
- Einstimmigkeit ist nötig für
- Entzug absolut wohlerworbener Rechte
- Der Verwaltungsrat
- Wählbarkeitsvoraussetzungen
- Aktionärseigenschaft (fiduziarische Übertragung von Aktien genügt (OR 707 I).
- natürliche Person (OR 707 III)
- Nationalitäts- und Wohnsitzvorschriften: Die Mehrheit der Verwaltungsräte müssen Schweizerbürger sein und in der Schweiz wohnen
- Urteilsfähigkeit. Handlungsfähigkeit ist nicht erforderlich, da der Verwaltungsrat nicht in eigenem Namen handelt, sondern nur die Gesellschaft verpflichten kann. (Wird teilweise kritisiert, aber herrschende Auffassung)
- Weitere statutarische Schranken: z.B. Angehörigkeit einer bestimmten Branche, FDP Mitglied etc.
- Wahl
- Wahl durch GV (OR 698 II Ziff. 2)
- Durch Annahme des Mandates entsteht das VR-Mandat. Kein Aktionär kann verpflichtet werden, das Mandat anzunehmen.
- Abberufung / Demission des VR
- Abberufung ist jederzeit möglich, unter Vorbehalt von Entschädigungsansprüchen (OR 705).
- Entschädigungsansprüche:
- Bei mandatsähnlichen Verhältnissen ist Schadenersatz bei Abberufung zur Unzeit geschuldet (OR 404 II). Nicht aber das Erfüllungsinteresse, sondern nur Schaden, der ihm zufolge der zur Unzeit erfolgten Vertragsauflösung entstanden ist.
- Bei dienstvertraglichem Charakter gelten die Bestimmungen des Arbeitsrechts (OR 337c).
- Die Gesellschaft hat dem Handelsregister-Führer unverzüglich das Ausscheiden zu melden. Bleibt die Gesellschaft untätig, so kann der ausgeschiedene VR nach Ablauf von 30 Tagen selbst die Löschung verlangen.
- Demission ist jederzeit möglich, vorbehältlich Schadenersatz nach OR 404 II, ev. OR 337d. (Demission ist einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, Zustimmung der GV ist nicht nötig.
- Wann wird die Beendigung des VR-Mandates Dritten gegenüber wirksam ?
- intern: mit Rücktritt oder Abberufung
- extern:
- Für die Vornahme von Geschäftshandlungen ist der Zeitpunkt der Löschung im Handelsregister massgebend
- In Bezug auf die Verantwortlichkeit ist grundsätzlich ebenfalls die Abberufung/Demission massgebend.
- Ausnahmsweise kann ein zu unrecht eingetragener VR verpflichtet sein, sich selbst um die Löschung im HR zu bemühen. So z.B. der Geschäftsmann, der weiss, dass er noch im Handelsregister eingetragen ist und dass Dritte gestützt auf diesen Eintrag die Bonität der Gesellschaft falsch einschätzen.
- Beschlussfassung im Verwaltungsrat
- Kopfstimmrecht: jeder Verwaltungsrat hat zwingend eine Stimme. Pluralstimmrecht ist unzulässig.
- Soweit Statuten/Reglement nichts anderes bestimmen, reicht einfaches Mehr der abgegebenen Stimmen. Dem Vorsitzenden steht der Stichentscheid zu (OR 713 I).
- Ein Präsenzquorum ist nicht erforderlich.
- Zirkulationsbeschlüsse sind zulässig (OR 713 II).
- Aufgaben des Verwaltungsrates
- Er führt die Geschäfte der Gesellschaft (OR 716 II)
- und zwar mit aller Sorgfalt (OR 717 I)
- Er fasst über alles Beschluss, was keinem anderen Organ übertragen ist (OR 716 I).
- Im einzelnen:
- Protokollführungspflicht an den VR-Sitzungen (OR 713 I).
- Aufgaben, die zwingend in die Kompetenz des VR fallen (OR 716a):
- Oberleitung der Gesellschaft (Zielvorgabe, Mittel, Kontrolle)
- Oberaufsicht über die Geschäftsführung
- Finanzwesen
- Ernennung und Abberufung der Geschäftsführer und Vertreter und von Prokuristen (OR 721)
- Vorbereitung der GV
- Protokollführung an GV (OR 702)
- Recht auf Einsicht und Auskunft
- An VR-Sitzungen kann VR über alle Angelegenheiten Auskunft verlangen. Ausserhalb der Sitzungen ohne Ermächtigung des VR-Präsidenten nur über den Geschäftsgang im allgemeinen.
- Einsicht in Bücher nur soweit für die Erfüllung der Aufgabe erforderlich.
- Wie organisiert das Gesetz den Verwaltungsrat?
- Der VR organisiert sich selbst. Vorgeschrieben ist einzig die Ernennung eines Präsidenten und eines Sekretärs, welcher nicht dem VR angehören muss (OR 712).
- Die Geschäftsführung steht allen Verwaltungsräten zu. Dies bedeutet aber nicht, dass Einstimmigkeit erforderlich ist. Es genügt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (OR 716b III).
- Die Vertretungsbefugnis steht jedem VR zu, sofern Statuten und Organisationsreglement es nicht anders bestimmen (z.B. Kollektivunterschrift zu Zweien).
- Wie und wieweit kann die Geschaftsführung übertragen werden?
- Übertragung der Geschäftsführung an Mitglieder der Verwaltung oder Dritte (OR 716b I).
- Wirkung: Haftung nur noch für Sorgfalt in der Auswahl, Instruktion und Überwachung (OR 754 II.)
- Organhaftung nach OR 722
- Die AG haftet für Schaden aus unerlaubter Handlung ihrer Organe. Achtung: Diese Haftung darf nicht mit der Verantwortlichkeit verwechselt werden (OR 752ff). Dort haftet das Organ selber für den von ihm zufolge seiner Pflichtwidrigkeit verursachten Schaden.
- Wer ist Organ im Sinne von OR 718 III?:
- Mitglieder des VR
- Direktoren
- Geschäftsführer
- Prokuristen
- Personen, die entscheidend an der Willensbildung der Gesellschaft beteiligt sind.
- Im Unterschied zu OR 55 (Haftung für Arbeitnehmer und andere Hilfspersonen) besteht hier keine Exkulpationsmöglichkeit. Die Handlungen werden der Gesellschaft zugeordnet;: die Gesellschaft kann sich nicht auf gehörige cura in eligendo, instruendo et custodiendo berufen.
- Selbstkontrahierung / Doppelvertretung des Verwaltungsrates
- Grundsätzlich unzulässig.
- Bundesgericht: Es liegt gar keine Vertretung vor, weil das Organ unmittelbar den Willen der juristischen Person ausdrückt. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo persönliche Interessen des Handelnden berührt werden.
- Die Revisionsstelle
- Definition
- Sie ist reines Innenorgan
- Sie soll dem Aktionär ermöglichen, seine Aktionärsrechte in Kenntnis verlässlicher Angaben über die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft auszuüben. In diesem Sinne ist sie Hilfsorgan.
- Wählbarkeitsvoraussetzungen?
- Können auch juristische Personen sein (OR 727d).
- Sie müssen unabhängig sein. Insbesondere dürfen sie nicht bereits als externe Firma mit dem Erstellen der Abschlüsse betraut sein (OR 727c).
- Aufgaben
- Prüfungspflicht (OR 728)
- Berichterstattung (OR 729)
- Benachrichtigung des Richters bei offensichtlicher Überschuldung (OR 729b II)
- Verschwiegenheit (OR 730)
- Einberufung der GV (OR 699)
- Was unternimmt die Revisionsstelle, wenn sie Mängel bei der Buchführung oder Jahresrechnung feststellt?
- Die Genehmigung darf im Kontrollstellenbericht nicht vorbehaltlos beantragt werden, sofern die Mängel derart gravierend sind, dass sie den Aktionär bei der Ausübung seiner Aktionärsrechte beeinflussen könnten. Der Vorbehalt ist keine Bedingung, sondern Beschränkung der Bestätigung. Es wird Abnahme der Jahresrechnung unter Vorbehalt beantragt.
- Mögliche Empfehlungen der Kontrollstelle:
- Abnahme ohne Vorbehalt
- Abnahme trotz Vorbehalt
- Rückweisung wegen des Vorbehalts
- Die Verantwortlichkeit (752ff)
- Einleitung
- Die aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsvorschriften sind zwingend und nicht entziehbar
- Die Zahl der Prozesse nimmt zu. Im Falle des Konkurses einer AG wird in der Regel noch eine Verantwortlichkeitsklage angestrebt. Trotzdem bleiben viele Fälle von grob pflichtwidrigem Verhalten von Verwaltungsräten wegen des hohen Kostenrisikos eines Prozesses ungeahndet. Auf der anderen Seite ist eine Tendenz der Judikatur zur Verschärfung der Anforderungen an einen Verwaltungsrat feststellbar.
- Achtung! Die Organhaftung nach OR 722 hat nichts mit Verantwortlichkeit nach OR 754 zu tun:
- OR 722: Die AG haftet für unerlaubte Handlungen ihrer Organe. Die Handlungen der Organe werden der Gesellschaft zugeordnet
- OR 754: Einzelne Person haftet für ihre pflichtwidrige Handlung
- Arten der Verantwortlichkeit:
- Prospekthaftung
- Gründerhaftung
- Haftung aus Verwaltung, Geschäftsführung und Liquidation
- Revisionshaftung
- Die Verantwortlichkeit aus Verwaltung, Geschaftsführung, Liquidation und Revision im besonderen
- Aktivlegitimation:
- Die Gesellschaft
- Die Aktionäre
- Die Gläubiger
- Passivlegitimation
- Mitglieder der Verwaltung
- mit der Geschäftsführung betraute Personen (somit: Organ)
- Revisionsstelle (wird als Revisionsstelle eine juristische Person eingesetzt, so wird die juristische Person selber verantwortlich. Deren Organe können dieser juristischen Person gegenüber u.U. wiederum verantwortlich werden)
- Liquidatoren
- "Mit der Geschäftsführung betraute Personen"
- Organ ist, wer massgeblich an der Willensbildung teilnimmt und korporative Aufgaben selbständig ausübt.
- Nur wer von der GV oder vom VR mit der Geschäftsführung, Verwaltung oder Revision betraut wurde, gehört auch unter die Bestimmungen der Verantwortlichkeit. Also auch der Prokurist und der Handlungsbevollmächtigte, nicht jedoch der Buchhalter oder Kassier. Diese sollen nicht für jede Verletzung ihres Arbeitsvertrages mit dem ganzen Vermögen haften.
- Verjährung (OR 760)
- 5 Jahre ab Kenntnis (Bestimmbarkeit) des Schadens und des Ersatzpflichtigen.
- 10 Jahre ab Schädigung (absolut)
- Beginn / Ende der Verantwortlichkeit
- Zeitpunkt des Amtsantrittes oder Beginn der Einflussnahme.
- Mit der Abberufung/Demission. Ist er noch im Handelsregister eingetragen, so ist Voraussetzung, dass er die Möglichkeit gehabt hat, den Schaden zu verhindern, d.h. den Geschäftsgang zu beeinflussen. Ein zu Unrecht eingetragener VR kann verpflichtet sein, sich selbst um die Löschung zu kümmern. So z.B. der Geschäftsmann, der weiss, dass er noch im Handelsregister eingetragen ist und dass Dritte gestützt auf diesen Eintrag die Bonität der Gesellschaft falsch einschätzen.
- Voraussetzungen für Verantwortlichkeit
- Schaden (vgl. vorne: unerlaubte Handlungen)
- verantwortliche Person (vgl. obstehend: Passivlegitimation)
- Pflichtwidrigkeit (wäre im Deliktsrecht die Widerrechtlichkeit)
- Kausalzusammenhang
- Verschulden
- Die Pflichtwidrigkeit im speziellen
- Verstoss gegen aktienrechtliche Pflichten, d.h. gegen gesetzliche oder statutarische Verwaltungs- oder Aufsichtspflichten.
- Verletzung der Sorgfaltspflicht
- Entzug von Vermögen ohne entsprechenden Gegenwert (OR 659)
- ungenügende Sorgfalt bei der Auswahl, Instruktion und Überwachung von Arbeitnehmern oder Organen
- die Verwaltung setzt die Liberierungspflicht nicht durch
- Missachten von Bilanzvorschriften
- Missachten von OR 725
- Ausschluss der Pflichtwidrigkeit bei
- Einwilligung des Geschädigten
- Ausführung eines GV-Beschlusses
- Déchargebeschluss
- Die Kausalität im speziellen
- Das Verhalten muss eine Teilursache des entstandenen Schadens sein (natürliche Kausalität)
- Das Verhalten muss für jeden einzelnen Schadensposten kausal gewesen sein. Es gibt keine "Gesamtkausalität".
- Sie muss adäquat sein. Kausalität ist z.B. nicht gegeben, wenn auch bei pflichtgemässem Handeln ein Schaden nicht vermieden worden wäre.
- Das Verschulden im speziellen
- Vorsatz oder Fahrlässigkeit (voraussehbar, vermeidbar, zumutbar; alles aus der Warte eine zureichend Befähigten)
- Auch im Recht der Verantwortlichkeit ist der Verschuldensbegriff ein objektivierter. Es ist die Frage zu beantworten, was der zureichend Befähigte als Möglichkeit gehabt hätte, den Schaden vorauszusehen.
- Ein faktisches Organ ist nur verantwortlich in den Bereichen, in die es sich tatsächlich eingemischt hat.
- Bei erlaubter Delegation haftet der VR für diligentia in eligendo, instruendo et custodiendo (OR 754). An die Aufsichtspflicht werden jedoch strenge Anforderungen gestellt. So hat er nachzufragen und Weisungen über den Informationsfluss aufzustellen.
- Solidarität
- Mehrere Verwaltungsräte haften solidarisch (OR 759). Somit sind die Art. 143-149 des OR anwendbar.
- Haftet die Revisionsstelle und der VR für denselben Schaden, so besteht in gleicher Weise Solidarität wie zwischen den Mitgliedern eines Organs.
Übungsfragen Aktienrecht
- Wie ist die AG definiert?
Die AG ist eine Gesellschaft mit einem zum voraus bestimmten Kapital (Aktienkapital), das in Teilsummen (Aktien) zerlegt ist.
- Wie haftet die AG für ihre Verbindlichkeiten?
Die Gesellschaft haftet den Gläubigern mit ihrem Gesellschaftsvermögen.
- Wie haftet der einzelne Aktionär?
Der einzelne Aktionär haftet nur im Rahmen der von ihm übernommenen Kapitalbeteiligung und dies nur gegenüber der Gesellschaft selbst, nicht aber gegenüber Dritten
- Dürfen dem Aktionär darüber hinaus weitere Verpflichtungen auferlegt werden?
Nein
- Was bedeutet der Satz: die AG eine juristische Person?
Die AG ist ein selbständiges, von ihren Mitgliedern unabhängiges Gebilde. Sie kann in eigenem Namen klagen/betreiben, sowie beklagt/betrieben werden und haftet für das Handeln ihrer Organe.
- Wie haftet die AG für das Handeln ihrer Organe?
Organhaftung
- Welche Organe sind der AG von Gesetzes wegen vorgeschrieben?
Generalversammlung
Verwaltungsrat
Revisionsstelle
- Wieviele Personen braucht es zur Gründung einer AG?
Es sind mindestens drei Personen notwendig.
- Was geschieht, wenn diese Zahl nach der Gründung unterschritten wird?
Die Einmanngesellschaft wird von der Praxis als zulässig betrachtet.
- Was versteht man unter dem Ausdruck "Firma"?
Die Firma ist der Name eines Unternehmens.
- Wie bildet die AG ihre Firma?
Die AG kann ihre Firma grundsätzlich frei wählen (Personen-, Sach- oder Phantasiebezeichnungen). Bei Personenfirmen ist der Zusatz AG obligatorisch.
- In welchem Raum wird die Firma einer AG vor Verwechslungsgefahr geschützt?
Die Firma einer AG ist in der ganzen Schweiz geschützt.
- Wo hat eine AG ihren Sitz?
Die AG kann ihren Sitz frei wählen. Verzichtet sie darauf, befindet sich der Sitz am Ort, wo die Verwaltung geführt wird.
- Welche Bedeutung kommt dem Sitze zu?
Der Sitz ist allgemeiner Gerichtsstand für Klagen gegen die Gesellschaft, sowie Betreibungsort.
- Welches Mindestkapital ist zur Gründung einer AG notwendig?
Fr. l00’000.—
- Welcher Bruchteil des Aktienkapitals muss bei der Gründung mindestens einbezahlt sein?
20% des Aktienkapitals, respektive Fr. 50'000.-müssen mindestens einbezahlt sein.
- Was ist der Nennwert einer Aktie?
Der Nennwert entspricht dem auf der Aktie vermerkten Forderungs-, bzw. Beteiligungsbetrag. Dies ist in der Regel nicht der tatsächliche Wert der Aktie.
- Wie hoch muss dieser Nennwert mindestens sein?
Der Nennwert muss mindestens zehn Franken betragen.
- Welche Elemente umfasst die Gründung einer AG?
Öffentlich beurkundeter Errichtungsakt, welcher beinhaltet:
Willenserklärung der Gründer, dass sie eine AG mit bestimmtem Kapital gründen wollen
Festlegung der Statuten
Bestellung der Organe
Zeichnung des gesamten Aktienkapitals
Mindestliberierung und Hinterlegung
Eintragung ins Handelsregister
- Was versteht man unter der Zeichnung einer Aktie?
Unter der Zeichnung einer Aktie versteht man die Verpflichtung des Aktionärs zur Zahlung des Ausgabebetrages.
- Was bedeutet Liberierung?
Die Liberierung ist die Bezahlung des Ausgabebetrages.
- Was wird mit der Hinterlegung bezweckt?
Durch die Hinterlegung der erforderlichen Bankeinlagen auf ein Sperrkonto soll verhindert werden, dass eine AG gegründet wird, ohne dass über das notwendige Kapital verfügt wird.
- Wo hat die Hinterlegung zu erfolgen?
Die Hinterlegung hat auf das Konto einer Schweizer Bank (Depotbank) zu erfolgen.
- Wann werden die hinterlegten Beträge freigegeben?
Die Beträge werden freigegeben, wenn die AG im Handelsregister eingetragen ist.
- Was ist unter einer qualifizierten Gründung zu verstehen?
Eine qualifizierte Gründung liegt vor, wenn die Einlagen der Aktionäre nicht in Bargeld bestehen oder die AG bereits mit ihrer Gründung gewisse Verpflichtungen übernimmt.
- Welche drei Fälle der qualifizierten Gründung werden unterschieden?
Sacheinlagegründung
Sachübernahmen
Einräumung besonderer Gründervorteile
- Was ist eine Sacheinlagegründung?
Bei der Sacheinlagegründung leistet der Aktionär seine Einlage nicht in bar, sondern in Sachen oder in Rechten.
- Was bedeutet Sachübernahme?
In diesem Fall wird schon im Gründungsstadium vorgesehen, dass die AG gewisse Vermögenswerte entgeltlich übernehmen soll.
- Was wird mit der Einräumung besonderer Vorteile bezweckt?
Damit sollen besonders verdienstvolle Leistungen von Aktionären bei der Gründung honoriert werden.
- Wann erlangt eine AG ihre Rechtspersönlichkeit?
Mit dem Eintrag ins Handelsregister.
- Welche Rechtsform hat die AG vor ihrer Eintragung?
Sie hat die Rechtsform einer einfachen Gesellschaft. Die Gesellschafter haften persönlich und solidarisch.
- Welche Angaben müssen in den Gründungsstatuten enthalten sein?
Die Gründungsstatuten müssen die Eckdaten der AG enthalten, wie Zweck, Firma, Sitz usw.
- Wie erfolgt die nachträgliche Änderung der Statuten?
Die Änderung der Statuten erfolgt in der Regel durch einen Beschluss der Generalversammlung. Der Beschluss ist öffentlich zu beurkunden und im Handelsregister einzutragen.
- Welche Hauptarten von Aktien werden unterschieden?
Namen- und Inhaberaktien
- Was kennzeichnet die Inhaberaktie?
Der jeweilige Inhaber der Aktie ist der Berechtigte. Die Aktie wird durch Übergabe übertragen.
- Was kennzeichnet die Namensaktie?
Nicht der jeweilige Inhaber, sondern der in der Urkunde Bezeichnete, gilt als Berechtigter. Übertragen wird die Namensaktie durch Übergabe und Indossament (Übertragungsvermerk). Überdies ist ein Eintrag im Aktienbuch der Gesellschaft erforderlich.
- Welche Aktien dürfen erst nach vollständiger Bezahlung des Nennwerts ausgegeben werden?
Inhaberaktien
- Kann die freie Übertragbarkeit von Aktien eingeschränkt werden?
Ja, allerdings nur bei Namensaktien. Die Beschränkung der Übertragbarkeit (Vinkulierung) muss in den Statuten vorgesehen sein und ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
- Darf die AG jemanden ablehnen, der eine Aktie aufgrund von Erbgang, Erbteilung oder ehelichem Güterrecht erworben hat?
Die AG kann den Erwerber einer Aktie nur ablehnen:
Wenn er ein statuarisch bestimmtes prozentuales Mass an Namensaktien überschreitet.
Wenn die AG gehindert sein könnte, den von gewissen Bundesgesetzen geforderten Nachweis über die Zusammensetzung des Aktionärskreises zu erbringen (verkappte Ausländerablehnungsklausel).
Wenn der Erwerber für "fremde Rechnung" erwirbt.
- Darf das Aktienkapital herabgesetzt werden?
Ja
- Welche Gründe können eine AG veranlassen, ihr Aktienkapital herabzusetzen
Beseitigung einer Unterbilanz.
- Unter welchen Voraussetzungen ist eine Herabsetzung zulässig?
Eine Herabsetzung des Aktienkapitals ist nur möglich, wenn festgestellt ist, dass sämtliche Forderungen der Gläubiger gedeckt bleiben. Eine Herabsetzung unter Fr. 100’000.-- ist nicht möglich.
- Welche Formen der Kapitalerhöhung unterscheidet man?
Man unterscheidet die
ordentliche
genehmigte
bedingte
Kapitalerhöhung.
- Welcher Höchstschranke unterliegen die genehmigte und die bedingte Kapitalerhöhung?
Die Erhöhung darf 50 Prozent des bisherigen Aktienkapitals nicht überschreiten.
- Wie geht die ordentliche Kapitalerhöhung vonstatten?
Die Generalversammlung beschliesst die Erhöhung und erteilt dem Verwaltungsrat Weisungen. Die Durchführung der Erhöhung obliegt dem Verwaltungsrat und hat innert drei Monaten zu erfolgen. Der Verwaltungsrat muss einen Kapitalerhöhungsbericht erstellen, welcher allenfalls von der Revisionsstelle zu prüfen ist.
Schliesslich stellt der Verwaltungsrat die Erhöhung fest, passt die Statuten an und meldet dies dem Handelsregister zur Eintragung an.
- Was versteht man unter einem Aktiensplit?
Eine Aktie wird in mehrere Aktien mit entsprechend kleinerem Wert aufgeteilt, um ihre Handelbarkeit zu erleichtern.
- Darf eine AG eigene Aktien erwerben?
Das ist zulässig, sofern genügend freies Eigenkapital vorhanden ist und der Nennwert der erworbenen Aktien zehn Prozent des Aktienkapitals nicht übersteigt. Überdies ist in Höhe des Anschaffungswerts der Aktien eine Reserve zu bilden.
- Was geschieht mit den Aktionärsrechten der erworbenen Aktien?
Das Stimmrecht und die damit verbundenen Rechte ruhen.
- Welches sind die wichtigsten vermögensmässigen Rechte?
Recht auf Dividende
Recht auf Anteil am Liquidationsüberschuss
Bezugsrecht.
- Unter welchen Voraussetzungen darf eine Dividende ausgeschüttet werden?
Notwendig sind:
Beschluss der Generalversammlung
Verwendbarer Eigenkapitalbetrag (Bilanzgewinn, Reserven).
Prüfung durch die Revisionsstelle
- Was ist eine Tantieme?
Unter einer Tantieme versteht man die Beteiligung des Verwaltungsrates am Bilanzgewinn.
- Wann darf eine Tantieme entrichtet werden?
Die Ausschüttung einer Tantieme darf nur erfolgen, wenn die Aktionäre eine Dividende von mindestens fünf Prozent erhalten haben.
- Was versteht man unter dem Bezugsrecht?
Das Bezugsrecht ist das Recht des Aktionärs, bei Kapitalerhöhungen neue Aktien im Rahmen seiner bisherigen Beteiligung zu erwerben.
- Welchen Voraussetzungen unterliegt die Einschränkung des Bezugsrechts?
Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:
Beschluss der Generalversammlung.
Vorliegen eines wichtigen Grundes, z.B. Beteiligung der Arbeitnehmer.
- Welches sind die Mitwirkungsrechte des Aktionärs?
Das Recht zur Teilnahme an der Generalversammlung, sowie damit zusammenhängende Rechte, z.B. Recht zur Meinungsäusserung.
Das Stimmrecht
- Welches sind die Schutzrechte des Aktionärs?
Einsichts- und Auskunftsrechte
Recht auf Einleitung einer Sonderprüfung.
Recht einer Minderheit, eine GV einberufen zu lassen, bzw. Verhandlungsgegenstände zu traktandieren.
Recht auf Vertretung im Verwaltungsrat
Anfechtungsrechte
Verantwortlichkeitsklage
Recht, die Auflösung der AG aus wichtigen Gründen zu verlangen.
- Wie bemisst sich das Stimmrecht?
Das Stimmrecht bemisst sich nach der Kapitalbeteiligung des Aktionärs. Ausnahme: Stimmrechtsaktien
- Was beinhaltet das Recht auf Einleitung einer Sonderprüfung?
Wo das Recht auf Auskunft und Einsicht nicht ausreicht, kann jeder Aktionär, sofern dies zur Ausübung seiner Aktionärsrechte erforderlich ist, der Generalversammlung die Einsetzung eines Sonderprüfers beantragen, um bestimmte Sachverhalte abklären zu lassen.
- Was geschieht, wenn die Generalversammlung den Antrag auf Einsetzung eines Sonderprüfers ablehnt?
Lehnt die Generalversammlung die Einsetzung eines Sonderprüfers ab, so kann eine Aktionärsminderheit (mind. 10 % des Aktienkapitals oder Aktienbesitz von mind. 2 Mio. Franken Nennwert) an den Richter gelangen. Dieser hat einen Sonderprüfer einzusetzen, sofern eine Gesetzes- bzw. Statutenverletzung, sowie ein damit zusammenhängender Schaden glaubhaft gemacht wird. Der Sonderprüfer legt seinen Bericht dem Richter vor, welcher ihn der Gesellschaft und den Gesuchstellern zur Stellungnahme unterbreitet (vgl. Art. 697e QR). Schliesslich wird der Bericht der Generalversammlung vorgelegt.
- In welchen Fällen ist ein Beschluss der Generalversammlung anfechtbar?
Verletzung von Gesetz oder Statuten.
Beschränkung, bzw. Entzug von Aktionärsrechten in unsachlicher Weise.
Ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.
- Welche Beschlüsse der Generalversammlung sind als nichtig zu betrachten?
Nichtig sind Beschlüsse,
welche in die Kernrechte des Aktionärs (z.B. die Klagerechte) eingreifen:
welche die Grundstrukturen der AG, bzw. die Bestimmungen über den Kapitalschutz missachten.
Beispiel: Einführung der Nachschusspflicht für Aktionäre.
- Ist die Generalversammlung den anderen Organen übergeordnet?
Die GV wird vom Gesetz als oberstes Organ bezeichnet. Dies gilt jedoch nur insofern, als ihr die wichtigsten Kompetenzen unübertragbar zugeordnet sind. Die GV darf aber grundsätzlich nicht in den Aufgabenbereich der andern Organe eingreifen.
- Welches sind die wichtigsten, unübertragbaren Befugnisse der Generalversammlung?
Festsetzung und Änderung der Statuten.
Wahl der anderen Organe.
Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinnes (OR 698).
- Wie oft ist eine Generalversammlung abzuhalten?
Eine GV ist wenigstens einmal jährlich, spätestens sechs Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres, abzuhalten
- Welche Vorschriften sind bei der Einberufung zu beachten?
Die GV muss mindestens 20 Tage im voraus angekündigt werden. In der Einberufung müssen die Verhandlungsgegenstände und Anträge bekanntgegeben werden.
- Ist eine schriftliche Stimmabgabe zuhanden der Generalversammlung zulässig?
Nein
- Was ist eine Universalversammlung?
Eine Universalversammlung ist eine GV, in der sämtliche Aktien vertreten sind. Die Universalversammlung kann auch ohne Einhaltung der Einberufungsvorschriften gültig verhandeln und beschliessen.
- Darf sich ein Aktionär in der Generalversammlung vertreten lassen?
Ja. Der Vertreter hat die Weisungen des Aktionärs zu beachten und sich als Vertreter auszuweisen.
- Was versteht man unter dem Depotstimmrecht?
Man versteht darunter das Stimmrecht der Banken in der GV, für die unter ihrer Verwaltung stehenden Aktien ihrer Kunden. Das Depotstimmrecht wird aufgrund einer Vollmacht des Kunden ausgeübt.
- Wie hat die Bank bei der Ausübung des Depotstimmrechts vorzugehen?
Die Bank hat vor der GV Weisungen des Kunden einzuholen. Ist das nicht möglich und besteht auch keine allgemeine Weisung des Kunden, so hat die Bank den Anträgen des Verwaltungsrates zu folgen.
- Wie erfolgt die Beschlussfassung der Generalversammlung?
Beschlüsse der GV werden mit dem absoluten Mehr der vertretenen Stimmen gefasst.
Wichtige Beschlüsse müssen zwei Drittel der vertretenen Stimmen, sowie die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte auf sich vereinigen.
- Welche Beschlüsse werden vom Gesetz diesen Voraussetzungen unterworfen?
Beschlüsse über:
Änderung des Gesellschaftszwecks
Einführung von Stimmrechtsaktien
Vinkulierung von Namensaktien
Gewisse Formen der Kapitalerhöhung
Beschränkung des Bezugsrechts
Sitzverlegung
Auflösung der AG ohne Liquidation.
- Wer ist als Verwaltungsrat wählbar?
Jeder Aktionär ist als Verwaltungsrat wählbar.
- Wie lange dauert die maximale Amtsperiode eines Verwaltungsrates?
Sechs Jahre
- Wer hat das Recht, einen Verwaltungsrat vorzeitig abzuberufen
Die GV kann jeden Verwaltungsrat jederzeit abberufen.
- Welche unübertragbaren Aufgaben hat der Verwaltungsrat?
Oberleitung der AG
Festlegung der Organisation
Finanzverantwortung
Wahl und Oberaufsicht der Geschäftsleitung
Erstellen des Jahresberichts
Vorbereitung der GV
Ausübung ihrer Beschlüsse. Benachrichtigung des Richters im Falle der Überschuldung
- Unter welchen Voraussetzungen darf der Verwaltungsrat seine Geschäftsführungskompetenz delegieren?
Erforderlich sind eine Ermächtigung in den Statuten, sowie ein vom Verwaltungsrat erlassenes Organisationsreglement.
- An wen kann diese Delegation erfolgen?
Die Delegation kann erfolgen:
An ein Verwaltungsratsmitglied
An Dritte (Direktoren)
An ein eigenständiges Organ (Geschäftsleitung).
- Wie haftet der Verwaltungsrat bei rechtmässiger Delegation?
Der Verwaltungsrat haftet nur für gehörige Auswahl, Instruktion und Aufsicht.
- Wie weit geht die Vertretungsbefugnis des Verwaltungsrats?
Der Verwaltungsrat darf alle Rechtshandlungen vornehmen, die der Zweck der Gesellschaft mit sich bringen kann.
- Welchen Anforderungen unterliegt die Revisionsstelle?
Der Revisor muss befähigt sein, die konkrete Aufgabe zu erfüllen. In gewissen Fällen (z.B. wenn die Aktien der Gesellschaft an der Börse kotiert sind) wird vom Revisor eine besondere Fachkenntnis verlangt. Im übrigen muss die Revisionsstelle von der AG unabhängig sein.
- Wer kann die Revisionsstelle abberufen?
Die Generalversammlung.
- Welche Aufgabe hat die Revisionsstelle?
Die Revisionsstelle überprüft die Buchführung, Jahresrechnung und den Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinnes auf ihre Übereinstimmung mit Gesetz und Statuten hin.
- Wem hat die Revisionsstelle ihre Prüfungsergebnisse vorzulegen?
Die Revisionsstelle berichtet der Generalversammlung schriftlich über das Ergebnis ihrer Prüfung (Revisionsbericht).
- Welche besonderen Anzeigepflichten trifft die Revisionsstelle?
Bei Feststellung von Gesetzes- oder Statutenverletzungen hat sie den Verwaltungsrat, in wichtigen Fällen auch die GV, zu benachrichtigen. Bei offensichtlicher Überschuldung hat sie den Richter zu benachrichtigen, wenn der Verwaltungsrat dies unterlässt.
- Woraus besteht die dreiteilige Jahresrechnung?
Die dreiteilige Jahresrechnung besteht aus:
Erfolgsrechnung
Bilanz
Anhang
- Welche Gründe führen zur Auflösung einer AG?
Beschluss der GV
Konkurseröffnung
Urteil des Richters, wenn eine Auflösungsklage vorliegt
Weitere gesetzlich/statutarische Gründe
- Nach welchen Regeln erfolgt die Auflösung der AG im Falle des Konkurses?
Die Auflösung erfolgt nach den Regeln des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes.
- Was geschieht in den übrigen Fällen bei Vorliegen eines Auflösungsgrundes?
Die AG tritt ins Stadium der Liquidation. Ihr ursprünglicher Zweck entfällt.
- Kann eine AG auch ohne Liquidation aufgelöst werden?
Ja, das ist möglich im Falle einer Fusion und im Falle einer Umwandlung in eine GmbH.
- Wie wird die Liquidation einer AG durchgeführt?
Die einzelnen Stadien sind:
Anmeldung der Auflösung beim Handelsregister. Die AG erhält den Firmenzusatz "in Liquidation".
Erstellen einer Bilanz, Schuldenruf
Verwertung der Aktiven
Bezahlung der Passiven
Verteilung eines allfälligen Überschusses
Löschung der AG im Handelsregister
- Welche Fälle der Verantwortlichkeit unterscheidet das Gesetz?
Das Gesetz zählt folgende Fälle auf:
Haftung für den Emissionsprospekt
Gründungshaftung
Haftung für Verwaltung, Geschäftsführung und Liquidation
Revisionshaftung
- Für welches Verhalten haften die Exekutivorgane?
Die Exekutivorgane haften für den Schaden, den sie durch schuldhafte Verletzung ihrer Pflichten verursacht haben. Eine Einschränkung erfolgt bei rechtmässiger Delegation.
- Welche Auswirkung hat der Entlastungsbeschluss der GV (Décharge) auf die Verantwortlichkeit?
Die Déchargeerteilung hindert die Gesellschaft und die Aktionäre, welche der Décharge zugestimmt haben, den Schaden der Gesellschaft einzuklagen.
- Was geschieht, wenn die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt ist (= Kapitalverlust)?
- Was hat bei begründeter Besorgnis einer Überschuldung zu geschehen?
- Welche Massnahmen hat der Richter zu ergreifen?
- Was versteht man unter einem Rangrücktritt?
Übungsfragen Gesellschaftsrecht allgemein
- Welche Gesellschaftsformen kennt das OR
- Einfache Gesellschaft
- Kollektivgesellschaft
- Kommanditgesellschaft
- Aktiengesellschaft
- Kommandit-AG
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Genossenschaft
- Was charakterisiert die Personengesellschaften
Die Person des einzelnen Gesellschafters steht im Zentrum (z.B. unbeschränkte persönliche Haftung). Bsp.: Kollektivgesellschaft
- Was charakterisiert die Kapitalgesellschaften
Nicht die Person des Gesellschafters, sondern dessen Kapitalbeteiligung steht im Vordergrund (z.B. Stimmkraft nach Kapitalbeteiligung). Bsp.: Aktiengesellschaft
- Was ist eine einfache Gesellschaft
Es ist ein Zusammenschluss von Personen oder Personengesamtheiten zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsamen Mitteln. Kann formlos gegründet werden. Bsp.: Konkubinat, Baukonsortium.
- Kann eine einfache Gesellschaft unter einer Firma ins Handelsregister eingetragen werden
Nein, hierzu ist ein anderer Gesellschaftstyp zu wählen, z.B. Kollektivgesellschaft.
- Wie haften die einfachen Gesellschafter für die gemeinsamen Schulden gegenüber Dritten?
Sie haften solidarisch und unbeschränkt mit ihrem ganzen Vermögen.
- Was versteht man unter einer Kollektivgesellschaft
Es handelt sich um einen vertraglichen Zusammenschluss von 2 oder mehr natürlichen Personen, um unter gemeinsamer Firma ein kaufmännisches Unternehmen zu führen.
- Wie gründet man eine Kollektivgesellschaft?
Durch formfreien Vertrag und Eintrag ins Handelsregister. Die Gesellschaft entsteht jedoch auch ohne Eintrag.
- Wie bildet die Kollektivgesellschaft ihre Firma?
Name eines Gesellschafters mit Zusatz "& Co...." oder Namen aller Gesellschafter.
- Wie ist die Haftung der Kollektivgesellschaft geregelt?
Die einzelnen Gesellschafter haften unbeschränkt und solidarisch, jedoch nur subsidiär zur Haftung der Gesellschaft selbst. Die Haftung gilt nicht nur für vertragliche Verpflichtungen, sondern auch für solche aus unerlaubter Handlung.
- Wer ist zur Vertretung der Kollektivgesellschaft gegenüber Dritten befugt
Sofern nichts anderes im Handelsregister eingetragen ist, darf dies jeder Gesellschafter.
- Worin besteht der Unterschied zwischen Kollektiv- und Kommanditgesellschaft
Bei der Kommanditgesellschaft gibt es zwei Arten Gesellschafter (Kommanditäre und Komplementäre) mit unterschiedlicher Haftung.
- Wie haften die Komplementäre, wie die Kommanditäre
Die Haftung des Komplementärs ist unbeschränkt. Die Kommanditäre haften nur bis zur Höhe der eingetragenen Kommanditsumme.
- Welches sind die Merkmale einer GmbH
Zusammenschluss von mindestens zwei Personen zu einer neuen rechtlichen Einheit
Stammkapital von Fr. 20’000.bis 2'000’000.--
Persönliche Haftung der Gesellschafter bis zur Höhe des eingetragenen Stammkapitals
- Woran erkennt man eine GmbH
Der Zusatz GmbH muss immer in der Firma enthalten sein.
- Wie gründet man eine GmbH
Festlegung der Statuten
Zeichnung und Liberierung des Stammkapitals
Gründungsurkunde (öffentlich beurkundet)
Eintrag ins Handelsregister
- Wie haften die Gesellschafter der GmbH
Gegenüber der Gesellschaft mit ihrer Stammeinlage.
Gegenüber Dritten solidarisch bis zur Höhe des Stammkapitals. Dies jedoch nur subsidiär zur Haftung der Gesellschaft selbst und nur soweit das Stammkapital nicht tatsächlich einbezahlt worden ist.
- Welches sind die Merkmale einer Genossenschaft
Mindestens 7 Personen.
Haftung grundsätzlich nur durch das Genossenschaftsvermögen.
Zweck" ist der Gedanke der gegenseitigen Selbsthilfe und nicht die Erzielung eines Profits.
- Wie wird eine Genossenschaft gegründet
Festlegung der Statuten
Konstituierende Versammlung
Eintrag ins Handelsregister
- Was ist ein Konzern
Ein Konzern ist ein Zusammenschluss von rechtlich selbständigen Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit unter gemeinsamer Leitung.
- Was ist die Aufgabe des Handelsregisters?
Aufgabe ist die Offenlegung der für das Geschäftsleben wesentlichen Daten.
- Wer muss sich ins Handelsregister eintragen lassen
Einzelfirmen und Personenhandelsgesellschaften ab Fr. 100 000.-- Jahresumsatz.
Juristische Personen.
Ausnahmen: Vereine (sofern sie kein kaufmännisches Gewerbe führen) und gewisse Stiftungen.
- Welche Wirkungen hat der Eintrag
Entstehung der juristischen Person
Betreibung auf Konkurs und nicht auf Pfändung
Schutz der Firma
- Wie wird die Firma eines Einzelkaufmannes gebildet
Aus seinem Familiennamen ohne Zusatz, der ein Gesellschaftsverhältnis andeutet.
- Wer ist buchführungspflichtig
- Wer verpflichtet ist, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen.
- Vater, Tochter und Sohn gründen eine Familien-AG. Beraten Sie die drei, um folgende Ziele zu erreichen:
a) schnellstes Gründungsverfahren
b) möglichst wenig Startkapital
c) möglichst gute Sicherheit, damit die Aktien im Familienbesitz bleiben
- Unterscheiden Sie zwischen Kommandit- und Kollektivgesellschaft bezüglich
a) der Haftung der Gesellschafter
b) der Vertretung der Gesellschaft